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Der Junker von Ballantrae

Titel: Der Junker von Ballantrae Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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einige trockene Zweige, die auf dem Boden lagen, und machte Feuer. Vor ihm lag ein tiefer Brunnen, den ein Bauer in der Nachbarschaft ohne Zweifel einst für die Bewässerung seiner Felder benutzt und der auch das Gitter errichtet hatte. Lange Zeit stand der Graf an das Gitter gelehnt und schaute in den Abgrund. Es war ein römischer Bau und wie alles, was diese Nation anfaßte, gleichsam für die Ewigkeit bestimmt. Die Seitenwände waren steil und die Fugen ausgefüllt, so daß für einen Menschen, der hineinstürzte, keine Rettung möglich war. Der Graf dachte nach: eine starke Verlockung, sagte er sich, führte mich an diesen Platz. Wozu? Was habe ich dadurch gewonnen? Warum sollte ich in diesen Brunnen schauen? Plötzlich gab das Gitter unter seinem Gewicht nach, und um Haaresbreite wäre er in den Abgrund gestürzt. Er sprang zurück, um sich zu retten, und trat dabei den letzten Rest des Feuers aus, so daß er kein Licht mehr hatte, sondern nur in quälendem Rauch eingehüllt stand. Wurde ich hierhergesandt, um zu sterben? fragte er sich und zitterte vom Kopf bis zu den Füßen. Aber dann durchzuckte ihn ein Gedanke. Er kroch auf Händen und Knien zum Rande des Abgrundes zurück und tastete über sich in die Luft. Das Gitter war an zwei Pfeilern befestigt gewesen und nur von dem einen losgebrochen, so daß es noch an dem zweiten hing. Der Graf setztees in seine alte Lage zurück, so daß der Platz Verderben bedeutete für den ersten Menschen, der hierher kam. Dann taumelte er wie ein kranker Mensch aus dem unterirdischen Gang heraus. Als er am nächsten Tage mit dem Baron auf dem Korso ritt, spielte er absichtlich starke Benommenheit. Der Baron fragte nach der Ursache, und der Graf, der das gewollt hatte, gab nach einigem Zögern zu, daß ihm seine Laune durch einen ungewöhnlichen Traum verdorben worden sei. Er hatte berechnet, daß eine solche Erzählung auf den Baron wirken würde, der ein abergläubischer Mensch war und tat, als ob er den Aberglauben verachte. Einiges Hin und Her folgte, und dann warnte der Graf seinen Freund, als ob er plötzlich von den Tatsachen übermannt wäre, und sagte, er habe von ihm geträumt. Sie wissen genug von der menschlichen Natur, mein herrlicher Mackellar, um eins zu begreifen: der Baron ruhte nicht, bis er den Traum erfahren hatte. Der Graf, der seiner Sache sicher war und wußte, daß der andere nicht ablassen werde, hielt ihn hin, bis seine Neugier in hellen Flammen stand, und ließ sich schließlich nach scheinbarem Zögern überreden, alles zu erzählen. Ich warne Sie, sprach er, es wird Übles daraus entstehen, etwas in mir sagt mir das. Da es aber für Sie und auch für mich keine Ruhe gibt, bevor ich alles gesagt habe, so komme alle Schuld auf Ihr Haupt! Dies ist der Traum: Ich sah Sie reiten, ich weiß nicht wo, aber ich glaube, es war in der Nähe von Rom, denn auf der einen Seite von Ihnen war ein altes Grabmal und auf der anderen ein Garten mit immergrünen Bäumen. Ichglaube, daß ich Ihnen immer wieder in wahrer Todesangst des Schreckens zurief, zurückzukommen. Ob Sie mich hörten, weiß ich nicht, jedenfalls ritten Sie hartnäckig vorwärts. Der Weg führte Sie zu einem einsamen Ort zwischen Ruinen, wo eine Tür in einem Hügelabhang war, und dicht bei der Tür stand eine verkrüppelte Pinie. Hier stiegen Sie ab, ich rief Ihnen wieder zu, sich vorzusehen, Sie banden Ihr Pferd an den Pinienstamm und traten entschlossen durch die Tür ein. Drinnen war es dunkel, aber in meinem Traum konnte ich Sie immer noch sehen und beschwor Sie, stehenzubleiben. Sie tasteten sich mit der rechten Hand an der Wand entlang, bogen in einen Seitengang zur Rechten und gelangten zu einer kleinen Erweiterung, wo ein Brunnen mit einem Gitter war. Jetzt – ich weiß nicht warum – wuchs meine Angst um Sie tausendfältig an, ich schrie, es sei noch Zeit, und flehte Sie an, den Raum sofort zu verlassen. Das waren die Worte, die ich im Traum ausstieß, und es schien mir damals, sie hätten eine ganz bestimmte Bedeutung, aber heute im wachen Zustand gebe ich zu, daß ich nicht weiß, was sie besagten. Sie gaben auf alle meine Warnungen nichts, sondern lehnten sich an das Gitter und blickten starr in das Wasser hinab. Und dann erhielten Sie eine Offenbarung, aber ich glaube, ich verstand nicht, um was es sich handelte, doch das Entsetzen darüber riß mich aus dem Schlaf, und ich erwachte zitternd und weinend. Und nun, fuhr der Graf fort, danke ich Ihnen von Herzen für Ihre

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