Der Junge, der Träume schenkte
warf, hörte er im Innenhof Bev Ciccones schrille Stimme. Er trat ans Fenster und schob den Vorhang beiseite. Hinter der Witwe Ciccone ging eine gut gekleidete dunkelhaarige junge Frau mit sehr heller Haut, die mühsam einen schweren Pappkoffer hinter sich herzog. Ihr Blick war spöttisch und selbstsicher, so wie der aller Mädchen, die nach Hollywood kamen. Mit der Zeit würde sich der Blick im Zuge der Enttäuschungen verhärten.
Noch eine Schauspielerin, dachte Bill. Noch eine Schlampe.
Die junge Frau bemerkte, dass Bill hinter der Gardine stand und sie beobachtete. Prompt richtete sie sich gerade auf, drückte die Brust heraus und wandte sich sogleich mit kühler Miene ab. Bill jedoch glaubte, sie erröten zu sehen.
»Hier ist es«, ließ sich Bev Ciccones Stimme klar und deutlich aus der Nachbarwohnung vernehmen. Dann erzählte sie von ihrem verstorbenen Ehemann Tony Ciccone, vom Orangenhain im Valley, von den Fruchtsäften und den Mitgiftjägern, die ihr, der Eigentümerin des Palermo Apartment House , nachstellten. »Wenn du einen Spiegel im Bad willst, Schätzchen, musst du mir dafür fünf Dollar im Voraus bezahlen«, erklärte die Witwe schließlich. »Der Vormieter hat ihn zerbrochen und sich davongemacht, ohne ihn mir zu ersetzen. Ich kann schließlich nicht noch draufzahlen. Das verstehst du doch, nicht wahr, Schätzchen?«
In seinem Wohnzimmer hörte Bill, wie die junge Frau widerspruchslos einwilligte. Sie hieß Linda Merritt und war – welch große Überraschung – davon überzeugt, ein Star zu werden. Linda war auf der Farm ihrer Eltern aufgewachsen, die sie mit der Gewissheit verlassen hatte, bald eine Rolle in Hollywood zu finden.
Bill ließ sich auf das Sofa fallen und verfolgte die Unterhaltung zwischen der Witwe Ciccone und seiner neuen Nachbarin nicht weiter, bis er schließlich die Wohnungstür zufallen und Bev über den Kiesweg schlurfen hörte.
Da stand er vom Sofa auf und legte ein Ohr an die dünne Zwischenwand. Weshalb er das tat, hätte er selbst nicht sagen können. Irgendetwas Besonderes hatte er im Blick der neuen Nachbarin wahrgenommen. Eine Art Schwäche. Vielleicht waren es aber auch ihr dunkles Haar und die auffallend helle Haut, die Bill im Abendlicht für einen Moment an Ruth erinnert hatten. Er wusste nicht, weshalb, aber mit einem Mal war er neugierig. Er hörte, wie sie ihren Koffer auf den Tisch wuchtete. Dann ging sie ins Bad. Und kurz darauf rauschte die Wasserspülung. Dann hörte Bill ein Quietschen. Die Sprungfedern der Schlafcouch im Wohnzimmer, dachte er. Danach war es für ein paar Minuten so still, als wäre Linda Merritt wie erstarrt. Doch als Bill sich schon wieder aufs Sofa setzen wollte, drang plötzlich ein unterdrücktes Schluchzen zu ihm herüber.
Ein Schauer durchlief Bills Körper. »Du bist keine Schlampe«, wisperte er mit einem Lächeln. Er fasste sich in den Schritt und stellte fest, dass er erregt war. Nach drei Jahren Einsamkeit hatte er ein Mädchen gefunden, das ihm gefiel. Zufrieden sank er wenig später in den Schlaf, um am nächsten Morgen, kaum dass Linda auf der Suche nach einem Job das Haus verlassen hatte, bei einem Eisenwarenhändler einen Handbohrer zu kaufen. Zurück in der Wohnung, bohrte er damit ein kleines Loch in die Wand zwischen seinem und Lindas Badezimmer.
Am Abend legte er sich auf die Lauer und wurde bald belohnt. Mit angehaltenem Atem konnte er zusehen, wie Linda ihren Schlüpfer herunterzog und sich auf die Toilette setzte. Er beobachtete, wie sie sich mit Toilettenpapier abwischte und den Schlüpfer wieder hochzog. Weiß und dick war er, weiß wie die Strümpfe samt Strumpfhalter. Anschließend ging Linda zurück ins Wohnzimmer. Bill tat es ihr nach und horchte an der Wand. Er hörte Geräusche, die er nicht genau ergründen konnte. Ein Rascheln. Entweder blättert sie in einer Zeitung, oder sie schreibt einen Brief an ihre Eltern, entschied er. Dann hörte er sie in der Küche hantieren und schließlich essen. Gegen halb zehn ging Linda erneut ins Bad, und Bill beobachtete sie wieder. Das Mädchen legte seine Kleider ab und begann, sich zu waschen. Bill berührte sein Geschlecht. Doch von der Erregung des Vorabends war nichts zu spüren. Zornig versetzte er dem Waschbecken einen Tritt. Auf das Geräusch hin wandte Linda den Kopf. Ihr Blick wirkte verstört. Schwach. Mit einem Mal spürte Bill ein Kribbeln zwischen seinen Schenkeln. Kaum jedoch wusch sich das Mädchen weiter, ließ das Kribbeln nach.
Schlecht
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