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Der Junge, der Träume schenkte

Der Junge, der Träume schenkte

Titel: Der Junge, der Träume schenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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eine bekannte Persönlichkeit weigerte sich, bei Diamond Dogs aufzutreten. Die Kapuze übergezogen zu bekommen, bedeutete, man war einer der wenigen Privilegierten, die den geheimen Sendeort des Radios betreten durften.
    »Ich war im Versteck« , erzählte man sich in den schicken Restaurants, auf Partys oder bei Theater- und Filmpremieren. Und kein Gast wehrte sich gegen das Kapuzenritual. So blieb der Standort von CKC auch weiter geheim und lieferte den Menschen Stoff für Legenden. Santo wurde der Fahrer der Gang, wie alle CKC nun nannten, und entdeckte die Freude und Spannung alter Zeiten wieder, als Christmas und er die einzigen Mitglieder der Fantasie-Gang gewesen waren.
    Anfangs versuchten die Reporter, die für eine Entführung infrage kommenden Stars zu beschatten. Mit Fotoapparat und Notizblock bewaffnet, hängten sie sich an ihre Fersen. Und vermutlich wäre es ihnen früher oder später gelungen, das Quartier von CKC aufzudecken, doch konnten sie nicht ahnen, dass New Yorks Gangster beschlossen hatten, eben das zu verhindern. Die Spürhunde wurden mit überzeugenden Methoden eingeschüchtert. Eine Pistolenkugel auf dem Armaturenbrett des Wagens, ein anonymer Brief, in dem Tagesabläufe und Adressen von Familienangehörigen aufgelistet waren, eine Drohung von Angesicht zu Angesicht, bei der, wenn nötig, der Fotoapparat zerstört wurde.
    Der Mann im Hintergrund dieses schützenden Netzes war Arnold Rothstein. Als er aber erkennen musste, dass auf jeden seiner Versuche, einen aufdringlichen Journalisten einzuschüchtern, sofort ein neuer auftauchte, plante Mr. Big einen drastischen Feldzug, der Dutzende von Männern und zwölf Autos in Anspruch nahm. Eines Morgens, nachdem er die Operation bis ins letzte Detail geplant hatte, ließ Rothstein die Herausgeber von New York Times , Daily News , Forward , New York Amsterdam News , Po st und auch des politisch eingefärbten Daily Worker verschleppen. Den sechs Männern wurden mitten auf der Straße Kapuzen übergestülpt. Und genau nach Rothsteins Plan rief keiner der Zeugen die Polizei. Vielmehr lachten sie, da sie sicher waren, es handele sich um eine Entführung für Diamond Dogs . Dem gleichen Irrtum erlagen zunächst auch die Herausgeber. Als sie sich jedoch alle zusammen im Lincoln Republican Club vor Arnold Rothstein wiederfanden, verging ihnen mit einem Schlag die gute Laune, und Furcht machte sich breit.
    »Christmas ist kein Gangster. Aber es ist, als wäre er einer von uns«, begann Mr. Big ohne Umschweife, nachdem die Herausgeber unsanft auf eigens bereitgestellte Stühle gedrückt worden waren. »Ich bin bereit, gegen euch Journalisten, gegen jeden Einzelnen von euch, in den Krieg zu ziehen, solltet ihr es wagen, den Standort von CKC aufzudecken oder den Jungen und seine Sendung zu verunglimpfen wegen unserer kleinen Unterhaltung hier ... die es im Übrigen nie gegeben hat. Niemand darf etwas über CKC und Diamond Dogs erfahren. Sagt das euren Handlangern, nehmt all die Spürhunde an die Leine, die in der Stadt herumschnüffeln auf der Suche nach einer Sensationsmeldung. Und kommt mir bloß nicht mit so einem Blödsinn wie der Pressefreiheit. Eure dämliche Freiheit wäre das Ende eines der wenigen Vergnügen, die diese Scheißstadt noch zu bieten hat.«
    Rothstein ließ von seinem Billardspiel ab und stellte sich, einen nach dem anderen musternd, vor die Männer. »Macht Diamond Dogs kaputt, und ihr seht mich bei euch zu Hause wieder«, sagte er drohend. Lächelnd zeigte er dann seine weißen Zähne und fügte hinzu: »Aber ich habe beschlossen, euch einen Gefallen zu tun.« Er sah hinüber zu Lepke und ließ sich einen kleinen Bund Strohhalme bringen. »Spielen wir ein Spiel, so wie damals als Kinder. Wer von euch den kürzesten Strohhalm zieht, wird entführt und darf bei einer Folge von Diamond Dogs dabei sein. Und um niemanden zu benachteiligen, wird er kein offizieller Gast sein, sondern sich einfach alles notieren und anschließend seine Informationen an die anderen weitergeben, damit jede eurer Zeitungen haarklein über die Sendung berichten kann, als wärt ihr alle zusammen bei CKC zu Gast gewesen. Einverstanden?« Abermals lächelte Rothstein auf die ihm eigene Weise, die einem nur noch mehr Angst machte. »Ich muss wohl nicht hinzufügen, dass ich unsere Abmachung als hinfällig betrachte, solltet ihr aufgrund irgendwelcher Hinweise Vermutungen über den Standort von CKC anstellen.«
    Mr. Big streckte den Presseleuten die Strohhalme

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