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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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Sir.« Mr. Morsey rief die Deckoffiziere, um die Manöver einzuleiten.
    Viel Schweiß wurde vergossen, viele Befehle und Flüche wurden gebrüllt, bis sich die Fregatte und die Schebecke aus der Flußmündung herausquälten und von der Küste freisegelten. Das Fischerboot blieb zurück, wieder von seiner eingeborenen Mannschaft übernommen.
    An Bord der Fregatte kam erneut Ordnung in das Chaos.
    Kapitän Brisbane zog mit Mr. Morsey, der die Aufgabe des Ersten Offiziers wahrnahm, Bilanz. »Wir haben vierzehn Gefangene befreit: Mr. MacMillan mit Frau, Tochter und Zofe, den Kapitän, einen Fahrgast und zwei Matrosen der Postbrigg, den ersten und zweiten Maat von der Marie Hinrichs aus Husum sowie den Kapitän, zwei Maate und einen Schiffsarzt von einem holländischen Sklavenhändler. Die Holländer sind am längsten in Gefangenschaft gewesen und am schwächsten. Aber Mr. Lenthall versicherte mir, daß sie in zwei Tagen wieder erholt sein werden. Alle anderen Besatzungsmitglieder haben die Piraten abgeschlachtet. Aus den Überlebenden wollten sie Lösegeld erpressen. – Außer der Familie MacMillan und dem anderen Fahrgast sollten wir alle befreiten Seeleute an Bord der Schebecke bringen. Wir haben bei den gefangenen Piraten hier keinen rechten Platz. Und ich werde die Kapitäne und Maate bitten, daß sie dort die Wachen übernehmen und Mr. Grant entlasten, der noch Schonung braucht.«
    Am frühen Nachmittag näherten sich Schebecke und Fregatte unter gekürzten Segeln auf Rufweite und vereinbarten den Austausch. Der Kutter brachte die befreiten Seeleute und Mr. Lenthall zur Schebecke. Der sah noch einmal nach Mr. Grants Fleischwunde, die glatt zu verheilen schien, und verabredete mit seinem holländischen Kollegen die weitere Behandlung. Auf dem Rückweg nahm der Kutter die Seesoldaten mit, die noch auf der Schebecke gewesen waren und nun auf der Fregatte zur Bewachung der Piraten gebraucht wurden.
    Susan MacMillan beobachtete das Hin und Her mit lebhaftem Interesse. Ihr Gesicht war von der Seeluft gerötet, ihre Augen strahlten, vergessen schienen Gefangenschaft und Angst.
    Die ›Jungen Gentlemen‹ genossen die ungewohnte Abwechslung und suchten ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Aber ihr Vertrauter war David, den sie immer wieder um Erklärungen bat. Seine Gefährten beobachteten mit wachsender Eifersucht, wie aus Miß MacMillan und Mr. Winter Susan und David wurden und wie Lachen und Berührungen der Hände sich häuften.
    Schließlich erschien Mrs. MacMillan und sagte zu David: »Gerade habe ich vom Kapitän gehört, daß Sie vor zwei Tagen in einem schweren Gefecht die Schebecken niedergekämpft haben. Er sprach mit Anerkennung von Ihnen, Mr. Winter!«
    David durchfuhr es wie ein Schock. Gestern erst war der Leichnam seines Freundes Richard der See übergeben worden, und er hatte in den letzten Stunden überhaupt nicht mehr an ihn gedacht, hatte gelacht und gescherzt und sich wohl gefühlt in Susans Gegenwart. Was war er doch für ein oberflächlicher, gefühlloser Freund!
    Susan spürte seinen Stimmungsumschwung und fragte: »War es so schlimm, David?«
    David nickte: »Nicht für mich, aber für meinen Freund. Ich mag jetzt nicht darüber sprechen!«
    Wie auf ein Stichwort erschien Harry Simmons: »Wenn die Damen gestatten, Mr. Winter soll sich beim Kapitän melden!«
    David bat um Entschuldigung und eilte zur Kajüte, sein Gedächtnis nach einem dienstlichen Vergehen zermarternd. Der Seesoldat vor der Kajüte ließ ihn mit unbewegtem Gesicht passieren, deutete aber gleich auf die Tür zur Kartenkammer.
    Der Kapitän empfing ihn freundlich und in gewohnter Kürze: »Mr. Winter, Sie haben sich in unserem kleinen Gefecht tapfer gehalten. Auch sonst scheinen Sie Ihre Sache nicht übel zu machen. Durch Mr. Baffins Tod ist eine der mir zustehenden Stellen als Captain's Servant frei geworden. Ich übernehme Sie auf diese Stelle, und Mr. Morsey kann über seine Stelle wieder verfügen. Tun Sie dem Dienst des Königs Ehre an und vergessen Sie nicht, von Gibraltar aus Ihrem Onkel zu schreiben. Immer erhalte ich Vorwürfe, daß die jungen Herren zu schreibfaul sind. Das wär's, Mr. Winter!«
    »Aye, aye, Sir!« erwiderte David und zog sich zurück. Nun beerbte er auch noch seinen Freund Richard, für den er so wenig Gedanken erübrigt hatte.
    Der Abend brachte zwei sehr unterschiedliche Veranstaltungen an Bord. Die eine war die Einladung des Kapitäns für die Familie MacMillan und den anderen befreiten Passagier, einen

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