Der Kaefig - Roman
Recht. Aber Ed versuchte es trotzdem.
Nach einer Weile schüttelte Marco den Kopf. »Du solltest auf mich hören.«
»Warum? Ich will hier raus, du nicht?«
»Du solltest dir deine Kraft aufsparen, wie ich es dir gesagt habe, Kumpel. Du wirst sie brauchen.«
Ed trat gegen die Gitterstäbe, aber wer auch immer ihn hier eingesperrt hatte, hatte ihm die Schuhe weggenommen. Er verletzte sich lediglich die Zehen. Die Gitter rührten sich kein Stück.
»Spar dir deine Kraft«, wiederholte Marco. Dann setzte er sich mit dem Rücken zu Ed hin.
Verzweifelt rüttelte Ed an der Käfigtür. Das Metall schepperte. Wütend stand er auf, aber er konnte sich in dem niedrigen Käfig nicht vollständig aufrichten. Nach einer Weile begann sein Rücken zu schmerzen. Auch sein
Kopf tat erneut weh an der Stelle, wo er den Schlag abbekommen hatte.
Ed zog Bilanz.
Ich bin allein auf der Straße durch den Wald gegangen. Jemand hat mir eins übergezogen. Bewusstlos wurde ich in dieses Gebäude gebracht und in den Käfig geworfen. Als ich aufgewacht bin, habe ich mit meinem Mitgefangenen geredet, der einen etwas seltsamen Eindruck macht. Dann ist das Licht ausgegangen, und ich habe geschlafen. Stunden später, als es wieder anging, bin ich aufgewacht. Ich weiß nicht, wie lange ich geschlafen habe.
Jetzt sehe ich mir nochmal den Käfig an. Er ist ungefähr zweieinhalb mal eineinhalb Meter groß. Eins achtzig hoch. Miteinander verschweißte Stahlgitter, die im Beton eingelassen sind. Eine Schüssel mit Sägemehl als Toilette. Eine Schaumstoffmatratze als Bett. Ansonst kahl wie ein Elefantenarsch. Von den Gitterstäben an der Decke hängen an Schnüren die wichtigsten Toilettenartikel: Bürste, Zahnbürste, Spiegel (so ein Kinderspiegel aus Plastik, an dem man sich nicht verletzen kann), eine Wasserflasche (auch aus Plastik), Mundspülung, Deo, Körperpuder, Waschlappen. Und eine Bibel.
Der Anblick des Käfigs mit all den an Schnüren hängenden Dingen erinnerte Ed an Trauben, die an einem Weinstock baumelten.
Wenn er den Käfig durchquerte, musste er die Sachen zur Seite schieben, so dass er einen Pfad aus schwingendem Waschzeug und der hin und her schaukelnden Bibel hinterließ.
Er blickte nach oben. Ein schmaler Gang mit einem Geländer verlief in einer Höhe von ungefähr einem Meter
achtzig an der Wand entlang. Von dort aus könnte jemand problemlos auf das Dach des Käfigs steigen.
Die Käfigdecke ist irgendwie seltsam.
Die Hälfte bestand nicht aus Gitterstäben, sondern aus Plexiglas. Sehr dickes Material.
Mit der Faust kann ich es nicht zerschlagen. Wahrscheinlich ist es kugelsicher.
»Du verschwendest deine Zeit, Eddie … es gibt keinen Ausweg.«
»Ich versuch’s wenigstens, Marco.«
»Dein Pech, Kumpel.«
»Ach ja?«
»Du solltest deine Kräfte sparen.«
»Warum?«
»Du wirst bald auf die Probe gestellt werden.«
»Wie?«
Marco zuckte die Schultern und untersuchte das Ende des Streichholzes, auf dem er gekaut hatte.
»Was wird geschehen, Marco?«
»Du hörst sowieso nicht auf meinen Rat, warum sollte ich mir also den Mund fusselig reden?«
Ruhelos untersuchte Ed noch einmal den Käfig. Er hatte es zuvor nicht bemerkt, aber dreißig Zentimeter unter der eigentlichen Käfigdecke befand sich eine weitere Plexiglasscheibe. Diese Scheibe war vielleicht fünf Zentimeter dick, zwei Meter lang und einen halben Meter breit. Sie war an jeder Ecke mit einer Art Bolzen an der Käfigdecke aufgehängt. Als er es sich genauer ansah, bemerkte er, dass an den Bolzen ein Seilzugmechanismus befestigt war. Die dazugehörige Winde befand sich auf dem Dach des Käfigs. Ed erinnerte sich an die Winde, die er auf dem Segelboot seines Onkels gesehen hatte.
Man musste an der Kurbel drehen, um das Hauptsegel zu setzen oder einzuholen.
»Hey … hey, Marco, kann man diese Plexiglasplatte hoch und runterlassen, indem man die Kurbel dreht?«
»Glaubst du das?«
»Ja.«
»Dann glaubst du richtig.«
»Und wozu ist diese Öffnung in der Decke des Käfigs? «
»Denk mal drüber nach.«
»Ich frage aber dich, Marco.«
Marco antwortete nicht, sondern setzte sich mit dem Rücken zu Ed an die Gitterstäbe.
»Marco … Marco?«
Er reagierte nicht.
Blieb einfach mit seinem breiten Rücken zu Ed gewandt sitzen.
»Marco, warum antwortest du nicht? Marco?«
»Er antwortet nicht, weil er sich seine Kräfte spart. Er könnte der Nächste sein.«
Ed drehte sich um, um zu sehen, wer da gesprochen hatte. Eine Gestalt war teilweise unter der
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