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Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
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Tag Bettruhe verordnete, bis sie außer Lebensgefahr wäre. Hannah hatte die Arznei verweigert, sie hätte sich nur erschreckt, doch der Arzt wollte nicht glauben, dass eine Frau einen so großen Schock überstehen konnte, ohne dass ihre Körpersäfte ins Ungleichgewicht gerieten und, wichtiger noch, wie er meinte, die Körpersäfte des ungeborenen Babys. Daniel warf Miguel einen strengen Blick zu, sagte jedoch nichts, brachte keine Beschuldigungen vor. Dennoch konnte Miguel die schlichte Wahrheit nicht länger ignorieren, dass es zwischen ihm und seinem Bruder nie wieder sein würde wie zuvor.

    Aus
    Die auf Tatsachen beruhenden und aufschlussreichen Memoiren des Alonzo Alferonda
    Eines Nachts kehrte ich von den Abendgebeten (ja, Abendgebete – es gab Gott sei Dank immer noch ein paar kleine Synagogen, die dem Ma’amad trotzten und mir erlaubten, in ihrer Mitte dem Allmächtigen zu huldigen, solange ich darauf achtete, dass ich nicht bemerkt wurde) nach Hause zurück, als ich spürte, wie eine Hand meine Schulter packte. Ich schaute auf und erblickte nicht etwa einen verzweifelten Schuldner, der, um sein Leben fürchtend, Alferonda anfiel, ehe er selbst angefallen wurde, sondern Solomon Parido.
    »Senhor«, sagte ich mit Erleichterung, »ich hatte kaum angenommen, dass ich Sie so bald wiedersehen würde.«
    Parido wirkte unschlüssig. Er kam mir ebenso ungern nahe wie ich ihm. Ich hatte bei diesen Begegnungen nichts zu verlieren, er dagegen seinen Stolz. »Ich wollte Ihnen nicht auflauern.«
    »Und dennoch«, bemerkte ich, »sind sie hier, lungern auf der Straße herum und warten auf mich.« Ich hatte Grund zu der Besorgnis, er könne wissen, dass ich beim Gebet gewesen war, aber er sagte nichts, und so kam ich zu dem Schluss, dass er nicht gezögert hätte, eine so wertvolle Karte auszuspielen. Meine Freunde in der kleinen Synagoge waren in Sicherheit.
    Parido reckte das Kinn vor, als wollte er all seinen Mut zusammennehmen,
und wandte sich mir zu. »Ich möchte mehr über das wissen, was Sie mit Miguel Lienzo geplant haben.«
    Ich beschleunigte meinen Schritt, wenn auch nur ein wenig. Das ist eine Taktik, die ich vor so langer Zeit gelernt habe, dass es mir meistens selbst nicht mehr auffällt, wenn ich sie anwende. Wenn man die Geschwindigkeit seines Ganges verändert, wird der Begleiter nervös. Er muss mehr über Nebensächlichkeiten nachdenken, und das lenkt seine Konzentration von den Themen ab, wo sie hingehört. »Ich staune über Ihre Anmaßung«, sagte ich. »Wieso glauben Sie, ich würde meinem Feind von meinen Plänen erzählen, wenn ich welche hätte?«
    »Ich mag ja Ihr Feind sein, wie Sie es nennen, aber Lienzo ist es nicht. Manipulieren Sie ihn?«
    Ich lachte. »Wenn Sie das denken, warum sagen Sie es ihm nicht?«
    »Die Dinge sind inzwischen zu weit gediehen, er würde mir nie glauben. Ich habe seinen Bruder gebeten, ihn vor Ihnen zu warnen, doch ich bezweifle, dass das viel nützt.«
    »Das bezweifle ich auch. Vielleicht wäre es eine bessere Strategie gewesen, wenn sein Bruder ihn ermutigt hätte, Geschäfte mit mir zu machen.« Ich zwinkerte ihm zu. »Ich habe gehört, jemand hat einen Schweinskopf vor die Türschwelle des Hauses seines Bruders gelegt. Wissen Sie davon?«
    »Wie können Sie es wagen, mich eines so erbärmlichen Verbrechens zu beschuldigen? Hören Sie mir zu, Alferonda, falls Sie Freundschaft für Lienzo empfinden, machen Sie der Sache ein Ende. Wenn er mir in die Quere kommt, vernichte ich ihn.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Sie denken, Sie können jeden vernichten. Sie denken, Sie können Wunder bewirken. Ihre Macht als Parnass hat Sie zutiefst korrumpiert, Parido, und Sie erkennen es nicht einmal. Sie sind die verzerrte Version des Mannes geworden, der Sie einst waren. Sie drohen mir, Sie
drohen Lienzo – überall sehen Sie Komplotte. Sie wissen nicht mehr, was real und was Ihre eigene Fantasie ist.«
    Er starrte mich einen Moment lang an, und ich sah ihm an, dass ich auf etwas gestoßen war. Das ist der allerälteste Trick, doch ich kannte ihn gut. Ich hatte ihn oft praktiziert. Der Anschein von Aufrichtigkeit kann auch den unentwegtesten Widersacher wahrhaft entmannen.
    »Überlegen Sie doch«, sagte ich, begierig darauf, den Vorteil zu nutzen, »wessen Sie mich, wessen Sie Miguel beschuldigt haben. Halten Sie es wirklich für glaubhaft, dass Männer sich in so wilde Intrigen verstricken? Ist es nicht weitaus wahrscheinlicher, dass Ihr Argwohn und Ihre Gier Sie nicht nur

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