Der Kaffeehaendler - Roman
zu rechtfertigen, aber er war nichts weiter als ein kleinlicher Despot, der die wenige Macht, die er besaß, genoss, um sich wie ein großer Mann zu fühlen. Selbst wenn er an Ihnen, dem Bruder eines Partners, etwas wieder gutmachen wollte. Entschuldigt es das Böse, das er bereits getan hat, und das Böse, das er weiterhin tun wird? Ich habe unserem Volk einen großen Dienst erwiesen damit, dass ich ihn zur Strecke gebracht habe, Miguel.«
»Und es spielt wohl keine Rolle, dass Geertruid, die meine Freundin war, zugrunde gerichtet wurde?«
»Oh, sie ist nicht zugrunde gerichtet, Miguel. Sie ist eine Diebin und Gaunerin. Ich kenne den Typ, und ich sage Ihnen, dass sie sich immer durchschlagen wird. Sie ist eine hinterlistige Frau und noch reichlich mit Schönheit gesegnet. Nächstes Jahr um diese Zeit ist sie die Gattin eines Antwerpener Bürgers oder die Geliebte eines italienischen Prinzen. Um sie brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Ich bin schließlich derjenige, der dreitausend Gulden eingebüßt hat. Sie hätte mir wenigstens ein bisschen davon zurückzahlen können.«
Miguel schüttelte lediglich den Kopf.
»Sie sind noch über etwas anderes verärgert, nehme ich an. Sie haben eine Menge Geld verdient. Sie sind Ihre Schulden los und haben außerdem einen netten Profit eingeheimst, und Sie sind der populärste Händler in der Vlooyenburg – fürs Erste zumindest. Aber Sie sind verstimmt, weil Sie nicht auf dem Weg zum Reichtum sind, wie Sie gehofft hatten.«
Miguel starrte vor sich hin. Vielleicht schämte er sich zuzugeben, dass er sich tatsächlich ärgerte, weil sein Verdienst nicht so groß war, wie er geglaubt hatte.
»Sie beide wollten den Kaffeemarkt in Europa erobern«, sagte ich, »doch das halte ich für unwahrscheinlich. Ihr Plan war zu ehrgeizig; die Ostindische Kompanie hätte es nie zugelassen. Ich wollte Sie bloß retten, ehe Sie sich übernahmen. Hätte ich das nicht getan, wären Sie in einem halben Jahr wieder ruiniert. Stattdessen haben Sie sich wacker geschlagen. Sie denken, weil Ihr Plan mit Geertruid Damhuis gescheitert ist, wollen Sie nichts mehr mit Kaffee zu tun haben? Unsinn. Sie haben diese Ware berühmt gemacht, Miguel, und jetzt schaut die Stadt auf Sie. Es ist nach wie vor ein großes Vermögen zu machen. Sie wollten ein Geschäft, das all Ihren Machenschaften ein Ende setzt, und nun haben Sie eines, das noch ganz am Anfang steht. Handhaben Sie es klug, dann werden Sie beizeiten zu Reichtum kommen.«
»Sie hatten nicht das Recht, mich derartig hinters Licht zu führen.«
Ich zuckte die Achseln. »Vielleicht nicht, aber Sie haben den Vorteil davon. Sie haben Ihr Geld und werden überdies, wie ich höre, bald heiraten. Herzlichen Glückwunsch für Sie und die schöne Braut. Sie haben gesagt, Sie wollen eine Frau und Kinder, und die kriegen Sie jetzt mit meiner Hilfe. Ich mag ja nicht Ihr ehrlichster Freund gewesen sein, doch ich war stets Ihr bester.«
Miguel erhob sich von seinem Stuhl. »Ein Mann muss sein Vermögen selbst machen und darf sich nicht wie eine Schachfigur hin und her schieben lassen. Ich werde Ihnen nie verzeihen«, sagte er.
Wenn man bedenkt, dass er zu mir gekommen war, um mich zu töten, so bin ich doch siegreich aus diesem Kampf hervorgegangen.
»Irgendwann werden Sie mir verzeihen«, sagte ich, »und sogar danken.« Aber er war schon fort – die Treppe hinab in so eiligen Schritten, dass er beinahe stürzte – und suchte sich selbst seinen Weg zur Tür. Betrunken, wie er war, brauchte er dafür einige Minuten. Ich hörte Flaschen klirren und ein Möbelstück umfallen, doch das bedeutete mir wenig. Sobald er draußen war, bat ich Roland, Annetje, dem Mädchen, mitzuteilen, sie könne aus ihrem Versteck herauskommen. Jetzt, da sie mich hatte, der für sie sorgte, war sie noch viel schöner. Ich wusste, es wäre besser, wenn Miguel sie nicht in meinem Haus sah, denn ihr strahlendes Gesicht legte unverkennbar Zeugnis davon ab, dass ich der bessere Liebhaber war, und das war eine Tatsache, vor der ich seine empfindlichen Gefühle lieber bewahren wollte.
35
Miguel war noch nicht vertraut mit seiner Wohnungseinrichtung, und überall standen Truhen mit Kleidungsstücken und Kisten mit soeben erstandenen Waren. Als er frühmorgens durch ein Klopfen an seine Tür geweckt wurde, wusste er, dass seine Zugehfrau bereits Milch und Brot einkaufen gegangen war. Er hatte Kopfschmerzen, und die nagende Erinnerung an etwas Schreckliches, etwas, an das er
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