Der Junker von Ballantrae
Alexander sieben oder acht Jahre alt war, am Morgen jenseits des Hügels etwas zu erledigen hatte, und ich betrat das Gehölz auf dem Heimwege ungefähr um neun Uhr an diesem schönen Vormittag. Es war zu jener Zeit des Jahres, da die Bäume alle ihre Frühlingsfarben tragen, das Dorngestrüpp in Blüte steht und die Vögel am schönsten singen. Im Gegensatz zu dieser heiteren Umgebung war das Gehölz um so düsterer und ich durch die Erinnerungen, die es erweckte, um so mehr niedergeschlagen. In dieser Seelenverfassung überraschte es mich sehr unangenehm, etwas weiter vorn Laute zu hören und dieStimmen des Lords und Mr. Alexanders zu erkennen. Ich strebte vorwärts und wurde bald von ihnen bemerkt. Sie standen beisammen auf dem freien Platz, wo das Duell stattgefunden hatte, der Lord hatte die Hand auf die Schulter des Sohnes gelegt und sprach ziemlich ernst auf ihn ein. Jedenfalls glaubte ich beobachten zu können, daß seine Miene sich aufhellte, als er seinen Kopf hob und mir entgegenblickte.
»Ah!« sagte er, »dort kommt der gute Mackellar. Ich habe Sandie gerade die Geschichte dieses Ortes erzählt und von dem Manne gesprochen, den der Teufel in Versuchung führte, jemanden zu töten, und wie nahe er daran war, statt dessen den Teufel zu töten.«
Ich hielt es für sehr sonderbar, daß er das Kind zu diesem Platz führte, aber daß er die Tat selbst erwähnte, überstieg alles Maß. Jedoch das Schlimmste kam noch, denn er wandte sich an seinen Sohn und fügte hinzu: »Du kannst Mackellar fragen, er war dabei und sah es.«
»Ist das wahr, Mr. Mackellar?« fragte das Kind, »und haben Sie wirklich den Teufel gesehen?«
»Ich habe nichts von der Geschichte gehört«, erwiderte ich, »und ich habe es sehr eilig.«
Ich sagte das etwas bitter und kämpfte gegen die Verwirrung, in die ich geraten war. Und plötzlich überfiel meinen Geist der Schrecken der Vergangenheit und das Entsetzen jenes Ereignisses beim Kerzenlicht. Ich überlegte, daß dies Kind vor mir nie das Licht des Tages erblickt hätte, wenn die Parade damals sich umeine Sekunde verzögert hätte, und die Erregung, die stets in meinem Herzen zitterte, wenn ich dies dunkle Gehölz betrat, machte sich in Worten Luft. »So viel ist richtig«, rief ich aus, »daß ich den Teufel in diesem Wald antraf und ihn unterliegen sah. Dank sei Gott, daß wir mit dem Leben davonkamen, Dank sei Gott, daß in den Mauern von Durrisdeer ein Stein noch auf dem anderen ist! Und, oh! Mr. Alexander, wenn immer Sie an diesem Ort vorüberkommen, und wenn das auch nach vielen Jahren geschieht, und wenn Sie mit den fröhlichsten und höchstgestellten Persönlichkeiten des Landes kommen, ich würde beiseitetreten und ein kleines Gebet sprechen.«
Der Lord beugte ernst sein Haupt. »Ja«, sagte er, »Mackellar hat immer recht. Komm, Alexander, nimm deine Mütze ab.« Und damit entblößte er sein Haupt und streckte seine Hand aus. »O Herr«, sagte er, »ich danke dir, und mein Sohn dankt dir für deine tausendfältige Gnade. Laß uns eine Weile Frieden haben, behüte uns vor dem bösen Menschen. Wirf ihn nieder, o Herr, auf seinen lügnerischen Mund!« Der letzte Satz brach aus ihm hervor wie ein Schrei, und damit wurde er plötzlich ganz stumm, sei es nun, daß Erinnerung und Zorn seine Lippen schlossen, oder daß er begriff, wie sonderbar ein solches Gebet sei. Nach einer Weile setzte er seinen Hut wieder auf.
»Ich glaube«, sagte ich, »Sie haben etwas vergessen, mein Lord: Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern, denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.«»Ach, das ist leicht gesagt«, erwiderte der Lord, »das ist sehr leicht gesagt, Mackellar. Aber ich und verzeihen! Ich glaube, ich würde eine sehr lächerliche Figur machen, wenn ich den Mut hätte, das vorzutäuschen.
»Das Kind, mein Lord!« sagte ich ziemlich ernst, denn ich glaubte, daß diese Redewendungen sich wenig für die Ohren eines Knaben eigneten.
»Ja, sehr wahr«, sagte er, »das sind traurige Dinge für ein Kind. Wir wollen zu unserem Nest zurückkehren.«
Ich weiß nicht mehr, ob es am selben Tage war, jedenfalls bald nachher eröffnete mir der Lord, als er mich allein fand, einiges mehr über diese Dinge.
»Mackellar«, sagte er, »ich bin jetzt ein sehr glücklicher Mensch.«
»Das glaube ich auch, mein Lord«, sagte ich, »und der Anblick macht mein Herz leicht.«
»Glück verpflichtet – glauben Sie das nicht auch?« fuhr
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