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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Zustand der Reiter rasch zusammen.
    Die beiden Dakota hatten wahrscheinlich die Kundschafter der Munitionskolonne, Thomas und Theo, abfangen sollen, die der Kolonne vorausgesandt worden waren und dem nächtlichen Gemetzel entgangen sein mochten. Aber Thomas und Theo hatten die beiden jungen Krieger offenbar mit blutigen Köpfen heimgeschickt.Der Häuptling schien zu überlegen.
    Cate überlegte auch. Wenn ihr Vater auf der Blockhausstation durch die entkommenen Kundschafter und möglicherweise auch durch Leutnant Roach Nachricht über die Ereignisse erhielt, so war die Lage der Dakotagruppe schwierig geworden. Die Dakota hatten den Überfall im Rücken des Forts unternommen und mußten nahe an der Militärstation vorbei nach Westen durchbrechen. Der Major mit seinen Dragonern konnte den Dakota den Weg abschneiden und sie zum Kampf stellen. Cate wußte nicht, wieviel Krieger an dem Überfall beteiligt gewesen waren, doch hatte sie das Gefühl, daß viel weniger Krieger angegriffen hatten, als ihrem Vater an Dragonern und Rauhreitern wahrscheinlich zur Verfügung standen. Was würden die Indianer tun, wenn sie jetzt durch die Meldung der Entflohenen auf dem Fort in eine gefahrvolle Lage gerieten?
    Der Häuptling setzte Cate vom Pferde herab, ließ sie stehen und entschwand mit seinen beiden jungen Kriegern im Galopp zwischen den grasigen Hügeln.
    Cate hörte noch einige Zeit die Hufschläge der drei Pferde, dann war es einsam und ruhig um sie.
    Was nun?
    Das Mädchen hockte sich ins Gras, und da rings um sie nichts geschah, sich auch keine Schüsse, keine Hufschläge mehr vernehmen ließen, kramte sie den Rest eines Zwiebacks aus der Tasche und aß diesen auf. Sie hatte heftigen Durst und holte sich einen Happen von den Schneeresten, die noch an den Nordhängen der Gras- und Sandhügel klebten. Ein wenig erfrischt, fing sie an, in dem Wiesental entlangzulaufen, um zu den Ufern des Niobrara und zu der Blockhausstation zu gelangen, auf der ihr Vater kommandierte. Wie weit war der Weg noch? Verlief sie sich auch nicht? Wenn sie sich verirrte, mußte sie verhungern, oder sie wurde nachts den Wölfen zur Beute.
    Wie langsam kam sie voran! Der lange Rock war sehr lästig. Die vielen Hügel glichen einander vollkommen; die Prärie erschien dem Mädchen wie ein großer, feindseliger Irrgarten. Immer wieder schrie sie laut »Vater!« und »Hilfe!«. Endlich stieg sie auf einen der Hügel hinauf, um von oben Ausschau zu halten und wiederum zu rufen.
    Das Land rings lag ruhig, einsam, öde. Cate fürchtete sich. Wie weit mochte der Weg zu Fuß noch sein! Wieder und wieder schrie sie von der Hügelkuppe in die stumme Prärie hinein. Während Cate durch die weglose Wildnis irrte und von der Anhöhe aus um Hilfe rief, ritt der Häuptling mit seinen beiden jungen Kriegern im Galopp nordostwärts, immer in Deckung zwischen den langgezogenen Bodenwellen. Wenn ein Gegner auch das Geräusch des Galopps vernehmen konnte, so vermochte er die kleine Reitergruppe doch nicht so leicht vor die Augen und vor den Flintenlauf zu bekommen. Der Häuptling hatte von den beiden jungen Männern, die durch die Rabenfedern im Schopf als die Rabenbrüder und Söhne des Alten Raben ausgewiesen waren, das Ergebnis des nächtlichen Kampfes mit den letzten Einzelheiten erfahren. Nur Leutnant Roach, der zuerst geflohen war, hatte bis dahin das Fort lebend erreicht. Die Zwillinge Thomas und Theo schwärmten noch in der Prärie umher und schienen das Mädchen Cate zu suchen. Aus dem Fort hatte sich bis jetzt noch niemand auf den Weg gemacht, um dem Dakotatrupp entgegenzutreten. Der dritte der jungen Krieger, Ihasapa, war unverletzt geblieben und kundschaftete dort.
    Der Häuptling leitete zu einem Hügel, der ihm und seinen Kriegern als besonders guter Aussichtspunkt bekannt war. Im Tal sprangen er und seine Begleiter ab. Der jüngere der beiden Rabenbrüder übernahm die Wache bei den Mustangs, der ältere schlich mit dem Häuptling zusammen auf den Kamm des Hügels hinauf, um von dort ringsum Ausschau zu halten. Die beiden konnten im Süden Fluß und Fort erkennen, im Nordosten beobachteten sie mit ihren scharfen Augen ihre Stammesgenossen, die mit der erbeuteten Munition eiligst voranzukommen strebten. Der Häuptling und der ältere Rabe erspähten auch bald das Mädchen Cate, das von einer Bodenwelle aus verzweifelt nach einem Reiter winkte, und endlich erkannten die Indianer über mehrere Meilen hinweg zwei sich bewegende Punkte; das konnten nur die

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