Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Junge im Mond: Wie mein Sohn mir half, die Welt zu verstehen (German Edition)

Der Junge im Mond: Wie mein Sohn mir half, die Welt zu verstehen (German Edition)

Titel: Der Junge im Mond: Wie mein Sohn mir half, die Welt zu verstehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Brown
Vom Netzwerk:
immer tue, senkte meinen Kopf auf seine Augenhöhe und stieß ganz leicht mit meinem Kopf ohne Helm an seinen Kopf mit Helm und sagte: » Alayalayalayalay «, was ich immer sage, und dann zog ich ihn noch näher und schob meinen Mund dicht an sein Ohr. Es fühlte sich wichtig an, aber auch, als würde ich mit einem Backstein sprechen. Ich sagte: Es tut mir leid, was ich über Colin gehört habe und vermisst du es, wie er am Fernseher auf diesem kleinen Hocker kauert? und ich weiß, dass ihr Freunde wart und bei ihm durftest du im Wege stehen. Das ist wirklich nett von ihm gewesen, weißt du, dass er nichts dagegenhatte, dass du ihm im Wege standst und Colin hat nie jemanden angeschaut, aber er wusste immer, wenn jemand da war, oder? und er wusste immer, dass du da warst. Dann machte ich eine Pause und wartete. Walker sah mich ganz direkt an. Ich sagte, ein bisschen lauter: Vielleicht ist es jetzt besser für ihn, er hatte starke Schmerzen und war sehr krank und weißt du noch, dass er, wenn wir seinen Namen riefen oder hallo sagten, nie aufsah, aber wir haben hinterher immer mitgekriegt, dass er geschaut hat, geschaut und gelächelt, weißt du noch, wie dankbar er war? und er war ein guter Junge, Walkie, und er war froh, dass du sein Freund warst, und er muss dir fehlen, ich weiß, wie traurig das ist, aber keine Sorge, manchmal muss man traurig sein. Ich sagte noch lauter andere Sachen, aber ich kann mich jetzt nicht mehr an sie erinnern. Schließlich sagte ich: Ich weiß nicht, wo er jetzt ist, aber das bedeutet nicht, dass du dich nicht mehr an ihn erinnern kannst. Jedenfalls tut es mir sehr leid, Bubby, dass dein Freund gestorben ist. Dann strich ich ihm wieder über den Rücken. Er wirkte – und ich gebe zu, dass das alles sehr subjektiv ist – irgendwie erleichtert. Etwas in seinen Augen wurde weicher. Sein Atem ging langsamer. Konnte es das sein, was er mir hatte sagen wollen?
    Ich sagte das alles ganz leise, damit Olga es nicht hörte und dachte, ich hätte den Verstand verloren, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie es ohnehin gehört hat. Ich weiß immer noch nicht, warum ich es gesagt habe, aber ich wollte es lieber gesagt haben, als es nicht gesagt zu haben – falls er hörte und verstand.
    Zwei Tage später brachte ich ihn zurück ins Heim. Tanya, eine junge Frau aus der Karibik, die von vier Uhr nachmittags bis elf Uhr abends auf Walker aufpasste, wartete schon, als wir hereinkamen, auch Trish, seine Nachtbetreuung, wartete.Tanya war schon sechs Monate für Walker zuständig, eine lange Zeit: Es gab Phasen, in denen sich die Betreuer die Klinke in die Hand gaben, zwei Wochen jeweils, bevor sie aus Verzweiflung aufgaben, weil er zu viel weinte oder sich zu oft den Schädel anschlug. Trish war noch ungewöhnlicher: Sie war angestellt worden, um nachts auf Walker aufzupassen, als er in das Haus eingezogen war, und das war jetzt drei Jahre her. Sie kannte Walker so gut wie eine Mutter ihr eigenes Kind. Jeden Abend steckte Tanya ihn in seinen Power-Rangers-Pyjama, worauf Trish ihn dann übernahm. Am Morgen kam dann Tyna, die Leiterin des Wohnheims, zu ihm und übte zwanzig Minuten lang Zeichensprache mit ihm, während er vor der Schule auf der Toilette saß. Sie versuchte ihm schon die ganze Zeit das Zeichen für »Spielen« beizubringen (eine ausgestreckte Hand). Es lief nicht gut, aber sie gab nicht auf. Zuhause versuchte ich ihm die abgewandelten Zeichen für »Stop« beizubringen (eine Hand hackt auf die andere), für »ja« (eine Faust, die auf und nieder gedreht wird), für »nein« (der Kopf, der geschüttelt wird), für »Liebe« (Hand aufs Herz) und »Freund« (eine Berührung an der Brust). Sie schienen Worte zu sein, die er vielleicht gebrauchen könnte. Er war nicht sehr gut darin, aber ich auch nicht. Ich machte ein Zeichen, und daraufhin lachte er schallend, und anschließend ignorierte er mich. Es war, als würde man für einen Chef arbeiten, der immer an etwas Wichtigeres zu denken schien. Die einzige Art, Walker während der Lektionen über Zeichensprache bei der Stange zu halten, war, die ganze Zeit zu reden , während ich mit Armen und Händen gestikulierte. Er mochte das aus dem gleichen Grund, aus dem er mehr zu den Betreuern im Haus als zu den anderen Bewohnern neigte: Keiner der Bewohner konnte sprechen, aber Walker fühlte sich vom Klang der menschlichen Stimme angezogen. Er konnte bloß seine eigene nicht beherrschen.
    Warum konnte er Zeichensprache nicht lernen? Es gibt

Weitere Kostenlose Bücher