Der Kaefig - Roman
Haar zurück, damit es nicht ins Essen hing. Dieser nackte Rücken. Ein herrlicher Anblick. Als sie nach ihrem Kaffee griff, konnte er die blasse Kugel ihrer Brust ein wenig wackeln sehen.
Nur ein klein wenig.
Marco sang: »Iss auf, iss auf, Eddie, alter Kumpel. Essen ist Energie. Und die wirst du bald brauchen.«
18
Der Hintereingang des Museums öffnete sich.
Amara trat hinaus in die warme Nacht. Sie hatte den Kopf in den Nacken gelegt und stand reglos da, als bewunderte sie die Schönheit des blassen Mondes.
Dann begann sie, den Parkplatz zu überqueren.
Vom Rand der Wiese aus beobachtete George sie. Er hörte die trockene Haut ihrer Füße auf dem Asphalt knistern. Seine empfindliche Nase nahm Gerüche war. Süße und würzige Aromen, die den Geruch nach alten Knochen und Fleisch nicht ganz überdecken konnten. Der Duft des Grabs hing noch in ihrem dichten Haarschopf, der ein Eigenleben zu führen schien. In einem Moment hing das Haar in Strähnen über der harten, glänzenden Haut ihres Rückens, dann wurde es von einer warmen Luftströmung erfasst, angehoben und zerstoben, so dass die einzelnen Haare um ihren totenkopfähnlichen Schädel wehten.
Ein roter Nebel.
Ein Nebel wie schwebende Bluttröpfchen.
Der Hund starrte sie an.
So etwas hatte er noch nie gesehen.
Nie zuvor war ihm eine solche Gestalt über den Weg gelaufen.
Dennoch erkannte er tief in seinem Inneren ihre Natur. Ein totes Ding, das umherwandelte. Er spürte ihre dunkle, schreckliche Macht.
Amara blieb stehen. Sie drehte ihren dunklen rundlichen Kopf, und das Haar wogte darum herum und schwamm in der Nachtluft.
Der Hund spürte Leben in den Haarsträhnen, die über den verkrusteten Hintern bis zu den Oberschenkeln der Kreatur reichten. Er sah, wie das Haar im Mondlicht tanzte. Der Hund konnte seine Beobachtung nicht in Worte fassen, doch ihm ging das Bild von Schlangen durch den Kopf.
Als wäre jedes Haar eine blutrote hauchdünne Schlange. Jedes einzelne boshaft. Jedes mit Augen ausgestattet. Als könnte jedes der Tausende von Haaren sehen, wie der braune Hund zitternd am Rand des Parkplatzes stand.
Amara sah ihn ebenfalls.
Sie ging auf den verängstigten Hund zu.
Er hatte solche Angst, dass er reglos war wie die Statuen im Museum. Er konnte vor Furcht kaum atmen.
Die Kreatur kam weiter auf ihn zu. Ihr nackter Körper glänzte im Mondlicht wie schwarzes Harz. Dunkle teerige Lippen öffneten sich. Weiße Zähne glitzerten.
Der Hund wollte wegrennen, die Flucht ergreifen, mit den Pfoten den Staub aufwirbeln. Verschwinden. Vergessen. Durch die Stadt laufen zu einem Ort, an dem dieses fürchterliche Ding ihn niemals finden könnte.
Aber er konnte sich nicht rühren. Er stand einfach nur da und keuchte heftig, bis die Lunge unter den Rippen schmerzte.
Die Kreatur näherte sich immer schneller. Er wusste, dass sie ihn genau sehen konnte, obwohl sie keine Augen hatte. Ein brauner Hund, der vor Angst zittert. Verletzlich. Unfähig, sich in Sicherheit zu bringen. Ein kleines Leben, das bald ausgelöscht wird. Zersplitternde
Hundeknochen. Fetzen braunen Fells, die durch die Luft fliegen.
Ein Winseln stieg aus der Hundekehle auf. Sonst nichts.
Er konnte nichts tun. Sich nicht bewegen.
Seine Augen drehten sich nach oben, um die Gestalt anzusehen, die drohend vor ihm stand. Eine Silhouette im Mondlicht. Harte Konturen, Gliedmaßen dünn wie Knochen, ein rundlicher Kopf mit zäher Haut. Und um den Kopf ein gewaltiger Heiligenschein schwebenden Haars, durch den das Mondlicht blutig leuchtete.
Sie breitete die Arme aus, die Hände abgewinkelt, die Finger zu Klauen geformt.
Eine Fledermaus flog in Amaras Haar. Ledrige Flügel schlugen gegen die Locken, Krallen verfingen sich in den Haarsträhnen, als sie sich zu befreien versuchte. Amara hob die Hand, um das kleine zappelnde Tier aus ihrem Schopf zu zerren. Da war der Bann gebrochen.
George bellte die seltsame Kreatur einmal an, dann jagte er davon.
19
Imad verpackte die Leichen in Plastikmüllsäcke und brachte sie nach unten. Hydra konnte er leicht tragen. Aber Blaze war viel zu schwer; er musste ihn über den Boden schleifen.
Er ließ sie auf der hinteren Terrasse liegen. Im Geräteschuppen fand er eine Schaufel. Über den mondbeschienenen Rasen ging er zum Blumenbeet. Er begann zu graben. Ein tiefes Loch.
Vielleicht grub er in der Nähe der Stelle, an der Callahan vor all den Wochen die Einbrecher verscharrt hatte?
Der Gedanke beunruhigte ihn.
Callahan hatte mit derselben
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