Der Junker von Ballantrae
nur immer das eine Wort zu antworten und mag wohl zwanzigmal gesagt haben: »Geben Sie Ihren jetzigen Plan auf und kehren Sie mit mir nach Durrisdeer zurück, dann will ich Ihnen glauben.«
Daraufhin pflegte er sein Haupt zu schütteln. »Ach, Mackellar, Sie könnten tausend Jahre leben, ohne meine Natur zu begreifen«, pflegte er zu entgegnen. »Diese Schlacht hat nun einmal begonnen, die Stunde des Überlegens ist ein für allemal vorbei, die Stunde der Barmherzigkeit noch nicht gekommen. Es fing an zwischen uns, als wir die Münze hochwarfen in der Halle von Durrisdeer, vor nunmehr zwanzig Jahren. Wir hatten unsere Erfolge und Mißerfolge, aber keiner von uns träumte je davon nachzugeben, und was mich betrifft,so gilt es Leben und Ehre, wenn ich den Handschuh hingeworfen habe.«
»Einen Pfifferling für Ihre Ehre!« war meine Antwort. »Und verzeihen Sie, diese kriegerischen Vergleiche sind etwas zu überschwenglich für die ganze Angelegenheit. Sie streben nach etwas schmutzigem Geld, das ist die Wurzel Ihrer Begierden. Und welches sind Ihre Mittel? Sie stürzen eine Familie in Sorge und Kummer, die Ihnen nie etwas zuleide tat, Sie wollen, wenn Sie können, Ihren eigenen Neffen verderben und das Herz Ihres eigenen Bruders zerreißen! Ein Wegelagerer, der ein altes Mütterchen in wollenem Umschlagetuch mit einem dreckigen Knüppel tötet, und zwar für ein Schillingstück und eine Prise Schnupftabak – das ist der Krieger, von dem Sie sprechen.«
Wenn ich ihn auf diese oder ähnliche Art angriff, lächelte er und seufzte wie ein mißverstandener Mensch. Einst, so erinnere ich mich, verteidigte er sich etwas weitläufiger und brachte einige sonderbare Sophistereien vor, die wert sind wiederholt zu werden, weil sie seinen Charakter beleuchten.
»Sie gleichen ganz einem Zivilisten, der da glaubt, Krieg bestehe aus Trommeln und Fahnen«, sagte er. »Krieg, wie die Alten sehr weise sagten, ist die ultima ratio . Wenn wir unseren Vorteil rücksichtslos verfolgen, dann führen wir Krieg. Ach, Mackellar, Sie müssen ein Teufel von Soldat sein im Verwaltungszimmer von Durrisdeer, wenn die Pächter Ihnen nicht elend Unrecht tun sollen!«
»Mir liegt nichts daran, was Krieg ist oder nicht ist«, entgegnete ich, »aber Sie langweilen mich durch Ihre Versuche, meine Hochachtung zu gewinnen. Ihr Bruder ist ein guter Mensch, und Sie sind ein schlechter – nichts mehr und nichts weniger.«
»Wäre ich Alexander gewesen –«, begann er.
»So betrügen wir uns alle selbst«, rief ich aus. »Wäre ich der heilige Paulus gewesen, so hätte sich nichts geändert, ich hätte mein Leben genau so verpfuscht wie das gegenwärtige.«
»Ich sage Ihnen«, schrie er, ohne auf meine Unterbrechung zu achten, »wäre ich der elendeste kleine Häuptling im schottischen Hochland, wäre ich der geringste König nackter Neger afrikanischer Wüsten, meine Leute hätten mich angebetet. Ich ein schlechter Mensch? Ach, ich war zu einem Tyrannen bestimmt! Fragen Sie Secundra Daß, er wird Ihnen erzählen, daß ich ihn wie einen Sohn behandle. Verknüpfen Sie Ihr Schicksal morgen mit mir, werden Sie mein Sklave, mein Anhängsel, eine Sache, der ich befehlen kann, wie ich der Kraft meiner eigenen Glieder und meinem Geist befehle – dann werden Sie die Schattenseiten nicht mehr sehen, die ich in meinem Zorn der Welt zukehre. Ich muß alles haben oder nichts. Aber wenn mir alles gegeben wird, reiche ich es mit Wucherzinsen zurück. Ich habe eine königliche Natur, das ist mein Verderben!«
»Bisher war es nur das Verderben der anderen«, bemerkte ich, »was mit Königlichkeit wenig zu tun hat.«
»Geschwätz!« rief er aus. »Auch jetzt noch, sage ichIhnen, würde ich jene Familie schonen, für die Sie sich so sehr einsetzen. Ja, auch jetzt noch, morgen, würde ich sie ihrem kleinlichen Glück überlassen und in jene Wälder von Halsabschneidern und Taschenspielern verschwinden, die wir die Welt nennen. Morgen würde ich es tun!« sagte er. »Nur – nur –«
»Nur was?« fragte ich.
»Nur müßten sie mich mit gebeugten Knien anflehen. Ich glaube, in aller Öffentlichkeit sogar!« fügte er lächelnd hinzu. »Wirklich, Mackellar, vielleicht gibt es keine Halle, die groß genug wäre, um meiner Absicht zu genügen, Vergeltung zu erlangen.«
»Eitelkeit der Eitelkeiten!« moralisierte ich. »Wenn man bedenkt, daß dieser große Wille zum Bösen durch ein Gefühl beschwichtigt werden könnte, das dem eines kleinen Mädchens gleicht, das sich
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