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Der Junge, der Träume schenkte

Der Junge, der Träume schenkte

Titel: Der Junge, der Träume schenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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Petrova; Gloria Swansons mit Leopardenfell ausgekleideten Lancia, der eine Shalimar-Duftwolke um sich verbreitete. Da hatte sich Bill beim Anblick seines alten Ford, so unansehnlich, bedeutungslos, lächerlich wie er war, der Magen umgedreht.
    Auf dem Sunset war Bill aufgefallen, dass jeder dieser verdammten Reichen etwas besaß, was er selbst gern gehabt hätte. Und der Neid hatte ihm Tag für Tag den Blick ein wenig mehr getrübt, bis er schließlich überzeugt war, ausnahmslos alle, nicht nur die Reichen, besäßen mehr als er.
    Rasend vor Wut, versprach er sich da aufs Neue, zu Geld zu kommen, tatsächlich reich zu werden, koste es, was es wolle. Und der schnellste Weg dorthin war ein Job im Filmgeschäft. Als seine Rücklagen bei der American Savings Bank nahezu aufgebraucht waren, wurde auch Bill ein Sklave des Traumes, den so viele Einwohner von Los Angeles träumten.
    Als er sich auf eine Anzeige hin, auf die er in einer Theaterzeitung gestoßen war, in einer kleinen Straße in Downtown vorstellte, war er voller Hoffnung. In der Anzeige wurden Leute für eben neu gegründete Filmteams gesucht. Die Fabrikhalle lag außerhalb des Studioviertels, doch Bill war klar, dass er irgendwo anfangen musste, wenn er seinen Traum vom Reichtum verwirklichen wollte. Daher bewarb er sich. Er wurde als Bühnenbauhelfer eingestellt. Sein Lohn war bescheiden, erlaubte ihm jedoch, sein Essen zu bezahlen und im Palermo Apartment House wohnen zu bleiben, was für den Anfang ausreichte.
    »In Ordnung«, stimmte Bill zu.
    »Bis morgen«, verabschiedete ihn der Aufnahmeleiter.
    »Was für Filme machen wir?«, wollte Bill wissen.
    »Morgen drehen wir einen Western«, antwortete der Aufnahmeleiter.
    »Ich liebe Western«, sagte Bill, bevor er sich zum Gehen wandte.
    Der Western, an dem Bill mitwirkte, war zwölf Minuten lang und wurde an einem einzigen Tag abgedreht. Eine Frau fuhr in einer Kutsche durch die Wüste. In Wirklichkeit sah man die Wüste nicht, die Kamera filmte nur das Geschehen im Inneren der Kutsche, an der zwei Männer von außen rüttelten, um eine Fahrtbewegung zu simulieren. In der Kutsche lüftete die Frau ihren Rock, schnürte ihr Mieder auf, bis ihre prallen weißen Brüste hervorquollen, und ließ es sich von einem mitreisenden Mann besorgen. Sieben Minuten dauerte die Szene, die Verführung eingeschlossen. Danach wurde die Kutsche von Indianern überfallen. Und die Frau, die den Angriff überlebte, wurde anschließend vom Indianerhäuptling vergewaltigt, einem blonden Schauspieler mit einer albernen schwarzen Perücke auf dem Kopf und rot geschminktem Gesicht. Die Szene dauerte fünf Minuten.
    Als der Regisseur den Drehtag für beendet erklärte, schminkte sich die Frau, die sich vor aller Augen von zwei Männern hatte vögeln lassen, die Lippen und verließ die Halle, vor der ein älterer Mann in einem nagelneuen Packard auf sie wartete.
    »Diese Art Western kannte ich noch gar nicht«, bemerkte Bill grinsend zu einem Requisiteur, der sich in den Schritt fasste, während er auf eine Schauspielerin starrte, die gerade ihre Kostüme für den nächsten Drehtag anprobierte.
    »Man muss schon reich sein, um sich einen Pornofilm kaufen zu können«, gab der andere zurück. »Und auch, um sich eines dieser Klasseweiber leisten zu können.«
    Als Bill am Abend nach Hause kam, musste er sich an den Gedanken gewöhnen, dass der Weg nach Hollywood kein leichter sein würde. Doch da war noch etwas anderes, was ihm an seinem neuen Job missfiel: Alle Männer am Set waren hinter den Schauspielerinnen her. Bill hingegen empfand für diese Schlampen nur Verachtung. Hinzu kam, dass er sich unter ihren Blicken unwohl fühlte, denn sie waren reiche Schlampen. Behangen mit Pelzen und Schmuck, wenn auch von minderwertiger Qualität, hielten sie sich ihm gegenüber für etwas Besseres. Niemand aus dem Team, dessen war er sicher, würde je bei ihnen eine Chance haben. Denn nur wer Geld hatte, gelangte überhaupt ins Blickfeld dieser Frauen, wurde überhaupt von ihnen wahrgenommen. Einzig Arty Short, den Regisseur und Produzenten, ließen sie an sich heran. Arty hatte sie gewiss alle gehabt. Und er nahm sie sich, wann immer er wollte.
    Doch kündigen konnte Bill nicht. Er besaß keinen müden Cent mehr. Von diesem Job, mochte er noch so abstoßend sein, hing nun sein Überleben ab. Bei dem Gedanken bebte Bill vor Wut, und sein Hass auf diese Schauspielschlampen wurde immer größer.
    Während er sich vor Wut in seinem Bett hin und her

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