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Der junge Seewolf

Titel: Der junge Seewolf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam Frank
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sagte: »Jetzt in der Nacht hört Sie doch keiner. Aber ein Wort, und ich schneide Ihnen die Kehle durch.«
    Drohend hob er sein Messer, stapfte nach vorn, und die Fahrt ging weiter. David mußte irgendwann eingeschlafen sein, bis ihn die Morgenkälte weckte. Als die Sonne aufging, wurde es wärmer, doch nun knurrte der Magen.
    Sein Entführer schien nicht die Absicht zu haben, ihm Essen zu geben, obwohl David hörte, wie er selbst etwas aß.
    Als David rief, daß er austreten müsse, antwortete der Schulmeister nur: »Machen Sie sich ruhig in die Hosen. Der Karren hält das schon aus«, und er lachte schallend über seinen ›Scherz‹.
    Es mußte schon gegen Mittag sein, als der Schulmeister hastig hinten auftauchte, David den Knebel in den Mund steckte, das Messer zeigte und drohte: »Keinen Laut – sonst!«
    Einige Minuten später war Hufgetrappel zu hören, das am Karren stoppte.
    »Nanu, was tun Sie denn hier? Wollen ihre Kinder nichts mehr lernen?«
    Der Schulmeister redete etwas vom kranken Onkel und daß er den Kindern ja eine Freude bereite.
    Gelächter war zu hören und dann eine Stimme: »Guter Mann, liegt der Schoner Cerberus noch in Whitehaven?« Das war doch Leutnant Barnes!
    David spannte alle Kräfte an, schlug mit dem Hinterkopf und Hacken gegen die Ladefläche, stöhnte und brummte. Erstaunte Rufe, eine Hand, die das Heu zur Seite schob.
    »Ein Gefangener!«
    Leutnant Barnes trat ins Bild: »Mein Gott, das ist ja David Winter!«
    Sie nahmen ihm den Knebel aus dem Mund und schnitten die Fesseln durch, während andere den Schulmeister festhielten. Hastig erzählte David seine Geschichte.
    Der Schulmeister gab alles zu und schrie: »Wir werden euch doch aus dem Land jagen, ihr Tyrannenknechte! Es lebe die Freiheit!«
    Der Anführer des Trupps deutete auf einen Strick und einen Baum. Zwei Reiter rissen den Schulmeister unter den Ast, befestigten die Schlinge, zogen den Mann mit ihren Pferden in die Höhe und banden das Seil am Baumstamm fest, ohne sich um das zuckende Bündel Mensch zu kümmern.
    Entsetzt sah David dieser Lynchjustiz zu.
    »Ja, Mr. Winter«, sagte Barnes leise neben ihm, »dies ist kein ritterlicher Krieg, sondern grausamer Brudermord. Die Rebellen verhalten sich nicht anders, berichtete man mir. Aber Sie sollten sehen, daß Sie nicht dauernd in solche Schwierigkeiten geraten. In der Alfama und hier konnte ich Ihnen helfen, aber rechnen Sie nicht immer mit mir!«
    David dankte Mr. Barnes und dem Führer des Loyalistentrupps und bestieg ein Pferd, während ein Reiter des Trupps den Ochsenkarren zurückführte.
    Leutnant Barnes hatte die Gelegenheit zu einem zweitägigen Ausflug in das Land benutzt, als er sich dem Reitertrupp anschloß, der die Werbezettel für die Shannon zur Küste brachte. Sein Sergeant und seine Soldaten drillten inzwischen die Loyalisten in der Handhabung von Musketen und Bajonetten.
    »Willig sind sie ja und begeistert für die Sache des Königs, aber ungeübt und ziemlich undiszipliniert«, faßte Barnes zusammen.
    Als sie am Nachmittag in Whitehaven eintrafen, war die Cerberus nicht mehr da. Die Bürger waren entsetzt über die Tat des Schulmeisters. Exzentrisch und geltungssüchtig sei er ja immer gewesen, aber Verrat und Entführung habe man ihm nicht zugetraut.
    Der Bürgermeister hatte bald ein Boot bereit, das der Cerberus folgen und sie ohne Schwierigkeiten in Fishing Bay finden sollte.
    Bevor sie ablegen konnten, erschien die Frau des Schulmeisters mit ihrem Sohn und bat David: »Nehmen Sie ihn mit als Schiffsjungen, damit er in Strenge und Gottesfurcht erzogen wird. Er ist ein guter Junge und kann nichts für die wirren Ideen seines Vaters. Ich muß hier fort und mir in Baltimore, wo wir herstammen, ein Auskommen suchen. In diesem Land mit Streit und Brudermord kann ich ihn nicht ernähren und nicht aufziehen. Er weiß, daß er mich über den Pfarrer der dortigen Trinity-Church erreichen kann. Bitte, Sir!«
    David wußte nicht, was er sagen sollte. »Ja, willst du denn zur See?« fragte er schließlich den Jungen. Der nickte tapfer unter Tränen.
    Der Bürgermeister meinte: »Es ist wohl am besten so. Mary ist eine tapfere Frau und Edmond ein guter Junge!«
    Also stieg der zehnjährige Bursche an Bord des Fischerbootes, David verabschiedete sich von Leutnant Barnes und den Bürgern, und sie legten ab.
    Das kleine Boot segelte leicht durch die etwas kabbelige See und änderte in der Höhe der Clay-Insel Kurs nach Norden, um in die Fishing Bay

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