Der Junge, der Träume schenkte
einer weiteren Dosis.
Als der Hausherr kurz darauf zurück ins Büro kam, fand er Bill über den Tisch gebeugt, wie er gerade einen Streifen Kokain einzog. Der Mann lachte. Daraufhin ging er hinüber zu einem Schrank und öffnete die Tür. Er nahm eine Kristallflasche und zwei Gläser heraus. »Achtzehn Jahre gereifter Glenfiddich«, sagte er. »Den habe ich bei einer meiner letzten Europareisen durch den Zoll geschmuggelt. Kokain und Scotch, kann es etwas Besseres geben?« Er stieß mit Bill an und ermahnte ihn dann, nicht überall herumzuerzählen, dass er der Punisher war. »Manche Dinge sollten wir für uns behalten.«
Wahrend nach und nach die Gäste eintrafen, fühlte Bill sich mehr und mehr ausgeschlossen. Hoffnungslos ausgeschlossen. Und je unwohler er sich fühlte, desto mehr Kokain schnupfte er in einem der fünf luxuriösen Badezimmer im Erdgeschoss. Und dann ging er ins Büro des Hausherrn und trank, ohne um Erlaubnis zu fragen, den achtzehn Jahre gereiften Glenfiddich. Er setzte gleich die Kristallflasche an den Mund, leerte sie und stellte sie auf dem roten Kirschbaumschreibtisch ab. Dass er dabei einen hässlichen Kranz auf dem wertvollen Holz hinterließ, bemerkte er nicht einmal. Bill trank weiter alles, was er fand. Sobald sein Kopf schwer wurde, schloss er sich wieder im Bad ein und schnupfte eine noch größere Dosis Kokain.
Niemand sprach ihn an. Bill betrachtete die Fotografien an den Wänden und dachte: Auch ich müsste auf einem dieser Fotos sein. Wie oft habt ihr euch bei meinen Filmen einen runtergeholt, ihr Drecksäcke? Ich bin ein Star. Sein Gesicht fühlte sich verkrampft an. Er versuchte zu lächeln, doch jedes Mal, wenn er sich im Spiegel sah, schien er nur eine Grimasse zu ziehen. Nachdem Bill bereits das zweite Fläschchen Kokain aufgebraucht hatte, war er schließlich überzeugt, alle starrten ihn an und tuschelten über ihn. Was glotzt ihr denn so?, dachte er. Wollt ihr, dass ich eure Frauen ficke? Wollt ihr, dass ich sie blutig prügle? Arschlöcher, Feiglinge.
Irgendwann stand er am Ausgang. Ich sollte besser gehen, dachte er. Was zum Teufel habe ich zwischen all den reichen Dreckskerlen zu suchen?
Wenn sie unter sich waren, war er ihnen peinlich. Sie taten, als hätten sie ihn noch nie gesehen. Dabei waren das alles Leute, denen er Kokain verkaufte. Was für ein Gelächle und Geschmeichle, wenn sie Stoff brauchten! Und jetzt gaben sie vor, ihn nicht zu kennen. Ich sollte ihnen Rattengift unter das Kokain mischen. Ja, das sollte ich tun. Denn sie sind nichts als widerliche Ratten.
Ich sollte besser gehen, dachte er abermals, während er frische Luft in seine Lungen sog. Aber, verflucht noch mal, er durfte sich ihnen nicht geschlagen geben. Nein, er war der Punisher. Er war der Beste unter ihnen. Da ballte Bill die Fäuste, zog sich in einen dunklen Winkel des Gartens zurück und schnupfte den letzten Rest aus dem Fläschchen. Ihr könnt mich doch mal, ihr Arschlöcher, dachte er. Wir werden ja sehen, wer von uns mehr draufhat.
Zurück in der Villa, hörte er Gelächter und Applaus. Der sollte mir gelten, sagte er sich grimmig, während er den Blitzlichtern folgte, die wie verrückt aufflammten. Die Nasenflügel geweitet, die Augen glasig und weit aufgerissenen, bahnte Bill sich einen Weg durch die Menge. Er wollte sehen, welche Null da den Ruhm einheimste, der ihm, dem Punisher, zustand.
Und in dem Moment entdeckte er sie.
Und sie schaute ihn geradewegs an.
Schlagartig wurde Bill klar, dass seine Albträume der Vergangenheit nichts anderes gewesen waren als eine Vorankündigung dieses einen Augenblicks. Das Gelächter der Leute, der Applaus traten zurück, als hörte Bill nur noch durch Watte. Und mit jedem aufflammenden Blitzlicht schien Ruth ihm ein wenig näher zu kommen. Selbst seine wirren Gedanken verstummten. Reglos stand Bill da und starrte Ruth wie hypnotisiert an. Ihm war, als sähe er seinem Schicksal in die Augen, als fände er sich, nachdem er so lange geflohen war, nun im Angesicht des Todes wieder. Sie war da. Und sie war seinetwegen da, nur seinetwegen.
Ruth war gekommen, um ihn zu holen.
Jeden Moment würde sie den Arm in seine Richtung ausstrecken und auf ihn zeigen. Ihr Mund würde sich zu einem Schrei öffnen. Das ist er!, würde sie kreischen. Und in dieser unwirklichen Stille würden sich alle nach ihm umdrehen, und sie würden verstehen. Das ist er! Wie ein Tier würden sie ihn hetzen. Sie würden ihn zu Boden reißen, ihn festhalten und
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