Der Kaffeehaendler - Roman
diejenigen, die sich standhaft weigerten zu arbeiten, mussten feststellen, dass sie ein noch schlimmeres Schicksal erwartete.
Im Keller des Rasphuis, so hieß es, war eine Kammer, die die Ertränkungszelle genannt wurde. Dort hinein wurden jene geworfen, die nicht arbeiten wollten. Wasser überflutete den Raum, in dem sich Pumpen befanden, die die Insassen betätigen konnten, um ihr Leben zu retten. Wer nicht pumpte, war dem Tode geweiht. Wer dagegen den Wert harter Arbeit zu schätzen wusste, blieb am Leben.
Der Holländer führte Miguel, der angestrengt auf das Geräusch
plätschernden Wassers lauschte, einige kalte, steinerne Stufen hinab in ein Gemach, das zwar nicht das angenehmste, aber kaum ein Schreckensverlies war. Hier deckte Erde den Boden statt Fliesen, und die einzigen Möbel waren ein paar hölzerne Stühle und ein alter Tisch, dem ein Bein fehlte.
»Wen suchen Sie?«
»Joachim Waagenaar.«
»Waagenaar.« Der Holländer lachte. »Ihr Freund ist schon in kürzester Zeit in Verruf geraten. Sie lassen ihn noch drauflosraspeln, wenn die meisten anderen bereits Nachtruhe haben, und wenn er den Anforderungen nicht genügt, die sie an ihn stellen, wird er bald in der Ertränkungszelle landen.«
»Gewiss, er ist schwierig, doch ich muss mit ihm sprechen.« Miguel drückte dem Holländer noch eine Münze in die Hand. Lieber auf Nummer sicher gehen.
Der Mann stellte seine Kerze auf den unbearbeiteten Holztisch. »Mit ihm sprechen?«, fragte er. »Das geht nicht. Es gibt Stunden für Besuche und Stunden, die nicht für Besuche da sind. Verzeihen Sie bitte, ich hatte das vorhin schon erwähnen wollen, aber ich muss es vergessen haben.«
Miguel seufzte. Das Geld, so rief er sich ins Gedächtnis zurück, war Mittel zum Zweck. In wenigen Monaten würde er über diese geringfügigen Kosten lachen.
Er griff in die Taschen und holte die letzte Münze heraus, die er dort verwahrt hatte: fünf Gulden. Der nasenlose Holländer steckte sie ein, verschwand aus dem Raum und schloss ihn von außen zu. Kalte Panik überkam Miguel, und als nach einer Viertelstunde noch keiner zurückgekehrt war, begann er sich zu fragen, ob er womöglich Opfer eines furchtbaren Streiches geworden war, aber dann hörte er den Riegel, und der Holländer trat ein, Joachim vor sich herschiebend.
Jedes Mal wenn Miguel Joachim sah, bot der Bursche ein schlimmeres Bild. Er hatte seit ihrem letzten Treffen abgenommen
und war jetzt krankhaft ausgezehrt. Seine Hände und Arme und ein Großteil seines Gesichts waren vom Zersägen des Pernambukholzes mit roten Flecken übersät, sodass er eher einem Mörder als einem Büßer in einer Strafanstalt glich.
»Sie haben wohl nichts dagegen, wenn ich Ihr Gespräch mit anhöre«, sagte der Holländer. »Ich muss mich vergewissern, dass hier nichts Unpassendes geschieht.«
Miguel hatte zwar etwas dagegen, erkannte aber gleich, dass er wenig Erfolg damit haben würde, den Burschen zu entfernen, deshalb nickte er einfach.
»Welchem Umstand habe ich das Vergnügen dieses Besuchs zu verdanken, Senhor?« Joachims Tonfall war gleichmäßig und ohne Sarkasmus. Er wollte formell auftreten.
»Ich muss wissen, was Sie dem Ma’amad gesagt haben. Haben Sie ihnen einen Brief geschickt? Ich muss es wissen.«
Joachims Lippen kräuselten sich leicht. »Wie sehr wünschen Sie es zu wissen?«
»Ich brauche eine Antwort. Berichten Sie mir genau, was Sie ihnen erzählt haben, jedes Wort. Ich habe keine Zeit für Spielchen.«
»Keine Spielchen. Hier drinnen bekommen Sie keine Antwort von mir. Sie haben mich eingesperrt, und ich weiß weder, wie lange ich gefangen sein werde, noch, was man mir vorwirft, außer dem, dass ich nicht als ihr Sklave für sie arbeiten wollte. Ich erzähle Ihnen alles, was ich weiß, wenn Sie mich aus diesem Gefängnis holen.«
»Sie rausholen?« Miguel schrie fast. »Ich bin kein Richter, der Sie herausholen könnte. Warum schlagen Sie so etwas vor?«
Der nasenlose Holländer hustete in seine Faust. »Diese Dinge lassen sich regeln, wenn man weiß, wie. Nicht bei jedem, aber bei denjenigen, die nur wegen Landstreicherei hier sind.«
Miguel seufzte. »Nun gut«, sagte er. »Sprechen Sie offen.«
»Oh, ich glaube, mit zwanzig Gulden wäre die Sache getan.«
Miguel konnte kaum fassen, dass er jetzt bereit war, einen Wächter mit zwanzig Gulden zu bestechen, damit er einen Feind aus dem Rasphuis entließ, den er noch vor kurzem für eine weitaus höhere Summe hätte einsperren lassen. Doch
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