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Der Junge im Mond: Wie mein Sohn mir half, die Welt zu verstehen (German Edition)

Der Junge im Mond: Wie mein Sohn mir half, die Welt zu verstehen (German Edition)

Titel: Der Junge im Mond: Wie mein Sohn mir half, die Welt zu verstehen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Brown
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genau, was ich tun sollte.Später bekam ich einen Brief vom St. Michaels College in Toronto: Wollen Sie kommen und unterrichten? Und es war interessant.« 1963, mit vierunddreißig Jahren, hatte Vanier die Disputation zu seiner Inauguraldissertation ( Glück: Prinzipien und Ziele der Aristotelischen Moral) an der Universität von Toronto bestanden und war ein beliebter akademischer Lehrer mit einem wissenschaftlichen Interesse an der Ethik der Freundschaft. »Aber ich wusste, dass Lehren nicht so mein Ding war. Da war etwas in mir, das wollte, dass ich mich Menschen und nicht Ideen widmete.« Er verbrachte eine Menge Zeit damit, die Randbezirke der Gesellschaft zu studieren – besonders die Gefängnisse in der Nähe Ottawas, wo er mit den Insassen, Wärtern, Direktoren und Gefängnispsychologen gleichermaßen zu beten begann. »Nach einer Weile wusste niemand mehr [während der Gebetsgottesdienste] wer ein Gefangener und wer ein Wärter war«, schrieb er später. Es war seine erste Erfahrung eines nicht-hierarchischen Lebens – ein frühes Modell für das, was später L’Arche wurde, mit seinen Bewohnern und Assistenten, die Seite an Seite, als Gleiche zusammen lebten. Da er in der vom Protokoll beherrschten diplomatischen Gemeinde und auf einer Militärakademie aufgewachsen war, war eine kastenlose Gesellschaft eine Offenbarung für ihn.
    Im Sommers 1963, nachdem das akademische Jahr in Toronto beendet war, besuchte Vanier seinen alten spirituellen Mentor, Père Thomas. Thomas hatte sich nach einer Meinungsverschiedenheit mit dem Vatikan vom Unterrichten zurückgezogen und diente damals als Kaplan in Le Val Fleuri, einer kleinen Einrichtung für Männer mit Entwicklungsverzögerung in dem winzigen Dorf Trosly-Breuil. »Ich hatte ein bisschen Angst«, sagte Vanier über seinen ersten Besuch, »weil – na ja, wie soll man sich Leuten mitteilen, die nicht oder nur schlecht sprechen können?«
    Aber seine Begegnungen mit den geistig fragilen Männern von Trosly waren das Gegenteil von beängstigend. »Was mich berührte, war, dass jeder, auf die eine oder andere Art, sagte: › Liebst du mich? Und willst du mein Freund sein? ‹ Ich fand sie so anders als meine Studenten an der Universität. Meine Studenten wollten meinen Kopf und dann wieder gehen, um einen Beruf zu finden, Geld zu verdienen, eine Familie zu gründen. Aber hier war es anders. Ich glaube, ihr Ausruf – › Willst du mein Freund sein? ‹ – hat die Dinge in mir in Bewegung gebracht. Ich glaube, ich suchte nach einem Ort, für den ich mich ganz und gar einsetzen konnte.
    Dies waren die Jahre von Martin Luther King«, fuhr Vanier fort. »Er wollte die befreien, die unterdrückt waren. Ich glaube, mein Eindruck von Menschen mit Behinderungen war, dass sie zu den am meisten unterdrückten Menschen auf dieser Welt gehörten. Ich nehme an, dass irgendwo in den Anfängen von L’Arche im Kern auch die Sehnsucht nach Befreiung gehörte, die Sehnsucht, sie zu befreien.
    Es schien offenkundig. Das war die Zeit in Kanada, als es ganze zwanzig Einrichtungen für Behinderte in Ontario gab. Hier in Frankreich herrschte das gleiche Bild. Und ich hatte Einrichtungen besucht, in denen tausend Leute mit Behinderungen zusammen gepfercht lebten. Und ich dachte: Was bedeutet das alles? Und so war mein Gedanke, lass uns doch ein Haus finden. Und warum nicht zwei Leute reinholen? Und sehen, was passiert? In gewisser Weise bin ich naiv. Und ich mag das Risiko. Und wenn man Naivität und Risiko zusammenpackt, dann erhält man L’Arche.« 4
    Ein kleines Haus war im Zentrum von Trosly-Breuil zu bekommen. Vanier kaufte es. Das Haus war so primitiv, dass es drinnen keine Toilette besaß. Am 6. August 1964 zog er mit drei geistig behinderten Männern dort ein (einer erwies sich schnell als überfordert und zog wieder aus). Keiner der beiden übrigen Männer, Raphael und Phillippe, konnte sprechen. Vanier einziger anderer Pluspunkt war ein unzuverlässiger Renault, mit dem er und seine Gefährten übers Land fuhren und die Gegend erforschten.
    »Ich kann sagen, dass ich in dem Moment, wo ich anfing, wieder zum Kind wurde. Ich konnte lachen, wir hatten Spaß. Wir saßen am Tisch und alberten herum. Bis dahin war ich ein sehr ernster Mensch gewesen. Als Marineoffizier ist man wirklich ernst. Man weiß, wie man Leuten Befehle erteilt. Dann, als ich begann zu unterrichten, war ich ebenfalls ernst: Man muss den Eindruck erwecken, dass man Bescheid weiß, wenn man

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