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Der Kaefig - Roman

Der Kaefig - Roman

Titel: Der Kaefig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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unserer Haut nicht …«
    »Genau! Gute Idee! Ich bin auch unbedingt für Handschuhe! «
    »Bin sofort wieder da.« Susan lächelte ihn wissend an. »Du bleibst hier und behältst sie im Auge.«
    Tag folgte Susan zur Tür, blieb aber in dem Toilettenraum, als sie hinausging. Er drehte sich um und blickte zur Kabine. Dort konnte er die dunklen Füße und Knöchel der Mumie sehen. Sie waren braun. Ein leuchtendes, glänzendes Braun, das ihn an Schokolade erinnerte. Na toll. Ich werde wohl eine ziemliche Weile lang keinen Schokoriegel mehr runterbekommen. Jedes Mal, wenn ich in ein Stück Schokolade beiße, werde ich mir vorstellen, mit der Zunge über diese viertausend Jahre alten Füße mit den widerlichen Zehennägeln zu lecken. Verflucht,
Mandelsplitter werde ich wohl ebenfalls nicht mehr essen, wo wir gerade beim Thema sind.
    Er sah auf seine Uhr und hoffte, Susan würde sich beeilen. Immerhin war dies trotz allem sein freier Tag, und er konnte sich Schöneres vorstellen, als eine vertrocknete Leiche mit braunen Papiertitten zu bewachen.
    Die Sache hier erinnerte ihn ziemlich an seine erste Leiche. Das war auch auf einem Klo gewesen. Houston, sein Partner, hatte sich halb totgelacht darüber, wie sie die dicke alte Frau gefunden hatten. Ihr Kopf steckte in einem Mülleimer, der nackte Hintern ragte in die Luft. Houston meinte, sie müsste eine Akrobatin sein. Es stellte sich heraus, dass sie beim Pinkeln einen Herzinfarkt erlitten hatte und nach vorn in den Mülleimer gestürzt war. Tag fand das nicht gerade lustig, aber Houston konnte einfach keine Ruhe geben. Neulich hatte er angefangen, die Geschichte mit einem Polenwitz zu verknüpfen, wonach diese ihre Toten mit dem Kopf nach unten begruben, um sie als Fahrradständer zu nutzen.
    Die Toilettentür flog auf und verfehlte Tag nur um Zentimeter. Er trat zur Seite, um Maurice Henderson hereinzulassen. »Parker«, sagte Henderson und stürmte an ihm vorbei, ohne ihn eines Blickes zu würdigen.
    »Wie läuft’s?«
    »Es tut weh.« Am ersten Urinal zog er seinen Reißverschluss runter.
    »Bist du sicher, dass du das tun willst?«
    »Hä?«
    »Wir haben einen Gast.« Tag zeigte auf die Kabine.
    Henderson sah hin. Sein Gesicht verzog sich, als hätte er etwas Ekelhaftes gerochen. Schnell zog er den Reißverschluss wieder hoch.

    »Darf ich vorstellen, Amara.«
    »Großer Gott.« Henderson ging vorsichtig zur Kabine und drückte die Tür auf. Lange Zeit stand er einfach nur da und starrte die Mumie an. »Was zum Teufel macht die hier?«
    »Offenbar kann sie nicht lesen.«
    »Lustig. Ha, ha. Mein Gott, hast du dir diese Titten angeguckt? Sehen aus wie Pfannkuchen.«
    Jemand klopfte an die Tür. »Komm rein, wir sind alle angezogen«, rief Tag.
    Susan trat ein und lächelte Henderson zur Begrüßung zu. »Gut, dass Sie hier sind. Würde es Ihnen etwas ausmachen, uns zu helfen?«
    »Helfen? Wobei?«
    »Mit Amara. Wir müssen sie zurück in ihren Raum bringen.«
    »Sie meinen, wir sollen sie anfassen ?«
    »Das sollte so harten Polizisten wie euch doch nichts ausmachen.« Sie reichte beiden ein Paar Handschuhe. »Ich beaufsichtige euch.« Lächelnd ging sie zur Kabinentür und hielt sie auf. »Wenn ihr die Handschuhe angezogen habt, nimmt einer die Schultern und der andere die Füße, dann tragen wir sie schön vorsichtig hier raus.«
    »Wir sollten lieber erst die Jungs von der Mordkommission rufen.« Tag grinste, froh darüber, eine Verzögerungstaktik gefunden zu haben.
    »Ja, verdammt. Wenn wir mit dem Mädel rumhantieren, ehe die ihre Fotos gemacht haben und der ganze Scheiß …« Henderson schüttelte den Kopf.
    Das Team der Mordkommission benötigte weniger als eine halbe Stunde in der Herrentoilette. Sie nahmen Aussagen auf, fotografierten, fertigten Zeichnungen an,
suchten nach Fingerabdrücken, saugten die Fliesen in der Kabine ab und verschwanden wieder.
    »Jetzt seid ihr dran«, sagte Susan.
    Tag packte die dünnen Fußgelenke der Mumie, Henderson die Schultern.
    »Bist du sicher, dass sie nicht in der Mitte durchbricht? «, fragte Tag.
    »Vielleicht solltest du sie höher an den Beinen halten. An den Knien?«
    »Ich bin so weit«, sagte Tag.
    »Ich auch.« Henderson nickte ihm zu.
    Gemeinsam hoben sie die Mumie hoch.
    »Die ist ja total leicht«, sagte Henderson überrascht.
    »Sie ist dehydriert«, erklärte Susan. »Und ausgehöhlt.«
    »Was meinst du damit?«, fragte Henderson.
    Susan öffnete die Toilettentür, und die beiden trugen die Mumie hinaus in

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