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Der Junge im gestreiften Pyjama (German Edition)

Der Junge im gestreiften Pyjama (German Edition)

Titel: Der Junge im gestreiften Pyjama (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Boyne
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nach dem Menschen um, den er normalerweise zuerst suchte, wenn er einen Unfall hatte.
    »Deine Mutter ist noch nicht zurück, tut mir leid«, sagte Pavel, der vor ihm auf dem Boden kniete und das Knie untersuchte. »Ich bin der Einzige, der hier ist.«
    »Und was passiert jetzt?«, fragte Bruno, der es langsam mit der Angst bekam, eine Gefühlsregung, die leicht zu Tränen führte. »Ich könnte verbluten.«
    Pavel lachte leise und schüttelte den Kopf. »Du verblutest schon nicht«, sagte er und zog einen Hocker heran, auf den er Brunos Bein legte. »Bleib einen Moment still sitzen. Dort drüben ist ein Erste-Hilfe-Kasten.«
    Bruno sah zu, wie Pavel durch die Küche ging, den grünen Erste-Hilfe-Kasten aus dem Schrank holte und eine kleine Schüssel mit Wasser füllte, das er zuerst mit dem Finger testete, um sicherzustellen, dass es nicht zu kalt war.
    »Muss ich ins Krankenhaus?«, fragte Bruno.
    »Aber nein«, sagte Pavel und kniete sich wieder hin. Er tauchte ein trockenes Tuch in die Schüssel und tupfte es sanft auf das verletzte Knie, worauf Bruno schmerzvoll das Gesicht verzog, obwohl es eigentlich gar nicht so wehtat. »Ist nur ein kleiner Schnitt. Der muss nicht einmal genäht werden.«
    Bruno runzelte die Stirn und biss sich nervös auf die Lippe, während Pavel die Wunde reinigte und anschließend ein anderes Tuch ein paar Minuten ziemlich fest auf das Knie drückte. Als er es vorsichtig wegnahm, war die Blutung gestillt, und er holte ein Fläschchen mit grüner Flüssigkeit aus dem Erste-Hilfe-Kasten und betupfte damit die Wunde, die ziemlich heftig brannte und Bruno mehrmals schnell hintereinander »aua« sagen ließ.
    »Ist doch nicht so schlimm«, sagte Pavel, aber leise und freundlich. »Du machst es nur schlimmer, wenn du denkst, dass es schmerzhafter ist als in Wirklichkeit.«
    Irgendwie leuchtete das Bruno ein und er widerstand dem Bedürfnis, aua zu sagen. Als Pavel mit dem Auftragen der grünen Flüssigkeit fertig war, nahm er ein Stück Mull aus dem Erste-Hilfe-Kasten und klebte es mit Pflaster auf den Schnitt.
    »So!«, sagte er. »Schon besser, wie?«
    Bruno nickte und schämte sich ein bisschen, weil er sich nicht so mutig verhalten hatte, wie er es sich gewünscht hätte. »Danke«, sagte er.
    »Gern geschehen«, sagte Pavel. »Jetzt musst du noch ein paar Minuten sitzen bleiben, bevor du wieder herumläufst, in Ordnung? Die Wunde muss sich erholen. Und geh heute nicht mehr in die Nähe dieser Schaukel.«
    Bruno nickte und ließ sein Bein ausgestreckt auf dem Hocker liegen, während Pavel zur Spüle ging, um sich die Hände sorgfältig zu waschen, er scheuerte sogar mit einer Drahtbürste unter den Fingernägeln, bevor er sie abtrocknete und zu den Kartoffeln zurückkehrte.
    »Erzählst du Mutter, was passiert ist?«, fragte Bruno, dem seit einigen Minuten die Frage durch den Kopf ging, ob man ihn als Held sehen würde, der einen Unfall erlitten, oder als einen Gauner, der eine Todesfalle gebaut hatte.
    »Ich denke, das sieht sie selbst«, sagte Pavel, der jetzt mit den Karotten zum Tisch kam, sich Bruno gegenübersetzte und anfing, sie auf einer alten Zeitung zu schälen.
    »Ja, wahrscheinlich«, sagte Bruno. »Vielleicht will sie mit mir zum Arzt gehen.«
    »Das glaube ich nicht«, entgegnete Pavel leise.
    »Man kann nie wissen«, sagte Bruno, denn er wollte nicht, dass sein Unfall allzu leichtfertig heruntergespielt wurde. (Immerhin war er so ziemlich das Aufregendste, was ihm seit seiner Ankunft hier widerfahren war.) »Es könnte schlimmer sein, als es aussieht.«
    »Ach was«, sagte Pavel, der Bruno kaum zuzuhören schien, so sehr beanspruchten die Karotten seine Aufmerksamkeit.
    »Woher willst du das wissen?«, fragte Bruno schnell, denn obwohl dies der gleiche Mann war, der ihn draußen vom Boden aufgehoben, ihn hereingebracht und sich um ihn gekümmert hatte, ärgerte er sich langsam über ihn. »Du bist doch kein Arzt.«
    Pavel unterbrach kurz das Karottenschälen und schaute über den Tisch zu Bruno; er hielt den Kopf gesenkt, aber die Augen blickten nach oben, so als würde er über eine Antwort nachdenken. Dann seufzte er und überlegte noch eine Weile, ehe er sagte: »Doch, das bin ich.«
    Bruno starrte ihn verwundert an, denn für ihn ergab das keinen Sinn. »Aber du bist doch Kellner«, sagte er langsam. »Und du putzt Gemüse für das Abendessen. Wie kannst du dann ein Arzt sein?«
    »Junger Mann«, sagte Pavel (und Bruno rechnete es ihm hoch an, dass er die Höflichkeit

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