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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Händler«, in einem Boot den Fluß hinaufgefahren. Ich fürchtetefast das beobachtende Auge des Wirtes, so stark empfand ich, daß mein Herr in diese Angelegenheit verwickelt sei. Doch ich beherrschte mich und sagte nur, daß ich den Kapitän oberflächlich kenne, aber Mr. Mountain nicht, und ich fragte, wer sonst noch mitgefahren sei. Der Wirt wußte es nicht. Mr. Mountain war an Land gegangen, um einige notwendige Einkäufe vorzunehmen, er war kaufend, trinkend und schwätzend durch die Stadt gezogen, und es habe den Anschein gehabt, als werde die Gruppe Abenteuer erleben, denn er habe von großen Dingen gesprochen, die er unternehmen wolle, wenn er zurückgekehrt sei. Sonst war nichts bekannt, denn außer ihm war keiner an Land gekommen, und es schien, als ob sie es eilig hätten, einen bestimmten Ort zu erreichen, bevor der Schneefall einsetzte.
    Tatsächlich fielen am nächsten Tage sogar in Albany einige Flocken, aber das Wetter ging bald vorüber und war nur eine Warnung vor dem, was wir zu erwarten hatten. Ich machte mir damals wenig daraus, da ich von diesen rauhen Gegenden nicht viel wußte. Der Rückblick ist ganz anderer Art, und manchmal überlege ich mir, ob die furchtbaren Ereignisse, die ich jetzt erzählen muß, nicht teilweise zurückzuführen sind auf den finsteren Himmel und die stürmischen Winde, denen wir ausgesetzt waren, und auf die Todesangst, die wir in der Kälte erduldeten.
    Als das Schiff abgefahren war, glaubte ich zunächst, wir würden die Stadt verlassen. Aber nichts Derartiges geschah. Der Lord blieb in Albany, wo er offensichtlichnichts zu tun hatte, und hielt mich ebenfalls zurück, fern von meinen Pflichten, indem er mir Scheinaufträge gab. In dieser Beziehung erwarte ich Vorwürfe und verdiene sie vielleicht. Ich war nicht dumm genug, um mir nicht eigene Gedanken zu machen. Ich konnte nicht sehen, wie der Junker sich den Händen von Harris anvertraute, ohne eine geheime Verschwörung zu ahnen. Harris ging der Ruf eines Halunken voraus, und er war heimlich von dem Lord bestochen worden. Der Händler Mountain gehörte, wie ich erfuhr, zu derselben Sippschaft. Das Gerücht, sie seien hinausgezogen, um zusammengeraubte Schätze zu heben, reichte an sich schon hin, um allerlei faules Spiel zu vermuten, und der Charakter des Landes, in das sie vordrangen, verhieß Straflosigkeit für Bluttaten. Ja, es ist wahr, ich hatte alle diese Gedanken und Befürchtungen und erriet das Geschick des Junkers. Aber man bedenke, daß ich derselbe Mann war, der einst versuchte, ihn von der Schutzwehr des Schiffes auf hoher See hinunterzustürzen, derselbe Mann, der kurz zuvor in sündhafter Weise und ganz ernsthaft Gott einen Handel anbot und ihm antrug, mein Spießgeselle zu werden! Wahr ist es allerdings auch, daß ich sehr viel milder geworden war gegen unseren Feind. Aber das faßte ich immer als Schwäche des Fleisches und sogar als Schuld auf, während meine Seele stark blieb und ihm stets entgegenarbeitete. Wahr ist es ferner auch, daß es etwas anderes ist, Schuld und Gefahr eines verbrecherischen Anschlags auf die eigenen Schultern zu nehmen, als untätig zuzusehen, wie der Lord sich selbst in Gefahr brachte und sich besudelte.Doch eben das war der Grund meiner Untätigkeit. Denn wenn ich mich in die Dinge einmischte, würde es mir vielleicht mißlingen, den Junker zu retten, auf alle Fälle aber mußte ich den Lord ins Gerede bringen.
    So also tat ich nichts, und mit denselben Gründen muß ich auch heute noch mein Verhalten rechtfertigen. Wir lebten inzwischen in Albany, aber obgleich wir ganz allein an einem fremden Ort weilten, verkehrten wir wenig miteinander und führten nur die üblichen kurzen Gespräche. Der Lord hatte verschiedene Einführungsschreiben an angesehene Leute in der Stadt und ihrer Nachbarschaft mitgenommen. Andere Einwohner hatte er früher in New York kennengelernt, so daß er viel unterwegs war und, wie ich bedauerlicherweise sagen muß, ziemlich ausschweifend lebte. Ich war oft schon im Bett, schlief aber nie, wenn er zurückkehrte, und kaum eine Nacht verging, wo er nicht sichtlich unter dem Einfluß des Alkohols stand. Tagsüber legte er mir noch immer endlose Schreibarbeiten auf und zeigte sich höchst erfinderisch, sie immer wieder zu erneuern wie das Gewebe Penelopes. Ich weigerte mich nie, wie ich schon sagte, denn ich wurde dafür bezahlt, seine Aufträge auszuführen, aber ich bemühte mich auch nicht, mein Licht unter den Scheffel zu stellen, und

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