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Der Junge, der Träume schenkte

Der Junge, der Träume schenkte

Titel: Der Junge, der Träume schenkte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luca Di Fulvio
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ich mitkommen?«
    »Sei still und lass mich nachdenken.«
    »Stimmt was nicht?«, fragte Christmas.
    Joey zog ihn am Arm beiseite und wandte sich unterdessen mit drohender Geste an Chick. »Lass mich in Ruhe mit Diamond reden, oder ich reiß dir den Arsch auf«, sagte er. Leise erklärte er Christmas daraufhin, Buggsy sei ein armseliger Kleinkrimineller, der eine Speakeasy -Kneipe führe und dort keine Glücksspielautomaten der Shapiros aufstellen wolle. Daher habe er, Joey, auf den Anruf eines Spitzels gewartet, der ihm melden sollte, wenn Buggsy seine miese Spelunke verließ, damit sie ohne Gefahr die Reifen seines Transporters zerstechen konnten. »Aber wenn Chick davon Wind bekommen hat, könnte auch Buggsy es gesteckt bekommen haben und uns in eine Falle locken«, sagte er und wiegte nachdenklich den Kopf hin und her.
    Abermals spürte Christmas, dass er an einem Scheideweg angekommen war. Er konnte aus der Sache aussteigen, Joey das Messer wiedergeben und zu seinem gewohnten Leben zurückkehren, bevor es zu spät war. Aber noch immer zerfraß ihn innerlich die Wut. Und zu dem Leben, das er kannte, wollte er nicht zurückkehren. »Gehen wir«, sagte er, das Messer in der Tasche fest in der Hand.
    Schweigend sah Joey ihn an. »Ja, gehen wir, scheiß doch drauf«, stimmte er zu.
    Christmas hielt ihn am Arm fest. »Lass uns Chick mitnehmen«, flüsterte er.
    »Diese Nervensäge?«
    »Wenn er hierbleibt, plaudert er am Ende noch was aus. Wenn er bei uns ist, kann er keinen Schaden anrichten.«
    »Du hast Grips, Diamond.« Joey grinste zufrieden. »Wir sind ein starkes Team, was?«
    »Ein starkes Team«, gab Christmas zurück, während ihm das Herz bis zum Hals schlug.
    »Beweg dich, Chick«, sagte Joey, als er über die Straße lief.
    »Ich darf mitkommen?«, rief der Junge aufgeregt.
    »Aber wenn du auch nur einen Mucks machst, schubs ich dich vor einen Zug.«
    »Hurra, mach dir keine Sorgen, Sticky, ich bin still, so still wie ein Fisch, so still ...«
    »Fang jetzt gleich damit an!«, fuhr Christmas ihn an.
    Der Junge verstummte, und Angst flackerte in seinem Blick auf. Joey lachte. Dann gingen sie weiter, Christmas und Joey vorneweg, der Junge schweigend und noch immer im Hüpfschritt hinter ihnen her.
    Der Himmel färbte sich langsam dunkel, als Joey drei Häuserblocks weiter auf ein niedriges Gebäude deutete, das nichts weiter war als ein dicht an eine Garage gebauter Flachdachverschlag. Joey deutete mit dem Finger auf das Speakeasy . Noch immer schweigend, wies er Christmas dann auf einen zwischen zwei Eisenstangen gespannten Drahtzaun hin. »Dahinter steht der Transporter«, erklärte er leise. »Im Zaun müsste jetzt ein Loch sein.«
    Dicht an den Hauswänden entlang schlichen die drei Jungen bis zum Zaun. Das wacklige Tor war mit einem Vorhängeschloss gesichert. Joey sah sich um. »Gut, Buggsys Auto ist nirgends zu sehen. Also ist auch er nicht da.« Dann wandte er sich an Chick: »Sieh mal nach, wie groß das Loch ist.«
    Der Junge ballte die Fäuste, riss die Augen auf und ging zu der Stelle, wo der Zaun an der Kneipenwand befestigt war. Er rüttelte daran und grinste zu Joey und Christmas herüber.
    »Wir sind dran«, sagte Joey und ließ das Messer aufspringen. »Kümmere du dich um die Vorderreifen, ich nehme die hinteren.«
    Christmas konnte nicht mehr schlucken, so dick war der Kloß in seiner Kehle. Die Hand am Messer rührte sich nicht, sie war wie versteinert. Dann aber kochte die Wut, die in ihm gärte, wieder hoch, und das Messer klappte auf. »Los geht’s«, sagte er mehr zu sich selbst als zu Joey.
    Sie schlüpften durch das Loch, für das der Maulwurf wie versprochen gesorgt hatte, und landeten auf dem gestampften Lehmboden eines kleinen Hofes. Der Transporter, ein kleiner Lastwagen mit hölzerner Ladefläche und einer Wachsplane zum Abdecken der Ladung – natürlich Schmuggelalkohol –, war in einer Hofecke geparkt. Entschlossen steuerte Joey auf die Hinterräder zu. Christmas näherte sich den vorderen Reifen und stach zu. Das Zischen kam ihm unerträglich laut vor, wie ein Wehklagen, wie ein Schrei. Wie der Schrei, den er aus Bills Kehle hervorholen würde, dachte er, als er sich über den anderen Reifen hermachte. Ein, zwei, drei Mal. Mit aller Kraft stach er zu, ganz so, als rammte er das Messer in den Körper des Mannes namens William Hofflund. Bill. Beim vierten Stoß zerbrach die Klinge.
    »Komm jetzt, verdammt, was tust du denn da?«, zischte Joey und zog ihn am

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