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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Nacht entfloh sein Geist ohne jeden heftigen Todeskampf.
    In viel späterer Zeit sprach ich zufällig mit einem Doktor der Medizin, einem Mann von so großem Ruf, daß ich mich scheue, seinen Namen anzuführen, über diese Besonderheiten. Nach seiner Ansicht litten Vater und Sohn beide an derselben Krankheit: der Vater durch die Last seiner unnatürlichen Sorgen, der Sohn vielleicht durch die Hitze eines Fiebers. Jedem war einBlutgefäß im Gehirn gesprungen, und wahrscheinlich, so fügte der Arzt hinzu, liege in der Familie eine gewisse Neigung zu Anfällen dieser Art. Der Vater starb, der Sohn gewann alle Anzeichen eines gesunden Menschen wieder, aber wahrscheinlich blieben jene zarten Gewebe etwas zerstört, in denen die Seele wohnt und ihre irdischen Geschäfte verrichtet – ihre himmlischen, so möchte ich hoffen, können durch diese körperlichen Zustände nicht beeinträchtigt werden. Jedoch, wenn man es reiflich überlegt, spielt alles das keine Rolle: er, der Gericht halten wird über die Taten unseres Daseins, hat uns selbst mit unserer Zerbrechlichkeit geschaffen.
    Der Tod des alten Lords war die Ursache einer neuen Überraschung für uns, die wir das Benehmen seines Nachfolgers beobachteten. Für jeden überlegenden Menschen hatten die beiden Söhne den Vater zwischen sich erschlagen, und derjenige, der zum Schwerte griff, so könnte man sagen, hatte ihn sogar mit seiner eigenen Hand erschlagen, aber den neuen Lord schien ein solcher Gedanke nicht zu beschäftigen. Er war den Umständen entsprechend ernst, aber ich könnte kaum behaupten betrübt, oder jedenfalls war sein Kummer mit einer gewissen Befriedigung gepaart. Er sprach von dem Toten mit bedauernder Heiterkeit, erzählte Beispiele seiner Charaktereigenschaften, belächelte sie mit gutem Gewissen und erfüllte am Tage der Beerdigung seine Hausherrnpflichten in korrekter Haltung. Ich konnte überdies feststellen, daß er die Nachfolge des Titels mit großer Befriedigung antrat und ihn sorgsam zur Geltung brachte.
    Und nun erschien ein neuer Schauspieler auf der Bühne, der seine Rolle in dieser Geschichte auch spielt. Ich meine den gegenwärtigen Lord, Alexander, dessen Geburt am 17. Juli 1757 den Freudenkelch meines armen Herrn bis zum Rande füllte. Nichts blieb ihm damals zu wünschen übrig, noch fand er Muße, sich etwas zu wünschen. Wohl niemals gab es einen so liebevollen und hingebenden Vater wie ihn. Er war ständig unruhig, wenn sein Sohn nicht anwesend war. War der Sohn draußen, so pflegte der Vater die Wolken zu beobachten, ob es regnen könne. In der Nacht erhob er sich von seinem Lager, um den Schlummer des Kindes zu beobachten. Seine Unterhaltung wurde für Besucher sogar langweilig, weil er fast nur von seinem Sohne sprach. In allen Dingen, die den Besitz betrafen, wurde alles unter besonderem Hinblick auf Alexander geordnet. So hieß es: »Wir wollen das sofort in Angriff nehmen, damit der Wald herangewachsen ist, wenn Alexander großjährig wird.« Oder: »Das wird gerade bei Alexanders Hochzeit vorzüglich von Nutzen sein.«
    Die Inanspruchnahme aller geistigen Fähigkeiten des Mannes in dieser Richtung wurde täglich deutlicher, und manche Einzelheiten waren rührend, manche auch sehr tadelnswert. Bald konnte das Kind mit ihm nach draußen gehen, zuerst auf die Terrasse, Hand in Hand mit ihm, und später in die Ländereien. Das wurde die Hauptbeschäftigung des Lords. Der Klang ihrer beiden Stimmen, weithin hörbar, weil sie laut sprachen, war in der ganzen Umgebung bekannt, und ich für meinenTeil fand sie angenehmer als den Gesang der Vögel. Schön war es, das Paar zurückkommen zu sehen, mit wilden Rosen bekränzt, der Vater ebenso sonnenverbrannt und manchmal auch ebenso schmutzig wie das Kind, denn sie teilten alle knabenhaften Vergnügungen miteinander, gruben im Sand der Bucht, bauten Dämme und trieben sonst allerlei. Ich habe einmal gesehen, wie sie mit derselben kindlichen Neugier das Vieh durch einen Zaun beobachteten.
    Die Erwähnung dieser Streifzüge bringt mich auf eine eigenartige Szene, deren Zeuge ich war. Einen Spaziergang gab es, den ich selbst nie ohne Bewegtheit unternahm: so oft war ich dort mit beklagenswerten Aufträgen gegangen, so viel Leid hatte dort das Haus Durrisdeer befallen. Aber der Weg war von allen Punkten jenseits des Muckle Roß leicht zu erreichen, und alle zwei Monate wurde ich trotz meines Widerwillens veranlagt, ihn vielleicht einmal zu wählen. Es traf sich, daß ich, als Mr.

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