Der Junge, der Träume schenkte
sich gewaltig. »Es ist zu Ende«, hatte er ihm zwei Monate zuvor verkündet. Zu Ende mit dem Punisher. Zu Ende mit dem Kokain. Aber, verdammt noch mal, nichts war zu Ende! Nicht, bevor er selbst es so entschied.
Arty behauptete, sie verdienten nicht mehr genug, es gäbe keine Gewinnspanne mehr. Schwachsinn! Er wollte ihn ersetzen, dessen war Bill sich sicher. Er glaubte, er könne einfach einem anderen die Punisher-Maske überstreifen. Aber der Punisher war der Mann hinter der Maske. Arty glaubte wohl, er könne ihn ausbooten und ohne ihn weiter einen Haufen Geld scheffeln. Schwachsinn. Bill würde es nicht zulassen.
Als Arty ihn dabei beobachtet hatte, wie er damals die mexikanische Nutte vergewaltigt hatte, war Bills erster Gedanke gewesen, ihn zu töten. Und offenbar war genau das Artys Bestimmung: von Bill getötet zu werden. Er hatte nur überlebt, damit er ihm die Türen zum Paradies öffnete, aber nun hatte er seinen Zweck erfüllt.
»Scheiß auf dich, Arty. Ich bin es, der dich nicht mehr braucht«, sagte Bill lachend, während er eine großzügige Dosis Kokain schnupfte. Er schraubte das dunkle Glasfläschchen wieder zu und steckte es in die Tasche. Tief atmete er ein und bleckte die Zähne. Er konnte es spüren. Es stieg höher. Die morgendliche Dosis war die beste. Die erste nahm er, um aus den Federn zu kommen, die zweite für das Gefühl, unbesiegbar zu sein. Langsam fühlten sich die Zähne wie betäubt an. Ebenso die Nase und die Kehle. Und die Gedanken wurden glasklar und scharf wie ein Skalpell.
»Scheiß-Arty«, sagte er.
Zwei Monate zuvor, als Arty ihm mitgeteilt hatte, es sei zu Ende, hatte Bill ihn verzweifelt angefleht. Im ersten Moment hatte er sich dafür verflucht, doch dann war ihm aufgegangen, dass ihm seine Natur einfach einen genialen Schachzug eingegeben hatte: Wer dem Feind gegenüber Schwäche zeigte, konnte ihn leichter übers Ohr hauen. Aber um das zu erkennen, hatte Bill zwei Tage gebraucht. Zwei Tage, die er im Bett verbracht hatte, in denen er nicht die Kraft gefunden hatte aufzustehen, in denen er sich verloren gefühlt hatte. Am Ende, wie Scheiß-Arty gesagt hatte, in diesem muffigen kleinen Pensionszimmer in dieser lumpigen Stadt, deren Gefangener er geworden war. Mit ein paar lumpigen Kröten in der Tasche. Aber Bill war nicht am Ende. Er stand wieder auf. Die Wut verlieh ihm die nötige Kraft dazu. Die Wut pumpte neues Adrenalin durch seinen Körper.
In den zwei folgenden Tagen beschattete er Arty. Er studierte seine Züge, bevor er zum Angriff überging. Und in diesen beiden Tagen fand er heraus, bei wem er sich das Kokain beschaffte: bei einem herausgeputzten kleinen Kerl namens Lester. Bill suchte Lester zu Hause auf, prügelte ihn blutig und ließ sich den Namen des Mannes geben, der die Szene kontrollierte.
Tony Salvese empfing Bill im Hinterzimmer eines Billardsaals, flankiert von zwei Handlangern mit Pistolen im Hosenbund. Bill sagte Tony Salvese, wer er war: der Punisher. Da lachte Tony Salvese und erklärte den beiden Gorillas: »Der Typ hier hat die schönsten Schlampen Hollywoods gefickt.« Da lachten auch die Handlanger und sahen ihn mit anderen Augen an. Bill erklärte, er wolle in Hollywood Kokain verkaufen. Tony Salvese gab ihm ein Kilo mit. »Die Schlampen mögen Kokain, was?«, sagte er. »Achtzig Prozent gehen aber an mich. Wenn auch nur ein Cent fehlt, lass ich meinen Hund an deinem Schwanz lutschen.« Nachdem Bill mit dem Kokain in den Hosentaschen den Billardsaal verlassen hatte, war er mit vermummtem Gesicht bei Lester aufgetaucht und hatte ihm Kokain und Geld geraubt. Danach endlich hatte er sich die Nasenlöcher gefüllt.
Und nun dealte Bill mit Kokain. Kunden zu finden, war nicht schwer gewesen. Er hatte bei denen die Runde gemacht, die seine Filme kannten. Jedem von ihnen hatte er gesagt, wer er war. Und so hatte er sich erneut Zutritt zu den Kreisen verschafft. Nicht lange, und er würde auch wieder Filme drehen, sagte er sich. Denn niemand war so wie er. Es würde ein wenig Zeit brauchen, aber Bill war geduldig.
Unterdessen hatten bereits ein paar seiner Kunden Drogenpartys in einem Motel vor den Toren von Los Angeles veranstaltet, zu denen sie auch ihn eingeladen hatten. Sie hatten Bill die Punisher-Maske überziehen lassen und ihn gebeten, vor ihren Augen eine Schlampe zu vergewaltigen. Live. Bill war sich vorgekommen wie der Zauberer auf einem Kindergeburtstag. Es war nichts Besonderes, aber es war ein Anfang. Danach hatte man ihn zu
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