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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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der Schrift in den Büchern, nach ihren Werken. Und das Meer gab die Toten, die darinnen waren, und der Tod und die Hölle gaben die Toten, die darinnen waren. Und sie wurden gerichtet, ein Jeglicher nach seinen Werken.«
    »Wir übergeben dir, o Herr, den Leib von Mr. Richard Baffin, Captain's Servant. Es wird gesäet ein natürlicher Leib und wird auferstehen ein geistlicher Leib.«
    Die Männer des Segelmachers hoben das Brett am Kopfende hoch und unter der Flagge hindurch glitt der Leichnam in die See.
    David schluckte krampfhaft, zwang die Gesichtsmuskeln zur Starre und konnte doch nicht verhindern, daß die Tränen über sein Gesicht rannen. Er sah nur verschwommen, wie ein Leichnam nach dem anderen unter die Flagge auf das Brett gelegt wurde und der Kapitän mit fester Stimme die Worte des Trauerrituals sprach.
    Der alte Stückmeister war es, der nach Schluß der kurzen Feier seinen Arm nahm: »Kommen Sie, Mr. Winter. Wir alle müssen diesen Weg gehen, und es ist an Gott, die Stunde zu bestimmen. Wollen Sie mit ihm rechten? Des Königs Dienst ist ein harter Dienst. Gott hat uns dafür auserwählt. Tun wir ihm Ehre an. Die Mannschaft sieht auf Sie und sucht bei Ihnen Kraft. Die Männer mögen rauh und stark erscheinen, aber in Wirklichkeit warten sie auf Ihr Vorbild. Tun Sie Ihre Pflicht, Mr. Winter!«
    David wurde Herr seines Schmerzes. Später, in ähnlichen Situationen, mußte er immer an die leise, eintönige Sprache des alten Stückmeisters denken, die ihm Trost und Kraft gegeben hatte.
    Den ganzen Nachmittag kreuzten die Schiffe gegen den Wind zu dem Meeresarm zurück, der die Schebecken verborgen hatte. Das Land war nur vom Masttopp aus zu ahnen.
    Der Ausguck meldete einmal, daß die Barkasse bei einem Fischerboot angelegt habe. Das Fischerboot segele jetzt der Schebecke voraus. Die Barkasse sei im Schlepp der Schebecke. Diese führe eine grüne Flagge mit Stundenglas, Schwert und Totenkopf.
    Als sie sich abends dem Land näherten, ließ der Kapitän diese Flagge auch auf der Fregatte über dem Union Jack hissen. Gerüchte durchschwirrten das Schiff. Von Piraten war die Rede, die ihr Leben retten wollten und die Schebecke und das Landungskommando zu ihrer Basis führen sollten.
    Eine Stunde vor Beginn der Dämmerung wurde die Besatzung leise geweckt. Das Kombüsenfeuer war gelöscht, und es gab nur Zwieback und Dünnbier. Die Fesseln der Gefangenen wurden noch einmal kontrolliert, und sie wurden zusätzlich geknebelt. Leise wurde der Befehl weitergegeben: »Klar Schiff zum Gefecht!«
    Die Restbesatzung lud nacheinander die Geschütze an beiden Seiten, rannte sie aber nicht aus. Die Decks wurden gewässert und mit Sand bestreut. Die Männer kauerten sich an den Kanonen nieder. An Deck und in den Wanten durften nur Leute zu sehen sein, die mit Turban oder Tüchern maskiert waren.
    Als das Grau des Morgens heller wurde, glitten sie eine halbe Seemeile hinter der Schebecke in den Meeresarm. Sorgfältig wurde gelotet, aber die Wassertiefe wurde nicht ausgerufen, sondern über eine Melderkette zum Achterdeck geflüstert. Der Meeresarm wurde zum Fluß. Dichte Urwälder wuchsen an beiden Seiten. Süßlich-faulig drang der Geruch in Schwaden zum Schiff. Nach einer Flußbiegung machte die Schebecke in Ufernähe fest. Boote schwärmten zum Ufer. Piratenfahnen wurden geschwenkt, Trommeln geschlagen. Eine Menschentraube marschierte in der Morgensonne landeinwärts.
    Ruhelos ging Kapitän Brisbane auf dem Achterdeck auf und ab. Als sie in die Nähe der Schebecke gelangten, befahl er die Geschütze auszurennen, aber weiter verborgen zu bleiben.
    Am Ufer war Charles Haddington hinter Mr. Morsey aus dem Boot gesprungen und an Land gewatet. Angespannt spähte er in die Büsche am Rande des Weges, der zum Piratenfort führte. Dann winkten Mr. Morsey und er die Männer heran. Die Überläufer von den Piratenschiffen, die die Basis an Land verraten hatten, um ihr Leben zu retten, gingen voran. Dünne Stricke schlangen sich um ihren Hals, und im Rücken spürten sie die Pistolen ihrer Bewacher.
    »Einen falschen Laut, und wir pusten euch in die Hölle«, knurrte Haddington.
    Die Matrosen, die sich als Piraten verkleidet hatten, umringten die anderen, die die Gefangenen spielten, und trieben sie fluchend und stöckeschwingend voran. Die ›Gefangenen‹ trugen die Hände auf dem Rücken, als seien sie gefesselt. In Wirklichkeit hielten sie krampfhaft ihre Waffen auf dem Rücken versteckt.
    Mr. Morsey, an der Spitze des Zuges,

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