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Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
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Joachim wusste, weshalb der Ma’amad ihn vorgeladen hatte, und seine Auskunft schien ihm mit zwanzig Gulden billig erkauft.
    Miguel spähte in seinen Geldbeutel, peinlich berührt, dass der Wächter merkte, dass er sein Geld in Portionen aufgeteilt hatte. Er besaß nur noch wenig mehr als das Verlangte.
    Der Wächter zählte die Münzen. »Was soll das? Zwanzig Gulden? Vierzig habe ich gesagt. Halten Sie mich für einen Narren?«
    »Einer von uns ist gewiss ein Narr«, erwiderte Miguel.
    Der Wächter zuckte die Achseln. »Dann nehme ich diesen Burschen einfach wieder mit.«
    Miguel öffnete erneut seinen Geldbeutel. »Ich habe nur noch dreieinhalb Gulden bei mir. Entweder nehmen Sie das oder gar nichts.« Er reichte dem Wächter das Geld in der Hoffnung, ihren Handel damit zu besiegeln.
    »Wissen Sie genau, dass Sie nicht noch mehr Geldbeutel oder Taschen oder Münzhäufchen haben?«
    »Dies ist alles, das versichere ich Ihnen.«
    Der Holländer nickte. »Fort mit euch«, sagte er. »Und ich will nicht, dass ihr vor dem Gebäude herumlungert.«
    Schweigend gingen sie ein paar Schritte. »Ich kann Ihnen gar nicht genug für Ihre Freundlichkeit danken«, hub Joachim dann an.
    »Ich hätte Sie nur zu gern dort drinnen verfaulen sehen«, murmelte Miguel, während sie den Innenhof durchquerten, »aber ich muss wissen, was Sie dem Ma’amad gesagt haben.«
    Sie traten auf den Heiligeweg, der Wächter machte hinter ihnen die Tür zu, und das Echo des Schließens und Verriegelns hallte in der Straße wider. »Zuerst muss ich Ihnen eine Frage stellen«, sagte Joachim.
    »Bitte, meine Geduld hat bald ein Ende. Hoffentlich ist sie von Bedeutung für diese Angelegenheit.«
    »Das ist sie. Sie könnte nicht bedeutsamer sein. Meine Frage ist folgende.« Er räusperte sich. »Was um alles in der Welt ist ein Ma’amad?«
    Miguel spürte einen Schmerz in seinem Schädel anschwellen, und sein Gesicht wurde heiß. »Spielen Sie nicht den Dummkopf. Er ist der Ältestenrat der portugiesischen Juden.«
    »Und warum hätte ich mit einem solch erlauchten Gremium sprechen sollen?«
    »Haben Sie vorhin nicht gesagt, Sie würden mir alles erzählen, was Sie wissen?«
    »Das habe ich versprochen, und ich halte mein Versprechen. Ich weiß nichts über diesen Ältestenrat, obgleich ich jetzt wohl doch etwas über ihn weiß. Ich weiß, dass Sie befürchten, ich könnte mit ihm reden.«
    »Sei verflucht, gemeiner Teufel!« Miguel spuckte aus. Er fühlte, wie seine Faust sich ballte und sein Arm sich spannte.
    »Es ist eine Schande, dass Sie überlistet wurden, aber Sie haben einen alten Bekannten vor einem so schrecklichen Schicksal wie dem Rasphuis gerettet. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar.« Joachim verbeugte sich tief und rannte dann in die Nacht hinaus.
    Es dauerte einen Moment, bis Miguel seine Gedanken sammeln konnte. Er durfte gar nicht darüber nachdenken, wie er sich eben vor diesem Wahnsinnigen gedemütigt hatte. Wesentlich wichtiger war, dass der Ma’amad ihn zu sich bestellt hatte und er immer noch nicht wusste, warum. Wenn es nicht Joachim gewesen war, der ihn angezeigt hatte, musste diese
Vorladung das Werk Paridos sein. Die Spitzel, die er nach Rotterdam geschickt hatte, hatten nichts gesehen, das sie gegen ihn verwenden konnten. Waren sie Zeugen des Vorfalls zwischen Joachim, Hannah und Annetje auf der Straße? Vielleicht, aber sie konnten ihn kaum exkommunizieren, wenn er eine triftige Erklärung dafür hatte. Er war sich sicher, dass ihm noch vor dem Morgen eine einfallen würde.

21
    Miguel war schon vor Tagesanbruch aus dem Bett. Nachdem er aufgrund des Kaffees, den er vorm Zubettgehen getrunken hatte – damit sein Denken im Schlaf aktiv blieb -, ausgiebig uriniert hatte, wusch er sich und sprach seine Morgengebete mehr flehend als mit Begeisterung. Er kleidete sich an, nahm zum Frühstück Brot und getrockneten Käse zu sich und kippte hastig eine Schale Kaffee hinunter.
    Letzte Nacht war er von dem verzweifelten Bedürfnis getrieben worden, etwas zu tun, um seine Lage zu verbessern, aber in der Stille seines Zimmers konnte er dem harten Knoten der Furcht nicht entrinnen, der sich in seinem Bauch zusammenzog. Dies war keine gewöhnliche Vorladung. Es würde keine nachsichtigen Belehrungen über die Wichtigkeit der Speisevorschriften oder den Widerstand gegenüber den Reizen holländischer Mädchen geben.
    Konnte er wirklich allem den Rücken kehren, wie Alferonda es getan hatte? Statt als Wucherer und stadtbekannter

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