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Der Junge, der Träume schenkte

Der Junge, der Träume schenkte

Titel: Der Junge, der Träume schenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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Lippenstift, ein helles, perlmuttfarben schimmerndes Make-up, einen schwarzen Kajalstift und einen Flakon Chanel Nº 5. Schließlich ließ sie sich beim Friseur die Haare glätten.
    Als Clarence am Abend in Ruths Zimmer trat, um sie zur Party abzuholen, blieb er mit offenem Mund im Türrahmen stehen. »Verzeihen Sie«, sagte er, »haben Sie Miss Isaacson gesehen?«
    Ruth lachte und errötete.
    »Du siehst wunderschön aus«, sagte Clarence mit väterlichem Stolz. Er reichte ihr den Arm. »Gehen wir?«
    Sie waren bereits im Hausflur, als Mr. Bailey sich plötzlich an die Stirn schlug. »Warte«, bat er und ging hinauf in den fünften Stock. Als er zurückkam, trug er einen hauchzarten Tüllschal bei sich. Den legte er Ruth um den Hals und breitete ihn über ihren Schultern aus. »Der gehört Mrs. Bailey«, erklärte er. »Jetzt bist du perfekt.«
    Sie stiegen ins Auto und fuhren zu einer mächtigen, taghell erleuchteten Villa am Sunset Boulevard. Bereits nach wenigen Metern auf der langen Zufahrtsallee mussten sie anhalten. Ein Hausdiener öffnete ihnen die Wagentür, ließ sie aussteigen und parkte den Wagen am Ende einer schier endlosen Reihe von Luxuskarossen. Ruth und Clarence hatten sich gerade auf den Weg gemacht, als schon die nächsten Autos vorfuhren und hinter ihrem Wagen geparkt wurden.
    Clarence sah sich um. »Da haben wir’s«, schimpfte er. »Das ist für mich das Allerschlimmste. Wir hätten den Wagen draußen vor dem Tor abstellen sollen. Jetzt sind wir völlig zugeparkt.« Er bot Ruth seinen Arm, und sie spazierten die Allee hinauf.
    In dem Augenblick fuhr eine dunkle Limousine heran. Während der für den Parkplatz zuständige Hausdiener sich näherte, um die Tür zu öffnen, stieg auf der Beifahrerseite ein schwarz gekleideter Hüne mit einer Pistole in der Hand aus. Er stieß den Diener beiseite und sah sich aufmerksam um. Dann gab er ein Zeichen zum Wagen hin. Die beiden hinteren Türen wurden geöffnet, zwei Männer stiegen aus, die genauso aussahen wie der erste. Unter den offenen Jacketts blitzten die Pistolen im Schulterholster auf. Einer der beiden streckte die Hand aus und half einer eleganten, ein wenig übergewichtigen Dame aus dem Auto. Auf der anderen Seite stieg ein braun gebrannter kleiner Mann mit Glatze und runden Brillengläsern aus.
    »Der Wagen des Senators muss frei bleiben«, herrschte einer der Pistolenträger den Diener an, als ein weiteres Auto durch das Tor gefahren kam.
    »Die üblichen Günstlinge«, brummte Clarence. »Senator Wilkins«, klärte er Ruth auf. »Zwei Attentate hat er bereits überlebt. Er kämpft gegen das organisierte Verbrechen.« Er schüttelte den Kopf. »Dabei wirkt er selbst wie ein Mafioso. Und seine Leibwächter sehen aus wie die Gorillas eines Gangsters.«
    Während sie sich der Treppe zur Villa näherten, hörten sie Orchestermusik und das Stimmengewirr der Gäste.
    »Was für ein Ameisenhaufen!«, murrte Clarence.
    Ruth lachte. Dann betraten sie die Eingangshalle.
    Die Wände der Villa waren über und über mit Fotografien von Filmstars behangen, wie bei einer gewaltigen, mondänen Ausstellung.
    »Hollywood feiert sich selbst«, grantelte Clarence. »Was für ein Affentheater.«
    Kaum hatte ein elegant gekleideter Mann mit Pomade im platinblond gefärbten Haar und schmalen Augenbrauen Clarence entdeckt, kam er auch schon mit femininen Bewegungen auf ihn zugelaufen. Mit übertriebenem Entzücken umarmte und küsste er ihn. »Da ist ja der König des heutigen Abends. Die Fotos stammen fast alle aus deiner Agentur.«
    Clarence löste sich aus der Umarmung und lächelte höflich. »Die Fotografin Ruth Isaacson«, stellte er vor. »Blyth Bosworth, der Mann, der diesen hübschen Einfall hatte.«
    Bosworth sah Ruth mit riesengroßen Augen an und breitete die Arme aus. »Sieht aus, als hätten wir auch gleich die Königin der Party gefunden«, sagte er. »Die Gäste drängen sich alle um ein Foto ... ein wunderbar skandalöses«, lachte er. »Komm, meine Liebe.« Er nahm Ruth bei der Hand und zog sie hinüber zu einem überfüllten Saal.
    Besorgt drehte sich Ruth zu Clarence um. Er winkte ihr grinsend zu wie ein kleiner Lausbub.
    »Macht Platz, Leute!«, rief Blyth, als sie den Saal betraten. Alle drehten sich nach ihnen um. »John! John!«, rief Blyth. »John, die Verräterin ist da!«
    Die Gäste bildeten ein Spalier, bis Ruth neben einer riesigen Fotografie John Barrymore entdeckte.
    Der Schauspieler trug ein dunkles Sakko über einem blütenweißen

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