Der Kaffeehaendler - Roman
anvertrauen. Kein Geschäftsmann würde Miguel jemals eine Partnerschaft anbieten. Heute zu scheitern würde heißen, dass er das Leben eines Händlers aufgeben musste.
Miguel war aus dem Haus getreten, die Zähne noch pelzig vom Kaffee, und hatte die frühmorgendliche Luft eingeatmet. Er fühlte sich eher wie ein Konquistador als wie ein Kaufmann. Nur ein paar Wolkenfetzen trieben über den Himmel, und eine leichte Brise wehte vom Wasser her. Ein abergläubischer Holländer mochte in einem klaren Himmel ein gutes Omen sehen, doch Miguel wusste, dass der Himmel auch für Parido klar war.
Miguel wartete draußen auf dem Dam inmitten der ungewöhnlich schweigsamen Menge. Keine Streitigkeiten, kein Gelächter. Nirgendwo ein lauter Wortwechsel. Wenn gesprochen wurde, dann im Flüsterton.
Paridos Kaufoptionen waren ebenso wie Miguels Verkaufsoptionen beim heutigen Börsenschluss fällig. Das bedeutete, dass Parido für einen andauernd hohen Preis sorgen musste, und je höher er anstieg, desto mehr würde er profitieren; je tiefer er fiel, desto mehr würde Miguel verdienen. Falls Miguel nichts unternahm, würde Parido Gewinn aus seiner Investition
schlagen, und Miguel würde Verlust machen. Da Parido die Kaffeeladung besaß, die für Miguel bestimmt gewesen war, würde er mindestens bis übermorgen an seiner Ware festhalten. Danach verkaufte er vielleicht allmählich, was er hatte, zu einem in die Höhe getriebenen Preis.
»Wenn Sie Parido wären«, hatte Alferonda argumentiert, »würden Sie Ihr Handelskonsortium nutzen. Sie könnten das Gerücht verbreiten, sein Konsortium plane, Anteile loszuschlagen, was den Preis sinken lassen würde. Aber solche Macht haben Sie nicht. Parido hat sie.«
»Warum streut er nicht einfach das Gerücht, sein Konsortium wolle kaufen, damit der Preis noch weiter ansteigt?«
»Das Gerüchtespiel ist heikel. Wenn ein Konsortium es zu oft spielt, wird irgendwann keiner mehr diese Gerüchte glauben, und es hat ein nützliches Werkzeug eingebüßt. Die Sache mit dem Kaffee ist die von Parido, nicht die seines Konsortiums. Die anderen Mitglieder werden nicht willens sein, ihr Gerüchtekapital zu seinen Gunsten zu verbrauchen, es sei denn, die Verheißung von Reichtum wäre zwingend genug. Aber es gibt andere Möglichkeiten für ihn, seine Leute einzusetzen.«
»Er kann sie anweisen, nicht auf mich zu reagieren.«
»Genau. Parido wird annehmen, dass Sie versuchen, den Kaffee zu verkaufen, den Sie erstanden haben, und es so aussehen lassen, als hätten Sie mehr, als tatsächlich der Fall ist, damit der Preis sinkt. Oder dass Sie verkaufen, was Sie nicht haben. Nun weiß er, dass das knifflig ist, denn wenn Sie es schaffen, ein Verkaufsfieber zu erzeugen, können Sie anschließend billig erwerben, was andere abstoßen, und falls jemand das Vorhandensein der Ware anzweifelt, können Sie vorlegen, was Sie versprochen haben. Aber er wird sein Konsortium sicher instruiert haben, das Gerücht zu verbreiten, dass Sie das, was Sie angeblich verkaufen wollen, gar nicht haben, und keiner wird von Ihnen kaufen.«
Miguel lächelte. »Kann es wirklich so simpel sein?«
»Parido ist ein sehr mächtiger Mann«, sagte Alferonda. »Er hat sein Vermögen nicht dadurch gemacht, dass er besonders raffiniert ist, sondern damit, dass er sich um die einfachen Dinge kümmert. Sie haben in der Vergangenheit demonstriert, dass Sie allein arbeiten, dass Sie mit wenig Strategie vorgehen, und dass Sie dazu neigen, eher Ihren Instinkten zu folgen als klaren Geschäftsplänen. Ich sehe, Sie sind beleidigt, aber Sie können nicht bestreiten, dass es zutrifft. Sie haben Fehler gemacht, Miguel, doch diese Fehler werden Ihnen diesmal, wenn Sie die Börse betreten, sehr dienlich sein. Parido wird einen ganz anderen Gegner vorfinden als den Mann, den er erwartet.«
Die Uhr am Turm des prächtigen Rathauses schlug zwölf, und die Tore zur Börse öffneten sich unter lauten Rufen, die auf dem Dam widerhallten. Miguel drängte sich gemeinsam mit Hunderten anderer Händler hinein und bahnte sich langsam seinen Weg in die Ostindien-Ecke, wobei er alle ignorierte, die ihm lautstark ihre Waren anboten.
Um die Ostindien-Händler herum war eine größere Menge als sonst. Viele der Männer gehörten Paridos Konsortium an. Sie trugen die bunten Farben und gefiederten Hüte der Portugiesen und traten wie gebieterische Hidalgos auf. Sie waren hier aus Gefälligkeit gegenüber ihrem Freund. Es kostete sie nichts, den Kaffeehandel zu
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