Der Junker von Ballantrae
lächelte ihm manchmal ins Gesicht.
»Ich glaube, ich bin der Teufel, und Sie sind Michael Scott«, sagte ich ihm eines Tages, »ich habe den Tweed überbrückt und die Eildons gespalten, und jetzt setzen Sie mich auf den nackten Sand.«
Er schaute mich mit blitzenden Augen an und sahwieder fort, während seine Kinnladen sich bewegten, ohne daß er ein Wort sprach.
»Nun gut, mein Lord«, sagte ich, »Ihr Wille ist mein Vergnügen. Ich werde diese Arbeit zum viertenmal machen, aber ich möchte Sie bitten, mir morgen eine andere Aufgabe zu stellen, denn bei meiner Ehre, ich habe diese hier satt.«
»Sie wissen nicht, was Sie sagen«, erwiderte der Lord, setzte seinen Hut auf und wandte mir den Rücken. »Es ist sonderbar, daß es Ihnen Vergnügen bereitet, mich zu ärgern. Ein Freund – aber das ist eine andere Sache. Es ist sonderbar. Ich bin ein Mann, der sein Leben lang Unglück gehabt hat, und noch immer bin ich von Ränken umgeben. Überall stellt man mir Fallen«, schrie er. »Die ganze Welt ist gegen mich verschworen!«
»Ich würde nicht solch gottlosen Unsinn reden, wenn ich Sie wäre«, sagte ich, »aber ich will Ihnen sagen, was ich tun würde: ich würde meinen Kopf in kaltes Wasser stecken, denn Sie waren gestern nacht schwerer geladen, als Sie es vertragen können.«
»Glauben Sie das wirklich?« sagte er im Tonfall höchsten Interesses. »Würde das gut für mich sein? Ich habe es nie versucht.«
»Ich entsinne mich der Tage, da Sie es nicht nötig hatten, und ich wünschte, mein Lord, sie kehrten wieder«, antwortete ich. »Aber die reine Wahrheit ist, daß Sie Unheil treffen wird, wenn Sie fortfahren zu trinken.«
»Es scheint, als ob ich Alkohol nicht mehr so gut wie früher vertragen kann«, entgegnete der Lord, »ich bekommeleicht zuviel, Mackellar, aber ich werde mich besser vorsehen.«
»Darum möchte ich Sie bitten«, erwiderte ich. »Sie sollten daran denken, daß Sie der Vater Mr. Alexanders sind. Sorgen Sie dafür, daß das Kind seinen Namen mit Stolz tragen kann.«
»Ja, ja«, sagte er, »Sie sind ein sehr vernünftiger Mensch, Mackellar, und stehen seit langer Zeit in meinen Diensten, aber ich denke, wenn Sie mir nicht mehr zu sagen haben, will ich gehen. Haben Sie mir noch etwas zu sagen?« fragte er mit jener hitzigen und kindischen Aufgeregtheit, die ihn jetzt so oft befiel.
»Nein, mein Lord, ich habe nichts mehr zu sagen«, antwortete ich ziemlich trocken.
»Dann werde ich also gehen«, sagte der Lord und stand da und blickte mich an, indem er mit dem Hut spielte, den er wieder abgenommen hatte. »Sie wollen wohl nichts besorgt haben? Nein? Ich habe mich mit Sir William Johnson verabredet, aber ich werde mich vorsehen.«
Er schwieg eine Weile und sagte dann lächelnd: »Erinnern Sie sich an einen Ort, Mackellar – etwas unterhalb Eagles –, wo der Bach sehr tief zwischen einem Gehölz von Ebereschen rinnt? Als Knabe war ich dort, wie ich mich entsinne – o Gott, es kommt über mich wie ein altes Lied! – ich angelte und machte einen guten Fang. Ach, wie glücklich war ich damals. Es wundert mich, Mackellar, warum ich jetzt nie mehr glücklich bin!«
»Mein Lord«, sagte ich, »wenn Sie mäßiger tränken, hätten Sie bessere Aussichten darauf. Es ist ein altes Sprichwort, daß die Flasche eine schlechte Trösterin ist.«
»Ohne Zweifel«, erwiderte er, »ohne Zweifel. Nun, ich denke, ich muß gehen.«
»Guten Morgen, mein Lord«, sagte ich.
»Guten Morgen, guten Morgen«, sagte er und ging schließlich aus dem Zimmer.
Ich führe das als Beispiel an dafür, wie der Lord sich morgens meistens benahm, und ich muß meinen Herrn sehr schlecht beschrieben haben, wenn der Leser nicht bemerkt, daß es stark mit ihm bergab ging. Den Mann so fallen zu sehen, zu wissen, daß er von seinen Kumpanen als armer, verwirrter Trottel willkommen geheißen wurde, wenn er überhaupt willkommen war, nur aus Rücksicht auf seinen Titel, und dann sich seiner Fähigkeiten und seines Mutes zu erinnern, den er allen Zufällen des Glückes entgegensetzte: war das nicht zum Verzweifeln und eine starke Demütigung?
Er wurde immer ausschweifender im Trinken. Ich will nur eine Szene kurz vor dem Ende anführen, die bis heute lebhaft in meinem Gedächtnis haftet und die mich damals fast mit Entsetzen erfüllte.
Ich war im Bett und lag wach, als ich ihn stolpernd und singend die Treppe heraufkommen hörte. Der Lord war unmusikalisch, sein Bruder besaß alle Gaben der Familie, so daß, wenn ich
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