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Der junge Häuptling

Der junge Häuptling

Titel: Der junge Häuptling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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schlechten Lohn totschießen zu lassen. Wozu brauchte man sonst arme Kerle auf der Welt! Die Indianer hatten ganz recht, sich gegen eine solche Banditenwirtschaft zu wehren. Aber zu den Indsmen überlaufen und von nichts mehr etwas wissen? Nein, das war auch nicht das richtige. Adams wollte wieder einen Pflug führen und Vieh züchten. Aber wo? Wie? Bei wem? Knecht spielen war ein hartes Leben, das sah er an Thomas und Theo, die es auf ihre alten Tage noch zu nichts gebracht hatten. Adams schüttelte die fruchtlosen Gedanken gewaltsam ab und ging zu Cate hinüber. Leutnant Roach, der den rechten Arm mit der verbundenen Hand wieder in der Schlinge trug, stellte sich absichtlich so, daß der Rauhreiter nicht vor das Mädchen treten konnte.
    »Was willst du?« fragte der Leutnant in einem beleidigend geringschätzigen Ton.
    »Licht in die Sache bringen!« Adams beherrschte sich mühsam. »Miss Cate ist die einzige, die etwas wissen kann. Ich muß mit ihr sprechen.«
    »Eine Miss Cate gibt es für dich überhaupt nicht, merke dir das. Hier befindet sich Miss Smith, die Tochter desMajors.«
    »Spart Euch doch die Redensarten, Leutnant Roach«, sagte Cate selbst auf einmal energisch. »Mein Vater war keineswegs zufrieden mit Euch. – Adams! Was wollt Ihr von mir wissen?«
    Adams trat einen Schritt vor. »Miss Cate! Ihr habt gerufen: Ein Gespenst, ein Gespenst! Was habt Ihr da gesehen?«
    »Ein Gespenst habe ich gesehen! Eine große schattenhafte Gestalt, die lautlos aus dem Hinterraum in das große Blockhaus vorlief und dort im Boden verschwand.«
    »Ein Gespenst …! Glaubt Ihr an Gespenster?«
    »Seit heute … ja! So lautlos kann ein Mensch gar nicht sein. Und überhaupt – wie soll ein Mensch plötzlich im Erdboden verschwinden?«
    »Das ist mir allerdings auch ein Rätsel.«
    »Rätsel aber sind da, um gelöst zu werden«, mischte sich Roach wieder ein. »Wie soll das Gespenst in den Munitionsraum kommen, wenn du es nicht hineingelassen hast, Adams? Du hattest den Schlüssel, und kein anderer als du hat den Raum betreten.«
    Adams wich das Blut aus den Wangen. »Darüber können wir uns morgen weiter unterhalten, Leutnant Roach. Ihr habt eine Pistole und werdet verstehen, auch mit der Linken abzuziehen. Ich für meinen Teil bin bereit dazu.«
    »Was habe ich mit dir zu schaffen, Rauhreiter Adams? Du wirst dich da verantworten, wo du dich zu verantworten hast.«
    »Jedenfalls nicht bei dir, Roach.«
    Es trat ein gereiztes Schweigen ein.
    Adams biß seinen Zorn und seine Erregung hinunter. »Miss Cate«, fing er wieder an, »könnt Ihr einmal mit zu dem Aschehaufen des alten Blockhauses kommen, um mir die Stelle zu zeigen, wo das Gespenst im Boden verschwunden sein soll?«
    »Ja, natürlich. Aber ich weiß nicht, ob ich die Stelle wiederfinde. Ich war in dem Augenblick sehr aufgeregt.« Das Mädchen machte sich mit Adams auf den Weg. Roach blieb zurück.
    Als Adams und Cate vor der Asche und den letzten verkohlten Balken standen, die von dem Blockhaus des zahnlosen Ben noch übriggeblieben waren, sammelten sich auch die übrigen Männer bei ihnen. Adams stellte das Mädchen an die Stelle, an der sich früher die Tür befunden hatte, und sie versuchte, sich zu orientieren.
    »Rechts war es«, sagte sie. »Rechts bei den Tischen – bei dem zweiten Tisch, gleich bei der Schmalwand dort nach der Flußseite … da ist das Gespenst verschwunden.«
    »Lautlos verschwunden?«
    »Fast lautlos. Ich habe nur ein leises Geräusch gehört – als ob Holz auf Holz klapperte.«
    Adams horchte auf. Eine verschüttete Erinnerung wurde in ihm wieder lebendig. Wie hatte das damals geklungen vor zwei Jahren, in diesem Blockhaus hier, in der Nacht nach dem Mord, als Red Fox und Ben unbemerkt entkommen waren? Auch damals hatte es geklungen, als ob Holz auf Holz klapperte. Adams lief nach der bezeichneten Stelle und räumte mit Hilfe von Thomas und Theo Schutt und Asche weg. Als die drei den Boden untersuchten, fand sich eine Stelle, die sich kreisrund abzeichnete und hohl klang.
    Theo scharrte die Asche noch weiter ab. Ein großer runder Holzdeckel kam zutage. Erregt hantierten die Männer daran. Er ließ sich leicht aufheben. Als Theo ihn weggeschoben hatte, wurde ein Loch sichtbar, in dem ein Wasserspiegel schillerte.
    Nachdenklich betrachteten die Männer und Cate diese Entdeckung. »Die größte Schweinerei ist, daß wir das jetzt erst finden«, sagte Adams schließlich.
    »Meinst du, da kommt ein Mann durch? Und wohin soll denn das

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