Der Kaffeehaendler - Roman
Tätigkeit wieder aufgenommen.
Hannah war nichts anderes übrig geblieben, als selbst das Ohr an die Tür zu drücken.
Jetzt konnte sie Paridos Stimme gedämpft von drinnen hören. »Ich habe gehofft, dass ich einen Augenblick mit Ihnen sprechen kann«, sagte er.
»Die Gelegenheit hätten Sie gestern Abend nutzen können. Ich habe Sie an der Talmud-Thora gesehen.«
»Warum hätte er nicht an der Talmud-Thora sein sollen?«, fragte Daniel. »Er ist ein Parnass .«
»Bitte, Daniel«, sagte Parido leise.
Ein Moment des Schweigens, dann fuhr Parido fort: »Senhor, ich möchte nur Folgendes sagen. Es steht seit einiger Zeit nicht gut zwischen uns. Nach der Sache mit Antonia haben Sie mir einen Brief geschickt, in dem Sie mir Ihre Entschuldigung angeboten haben, die ich damals ablehnte. Nun bedaure ich meine Entscheidung. Ihr Verhalten war töricht und gedankenlos, aber nicht bösartig.«
»Dem kann ich zustimmen«, sagte Miguel nach einer Weile.
»Ich erwarte nicht, dass wir umgehend gute Freunde werden, doch ich würde gern weniger Verdruss zwischen uns sehen.«
Sie tranken schweigend Wein. »Es war nicht besonders angenehm, als Sie mich vor den Ma’amad brachten.«
Parido stieß ein bellendes Lachen aus. »Lassen Sie mir Gerechtigkeit widerfahren, und erkennen Sie an, dass ich Sie nie zu Unrecht beschuldigt habe und dass Sie auch nie streng bestraft wurden. Meine Pflichten als Parnass verlangen von mir,
dass ich das Verhalten der Gemeinde überwache, und in Ihrem Fall habe ich versucht, aus Zuneigung zu Ihrem Bruder Gnade walten zu lassen, statt aus Groll gegen Sie vorzugehen.«
»Wie merkwürdig, dass mir das nie in den Sinn gekommen ist.«
»Sehen Sie?«, sagte Daniel. »Er hat kein Interesse daran, die Animositäten zu beenden.«
Parido schien ihn zu ignorieren. »Wir sind die letzten zwei Jahre böse aufeinander gewesen. Ich kann nicht erwarten, das wir Freunde werden, nur weil ich es will. Ich bitte Sie lediglich, ihre feindselige Einstellung nicht auszuweiten, dann werde ich dasselbe tun, und mit der Zeit können wir uns vielleicht gegenseitig vertrauen.«
»Ich weiß Ihre Worte zu würdigen«, sagte Miguel. »Ich wäre glücklich, wenn unsere Beziehung angenehmer wäre.«
»Wenn wir uns das nächste Mal sehen«, drängte Parido, »werden wir uns, wenn schon nicht als Freunde, wenigstens als Landsleute begegnen.«
»Einverstanden«, sagte Miguel in einem versöhnlichen Ton. »Ich danke Ihnen für diese Geste.«
Hannah vernahm Schritte, die auf die Tür zuschlurften, und wagte nicht, länger im Flur zu verweilen.
Frauen wurden zwar nicht in geschäftliche Angelegenheiten eingeweiht, doch sie wusste, dass Parido lange gegen Miguel gearbeitet hatte. Konnte er diesem Friedensangebot jetzt trauen, zumal es so plötzlich kam? Es war wie in einem Märchen, dachte Hannah, wo Kinder von der Hexe mit Süßigkeiten in ihr Haus gelockt werden oder Kobolde gierige Reisende mit Gold und Juwelen in Versuchung führen. Sie dachte daran, Miguel zu warnen, aber er brauchte ihre Hilfe wohl kaum. Miguel erkannte eine Hexe oder einen Kobold. Er war nicht leicht hinters Licht zu führen.
4
Obwohl er eigentlich Dringenderes zu erledigen hatte, suchte Miguel einen Buchhändler nahe der Westerkerk auf und fand dort die Übersetzung einer Druckschrift, die die Vorzüge von Kaffee pries. Der Autor schrieb mit einer Begeisterung, die die von Geertruid weit in den Schatten stellte. Kaffee, so behauptete er, habe in England beinahe die Pest besiegt. Er erhalte generell die Gesundheit und mache diejenigen, die ihn trinken, kräftig und dick; er unterstütze die Verdauung und heile Schwindsucht und andere Lungenkrankheiten. Er helfe wunderbar bei Ausflüssen, sogar bei der roten Ruhr, und kuriere bekanntlich Gelbsucht und jede Art von Entzündung. Daneben, so schrieb der Engländer, verleihe er erstaunliche Kräfte, schärfe Geist und Konzentration. In den nächsten Jahren, meinte der Verfasser, könne ein Mann, der keinen Kaffee trinke, nicht mehr mit dem konkurrieren, der sich seine Geheimnisse zunutze mache.
Später, unten in seiner Kellerkammer, kämpfte Miguel gegen den Drang an, einen Zinnkrug an die Wand zu schmettern. Sollte er seine Aufmerksamkeit auf Kaffee oder Weinbrand richten? Konnte er beide voneinander trennen? Das Weinbrandgeschäft zog ihn hinab wie ein Gewicht einen Ertrinkenden, Kaffee dagegen könnte genau das Richtige sein, um ihm Auftrieb zu geben.
Trost suchend wandte er sich, wie er es immer
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