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Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
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nicht zu denken wagte, geisterte durch seinen Hinterkopf.
    Geertruid. Er hatte Geertruid ruiniert, und zwar für nichts – für Alferondas kleinliche Rache an einem Mann, der aufrichtig versucht hatte, die Dinge ins rechte Lot zu bringen und Miguels Freund zu werden. Parido war nur ein Börsenhändler, der seine Investitionen absichern wollte. Miguel war der Schurke gewesen.
    Lieber wieder einschlafen und nicht mehr daran denken, und sei es nur für ein paar Stunden.
    Das Hämmern an der Tür ließ ihn nicht zur Ruhe kommen. Er wälzte sich aus dem Bett – zum ersten Mal, seit er eingezogen war, vergaß er, dessen Bequemlichkeit zu genießen – und schlüpfte rasch in einen Morgenmantel und in ein Paar Filzpantoffeln. Das Haus war ein Labyrinth aus Truhen und herumstehenden Möbeln, und er stolperte zweimal, bevor er die Hintertür in der Küche erreichte. Er wohnte seit vierzehn
Tagen hier und wusste kaum, wo die Küche war; immerhin kümmerte sich die Zugehfrau um diese Dinge.
    Endlich hatte er sich zur Tür vorgetastet und öffnete deren oberen Teil. Die angenehmen Gerüche des frühen Morgens – nach Fisch und Bier und frisch gebackenem Brot – prallten so ungestüm auf ihn ein, dass sich ihm der Magen umdrehte und er die Augen schließen musste, damit er sich nicht erbrach. Als er sie wieder aufmachte, begrüßte ihn das verhärmte Gesicht von Hendrick. Er hatte seinen Hut verloren, und seine Haare hingen ihm in schmutzigen Strähnen ins Gesicht. Die Schnittwunde unter einem Auge war hässlich verklebt und sein Hemd mit Blut beschmiert. Irgendwie wusste Miguel sofort, dass das Blut nicht Hendricks war.
    »Ich habe nicht übermäßig viel Zeit«, sagte er, »deshalb bitte ich Sie nicht, mich eintreten zu lassen.«
    »Was wünschen Sie?« Miguel hatte ein neues Leben begonnen, und er wollte nicht mit so einem Menschen gesehen werden. Und die schwache Erinnerung an ein anderes Gespräch hallte von den Tiefen seines Bewusstseins wider. Hatte Hendrick nicht versprochen, Miguel zu töten, falls er Geertruid hinterging?
    Aber anscheinend war Hendrick nicht als Mörder gekommen. »Ich will meine fünfzig Gulden«, sagte er und wischte sich Erde aus seinem Schnurrbart.
    »Ich verstehe Sie nicht.«
    »Wir hatten einen Vertrag, Sie und ich. Eine Abmachung. Sie haben mir das Geld geboten, und ich habe Sie beim Wort genommen. Letzte Nacht. Ich habe den Burschen aufgetrieben und die Sache erledigt.«
    Joachim. Er hatte Joachim verprügelt. »Aber ich habe nie gesagt, dass Sie es durchführen sollten. Ich habe bloß nachgefragt.«
    »Nun, es ist zu spät für Haarspaltereien. Die Tat ist vollbracht,
und ich brauche das Geld. So sieht es aus.« Er stieß ein kurzes, kehliges Lachen aus, das sich in ein Husten verwandelte. »Der Bursche ist erledigt, und ich sollte die Stadt lieber so schnell wie möglich verlassen, ehe mich die Männer des Wachtmeisters schnappen.«
    »Ich gebe Ihnen gar nichts«, sagte Miguel. »Ich habe Sie nie darum gebeten.«
    Die Gewaltbereitschaft, die immer in Hendrick geschlummert hatte, kam jetzt an die Oberfläche. Sein Gesicht wurde rot, und seine Augen weiteten sich. »Hören Sie, Judenmann. Sie werden mir das Geld geben, sonst sind Sie in größeren Schwierigkeiten, als Sie glauben. Wenn sie mich wirklich kriegen, werde ich nicht zögern zu sagen, dass Sie es waren, der mich damit beauftragt hat, deshalb überlegen Sie es sich lieber, und überlegen Sie rasch. Ich weiß, Sie wollen nicht, dass ich hier gesehen werde, also bringen wir es hinter uns.«
    Miguel wusste, dass es sehr wohl fünfzig Gulden wert war, wenn Hendrick verschwand, daher entschuldigte er sich und holte das Geld in Münzen, da er annahm, Hendrick würde sich nichts aus einer Banknote machen.
    »Wie schwer haben Sie ihn verletzt?«, fragte er, als er ihm den Geldbeutel aushändigte.
    »So ist’s recht«, sagte Hendrick. Er tupfte sich die Schnittwunde in seinem Gesicht mit dem Ärmel ab. »Schwerer, als ich vorhatte. Aber er braucht ja wohl nicht beide Augen, oder? Eines reicht gewiss auch.«
    Miguel schluckte. »Sie haben ihm ein Auge ausgeschlagen?«
    »Ich habe es nicht ausgeschlagen«, korrigierte Hendrick ihn. »Auf einmal war es draußen. So was kommt ab und zu vor, und es ist nicht sehr sinnvoll, über etwas zu lamentieren, das nicht mehr rückgängig zu machen ist.«
    »Scheren Sie sich fort«, sagte Miguel leise.

    »Er wusste gar nicht, was los war, wieso ich ihn packte und zu Boden warf und ihm ins Gesicht trat.

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