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Der Kaefig - Roman

Der Kaefig - Roman

Titel: Der Kaefig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Laymon
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gab drei Kabinen. Er ging zur ersten und drückte die Tür ein Stück auf. Dann traf er auf unerwarteten Widerstand. Überrascht zog er die Hand zurück. Die Tür schlug wieder zu.
    »Oh, tut mir leid.«
    Er wartete auf eine Antwort.
    Niemand sagte etwas.
    »Du solltest lieber abschließen, Kumpel. Hey, alles klar da drin? Hallo?« Erwartete. »Ist da jemand drin? Hallo?« Er ging in die Hocke und blickte unter der Tür durch. Aber er sah keine Schuhe, sondern braune verschrumpelte Füße. Braune verwelkte Zehennägel. Braune knochendürre Schienbeine.
    Er stieß die Tür auf und warf die Mumie nach hinten. Ihr Kopf schlug gegen die geflieste Wand hinter der Toilette, und als sie herabrutschte, glitten ihre nackten Füße über den Boden auf Farley zu, wie bei einer Schaufensterpuppe, die versuchte, sich hinzusetzen.
     
    Tag sprang zur Seite, als die Toilettentür aufflog und Farley herausgerannt kam. Der Fotograf blick kurz stehen. Sein Gesicht sah grau und krank aus.

    »Was ist los?«, fragte Tag.
    »Ich hab die verschwundene Mumie gefunden. Da drin.«
    »Ich sag Susan Bescheid.«
    Sie gingen den Flur entlang. Tag bemerkte, wie Farleys Hand zitterte. »Die Mumie ist wirklich eine Schönheit, oder?«
    »Hast du sie gesehen?«
    »Von Kopf bis Fuß.«
    Farley strich sich mit der Hand über seine Glatze. »O Mann. Ich hab alle möglichen Leichen fotografiert. Opfer von Schießereien, Zerstückelte, Brandopfer, Frauen, denen man die eigenen Eingeweide in den Mund gestopft hat, Männer, die in allem möglichen Mist jahrelang begraben lagen … aber das?«
    »Sie hat diese spezielle Wirkung auf die Leute, nicht wahr?«
    »Ich hab schon Schöneres gesehen.«
    »Alles in Ordnung?«
    »Klar, war nur der Schreck.« Wieder strich er sich mit der Hand über den Schädel, als wollte er die Erinnerung aus seinem Hirn wischen. »Sollten Mumien nicht eigentlich eingewickelt sein? In den Filmen sind sie immer ordentlich bandagiert.«
    »Diese ist eine Stripperin.«
    »Sie sieht echt scheiße aus.«
    »Die Zeit hat es nicht gerade gut mit ihr gemeint«, gab Tag grinsend zu.
    Er fand Susan im Callahan-Raum, wo sie die vorhandenen Ausstellungsstücke mit denen auf der Liste auf ihrem Klemmbrett verglich.
    »Wie läuft’s?«, fragte er.

    »Sieht so aus, als wäre außer Amara alles da.«
    »Sie ist nicht weit.«
    »Hast du sie gefunden?«
    »Ich nicht, aber Farley.«
    »Ist alles in Ordnung mit ihr?«
    Farley schüttelte den Kopf. »Sie sah aus wie … einfach schrecklich. Das ganze rote Haar. Eigentlich ist es schön, aber so wie es aus ihrem Schädel zu wachsen scheint … da dreht sich einem der Magen …« Er würgte, umklammerte seinen Bauch, wandte sich ab und wünschte bei Gott, er hätte heute Morgen auf die Donuts verzichtet.
    Susan lief den Flur entlang voraus. An der Toilettentür blieb sie stehen. Sie drehte sich um und wartete auf Tag. »Vielleicht solltest du zuerst reingehen. Ich meine … nur um sicherzugehen, dass die Luft rein ist.«
    Farley stöhnte. »Miss, die Luft ist nicht rein, solange die da drin ist. Und ich fürchte, ich kann nicht den ganzen Tag warten.«
    »Es gibt eine Toilette im Erdgeschoss«, erklärte Susan ihm. »Gleich links, wenn man reinkommt.«
    »Danke. Viel Spaß noch.« Er eilte zur Treppe.
    »Ich seh mal nach«, sagte Tag. Er drückte die Tür auf und ging hinein. An den Waschbecken war niemand. An den Urinalen auch nicht. Nur in der ersten Kabine waren unter der Tür Füße zu sehen. »Okay«, rief Tag. »Du kannst jetzt reinkommen.«
    Susan trat ein und wirkte etwas peinlich berührt. Sie blickte von den Waschbecken zu den Urinalen.
    »Du glaubst mir wohl nicht, was?«
    »Ich gucke ja nur.«
    Sie ging an Tag vorbei zu der Kabine. Er sah zu, wie sie sich bückte und unter der Tür durchblickte. Der Stoff
ihrer Bluse spannte sich über ihrem Rücken, rutschte aus dem Rock und gab einen Streifen glatter Haut frei.
    »Es ist wirklich Amara.« Sie stand wieder auf und öffnete vorsichtig die Tür.
    Tag, der direkt hinter ihr wartete, blickte hinein. Die Mumie lag steif wie ein Brett mit dem Kopf auf den Rohren und dem Rücken auf dem Toilettensitz, die Beine zur Tür ausgestreckt, ihr Haar auf die Bodenfliesen herabhängend.
    »Was sollen wir mit ihr machen?«, fragte Tag.
    »Sie mitnehmen.«
    »Wir? Habt ihr dafür keinen Hausmeister oder so?«
    »›Oder so‹ sind wir. Bereit?«
    »Tja …«
    »Hast du Angst?«
    »Wer, ich?«
    »Wir sollten Handschuhe anziehen, damit die Feuchtigkeit aus

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