Der junge Häuptling
auf die Antwort.
Der Indianer konnte ein Lächeln nicht verbeißen. »Cate Smith scheint nicht zu wissen, daß ihr Vater und ich die Anführer feindlicher Scharen sind. Was meine Krieger brauchen, sind Waffen und Munition. Major Smith aber ist ein Mann von Ehre; er gibt uns freiwillig keine Kugeln und Flinten, auch nicht für seine Tochter. Die Waffen holen wir uns selbst.« Der Indianer wies auf den entleerten Munitionswagen.
Cate war dem Weinen nahe, aber sie schluckte und verbiß die Tränen, und um fester zu stehen und auf irgendeine Weise ansehnlicher zu wirken, trat sie aus der Pfütze heraus auf einen trockenen Sandfleck. Sie machte keinen weiteren Versuch zu bitten oder zu überreden, sondern sagte einfach: »So tut, was Euch beliebt.« Sie vertraute bei ihren Worten darauf, daß der Dakota keiner Gemeinheit fähig sein würde.
Der Häuptling drängte seinen Hengst zu dem Mädchen heran und hob Cate, ehe sie es sich recht versah, vor sich auf das Pferd. »Ich werde sehen«, sagte er nur. Dann trieb er das Tier an, und der Ritt ging in südwestlicher Richtung durch das Prärietal, dem Fluß zu, an dessen Südufer, wie Cate gehört hatte, das von ihrem Vater befehligte Fort lag.
Cate konnte nicht wissen, was der Indianer mit ihr vorhatte. Sie versuchte auch nicht, darüber nachzudenken, sondern gab sich der Hoffnung hin, daß ihr Wunsch erfüllt und sie zu ihrem Vater gebracht werde. Der Reiter hielt sie mit der Linken gefaßt; in der Rechten hatte er die schußfertige Büchse. Den Zügel, der nur zum Anhalten des Tieres bestimmt war, benutzte er nicht; das Lenken geschah allein durch den Schenkeldruck. Das falbe Fell des Mustangs glich den Farbtönungen des Grasbodens. Die dunkle Mähne flatterte im Wind. Der lange, schön angesetzte Schweif war nach indianischer Kampfsitte hochgebunden. Der Galopp des Tieres ging leicht trotz der doppelten Last. Der Hengst wirkte recht wie ein Tier der Steppe, die seine Heimat war. Ob sein Reiter ihn wild eingefangen und gezähmt hatte? Cate legte die Hand an den Hals des Pferdes, um sich zu halten und zu stützen. Der Mustang reagierte mit Wut auf die ungewohnte Berührung durch eine fremde Hand. Er wollte sofort steigen und beißen, und Cate zuckte erschreckt zurück. Der Reiter brachte das Tier zur Ruhe. Er brauchte das Mädchen nicht zu ermahnen. Sie war belehrt und verließ sich darauf, daß der Arm des Reiters sie sicherte.
Der Dakota lenkte das Tier weiter in Richtung des Forts. Cate fühlte sich ruhiger und hoffnungsfroher.
Man kam wieder zu der Stelle, an der der Dakota Cates Wagen eingeholt hatte. Der Indianer ließ sein Tier in Schritt fallen und schien die Fährten auf dem Boden zu betrachten. Selbst das Mädchen vermochte zu erkennen, daß Spuren von Pferdehufen seitlich die Hügelhänge hinaufführten. Vielleicht hatten entflohene Begleitmannschaften der Kolonne das Tal hier verlassen, vielleicht waren Dakota hier hinaufgeritten – das konnte Cate aus den Spuren natürlich nicht entziffern, denn sie vermochte die Fährte eines unbeschlagenen Tieres von der Fährte der mit Hufeisen versehenen Pferde nicht zu unterscheiden. Aber der Indianer las wohl alle diese Dinge vom Boden ab und schien die Spur schon verstanden zu haben. Er setzte sein Pferd wieder in Galopp.
Zur Linken zogen sich flacher werdende Bodenwellen in Richtung des Flusses dahin. Im Sonnenschein segelten Schaumwölkchen über dem verschneiten Felsengebirge, das den westlichen Horizont abschloß.
Als der Mittag nahte und das ferne Gebirge in Dunst verschwamm, wurde der einsame Ritt unterbrochen. Der Schrei eines Geiers war wiederholt zu hören, und der Dakota antwortete mit demselben Laut. Nach einigen Minuten zeigten sich zwei der jungen Dakotareiter, die der Häuptling ausgesandt hatte. Ihre Pferde stolperten, die Flanken der Tiere waren naß von Schweiß, und der Schaum troff ihnen vom Maul. Als die beiden Jünglinge mit dem roten Haarbüschel und den Rabenfedern im Schopf anhielten, senkten sie die Augen. Dem einen lief das Blut von der Schulter, und die Züge des anderen waren eingefallen. Auch er mußte verletzt sein. Die Lippen des Häuptlings hatten sich zu einem schmalen Strich geschlossen, und seine Augen richteten sich mit Schärfe auf die erfolglos Zurückkehrenden. Der eine der jugendlichen Reiter stieß einige Sätze hervor. Ein einziges Wort glaubte das Mädchen zu verstehen, und das hieß »Thomas«. Ihre Gedanken reimten sich dieses Wort mit den Beobachtungen über den
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