Der Kaffeehaendler - Roman
servierten Würstchen oder Hering oder Käse; in den Hütten wurden Dienste angeboten, die eher ein anderes fleischliches Verlangen stillten.
Miguel hatte Schwierigkeiten, den Treffpunkt zu finden, obwohl er mehrere Leute nach dem Weg gefragt hatte. Schließlich stand er vor einem Gebäude, das wohl das richtige sein musste, eine armselige Hütte aus Holz, schief und krumm, die aussah, als könnte sie kaum einem Gewitter standhalten. Miguel fand die Tür verschlossen vor, doch der Bordellbesitzer von nebenan versicherte ihm, dass er hier richtig sei, deshalb klopfte er laut.
Augenblicklich öffnete sich die Tür einen Spaltbreit, und Miguel starrte auf einen dunkelhäutigen Türken mit gelbem Turban. Der Mann sagte nichts.
»Ist dies das Kaffeehaus?«, fragte Miguel.
»Wer sind Sie?«, grunzte der Türke in stümperhaftem Holländisch.
»Ist es eine Privatschenke? Das wusste ich nicht.«
»Ich habe nicht gesagt, dass es eine ist. Ich habe auch nicht gesagt, dass es keine ist. Ich habe nur gefragt, wer Sie sind.«
»Mein Name sagt Ihnen sicherlich nichts. Ich bin Miguel Lienzo.«
Der Türke nickte. »Senhor Alferondas Freund. Sie dürfen eintreten. Senhor Alferondas Freunde sind hier stets willkommen.«
Senhor Alferondas Freund? Miguel hatte keine Ahnung, dass Alferonda bereits von Kaffee gehört hatte, aber anscheinend war er gut bekannt bei den Mohammedanern. Miguel folgte dem Türken in das Gebäude, dessen Inneres kaum mehr beeindruckte als sein Äußeres. Grob gezimmerte Tische und Stühle standen auf dem feuchten Lehmfußboden. Sofort überwältigte ihn der Duft von Kaffee, weitaus intensiver und bei ßender als der im Wirtshaus von Geertruids Vetter. Auf den Bänken saß ein bunt zusammengewürfelter Haufen von Männern: Türken mit Turbanen, holländische Seeleute, ein Durcheinander von Ausländern – und ein Jude. Alonzo Alferonda war im Gespräch mit einem hoch gewachsenen Türken in blauen Gewändern. Er flüsterte etwas, als Miguel näher trat, und der Türke entfernte sich.
Alferonda stand auf, um Miguel zu begrüßen, obwohl er im Stehen noch kleiner wirkte. Er war ein rundlicher Bursche mit breitem Gesicht und großen Augen, die sich hinter einem dichten, schwarzen Bart, der stellenweise schon leicht ergraute, versteckten. Miguel konnte kaum glauben, dass es viele Männer gab, die vor diesem pausbäckigen Gesicht erzitterten. Eines Abends waren sie zusammen aus einer Schenke nahe den Docks gekommen. Ein Diebespaar war aus einer Gasse hervorgesprungen, hatte die Messer geschwungen, entschlossen, ihre Geldbeutel zu stehlen. Ein Blick auf Alferonda, und die beiden hasteten davon wie aufgeschreckte Katzen.
»Ich war überrascht, dass Sie mich hier treffen wollten«, sagte Alferonda. »Ich wusste gar nicht, dass Sie Geschmack an Kaffee gefunden haben.«
»Dasselbe könnte ich von Ihnen sagen. Ich habe erst kürzlich damit Bekanntschaft gemacht, und ich wollte sehen, wie so ein Kaffeehaus ist.«
Alferonda forderte ihn mit einer Geste zum Platznehmen auf. »Es ist nichts Großartiges, doch sie haben gute Bohnen, und die Nachfrage ist so gering, dass ihnen der Vorrat selten ausgeht.«
»Aber manchmal ist er knapp?«
»Das kann vorkommen.« Der Wucherer musterte Miguel. »Der Kaffeehandel wird von der Ostindischen Kompanie kontrolliert, und da in Europa nicht viel Nachfrage herrscht, importiert die Kompanie keine großen Mengen. Die Bohnen werden überwiegend im Osten verkauft. Warum interessiert Sie das?«
Miguel ignorierte die Frage. »Ich hatte ganz vergessen, dass Sie im Orient gelebt haben, natürlich kennen Sie Kaffee.«
Der andere öffnete seine Hände weit. »Alferonda hat überall gelebt und hat überall Verbindungen, deshalb nehmen Sie ihn ja auch aufs Korn.«
Miguel lächelte über die Anspielung. »Haben Sie Informationen?«
»Hervorragende Informationen.«
Miguel hatte Alferonda gebeten, einem Gerücht nachzugehen, das ihm zu Ohren gekommen war. Es ging um Paridos Beteiligung an einem geplanten Handel mit Walfischtran. Er hatte gezögert, diese Angelegenheit zu verfolgen; es war gefährlich, sich den Parnass in geschäftlichen Dingen zum Feind zu machen. Er wollte nur Auskünfte, sagte sich Miguel, er brauchte ja nicht in Aktion zu treten.
»Sie hatten ganz Recht mit Parido«, begann Alferonda, »er hat einen Spion in der Ostindischen Kompanie.«
Miguel zog die Augenbrauen hoch. »Ich hätte nicht gedacht, dass er so viel Ehrgeiz besitzt.«
»Die Kompanie ist nicht so
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