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Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
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mächtig, wie sie alle Welt glauben machen will. Gold bewirkt bei allen Männern dasselbe. Parido hat erfahren, dass die Kompanie plant, große Mengen Walfischtran zu erstehen, um ihn dann in Japan und Cathay zu verkaufen. Aber diese Burschen haben die Geduld zu warten, bis der Preis fällt, denn sie wissen, dass die Produktion neuerdings stetig ansteigt. Parido hat in aller Stille an anderen Börsen Walfischtran erworben – hier ein bisschen, dort ein bisschen, verstehen Sie – und hofft, den Markt so allmählich damit zu überschwemmen, dass der Preis sinkt, ohne Verdacht zu erregen. Unterdessen erwerben er und sein Konsortium auch noch Kaufoptionen, was ihnen ermöglicht, sich die gegenwärtigen niedrigen Preise zu sichern.«
    Miguel holte tief Luft. »Ich bin kein Freund von Parido, aber ich bin beeindruckt. Irgendwann wird die Ostindische Kompanie befinden, der Preis sei niedrig genug, um zu kaufen, und ihre Lagerhäuser füllen, und wenn das geschieht, steigt der Preis. Nun hat Paridos Konsortium aber die Kaufoptionen, die ihnen erlauben, zum künstlich gesenkten Preis zu kaufen und dann zu dem in die Höhe getriebenen Preis zu verkaufen.« Die Märkte wurden ständig von Handelskonsortien manipuliert, doch dieser Plan – an fremden Börsen zu kaufen, einen Markt zu kreieren, um Käufer anzulocken – überstieg alles, was Miguel bisher gehört hatte. »Wie haben Sie davon erfahren?«
    Alferonda strich sich über den Bart. »Alles ist in Erfahrung zu bringen. Sie hören Gerüchte über Walfischtran, ich stelle ein paar Fragen, und schon bald kommt alles ans Licht.«
    »Wann soll dieser Handel stattfinden?«
    »Irgendwann im folgenden Monat, zwischen diesem Abrechnungstag und dem nächsten. Ich brauche Ihnen wohl nicht zu raten, vorsichtig zu sein, aber als Ihr Freund muss ich Sie mahnen. Sie könnten mit auf Paridos Geschäft aufspringen, wenn Sie wollten. Er wird eine finstere Miene ziehen, weil Sie
von seiner Arbeit profitieren, doch das macht nichts, solange Sie ihm keinen Schaden zu fügen, das vergibt er Ihnen nie.«
    »Sie müssten mich für konfus halten, wenn Sie mir einen solchen Rat geben«, sagte Miguel gutmütig.
    »Konfus nicht, doch ich würde ungern sehen, dass Ihr Eifer Ihrem Ehrgeiz in die Quere kommt. Nun, ich habe bereits Walfischtran zum Niedrigpreis gekauft, und ich schlage vor, dass Sie das ebenfalls so schnell wie möglich tun.«
    »Ich werde bis nach dem Abrechnungstag warten müssen. Ich hoffe, dann wieder ein wenig Geld zu besitzen.«
    Ein Türke stellte zwei winzige Schälchen vor sie hin. Es waren die kleinsten Trinkgefäße, die Miguel je gesehen hatte, und sie enthielten eine Flüssigkeit, schwarz und dick wie Schlamm.
    »Was ist das?«, fragte Miguel.
    »Das ist Kaffee. Haben Sie ihn noch nicht probiert?«
    »Doch«, sagte Miguel, hob das Schälchen hoch und hielt es dicht an eine Öllampe, »aber der sah ganz anders aus als dieser hier.«
    »So trinken ihn die Türken. Sie kochen ihn dreimal auf, um ihn dunkler zu machen und zu destillieren. In ihrer Heimat servieren sie ihn oft mit großem Zeremoniell. Aber die Amsterdamer haben keine Zeit für die Frivolität eines Rituals. Achten Sie darauf, dass das Pulver sich am Boden absetzt.«
    »Als ich ihn das letzte Mal getrunken habe«, sagte Miguel, das Getränk skeptisch beäugend, »war er mit Milch zubereitet. Oder mit süßem Wein. Ich entsinne mich nicht.«
    »Die Türken glauben, dass er Lepra verursacht, wenn man ihn mit Milch mischt.«
    Miguel lachte. »Ich hoffe nicht. Sie scheinen eine Menge über Kaffee zu wissen. Was können Sie mir noch berichten?«
    »Ich kann Ihnen von Kaldi, dem abessinischen Ziegenhirten, erzählen.«

    »Warum sollten mich abessinische Ziegenhirten interessieren?«
    »Sie werden sehen, die Geschichte ist interessant. Er lebte vor einiger Zeit und ließ seine Herde auf den Hügeln Abessiniens weiden. Eines Nachmittags fiel ihm auf, dass seine Ziegen viel lebhafter waren als sonst; sie tanzten umher, stellten sich auf die Hinterbeine und blökten ihre kleinen Ziegenliedchen vor sich hin. Kaldi beobachtete sie mehrere Tage lang, und sie wurden immer lebhafter. Sie rannten und spielten und hüpften herum, obwohl sie eigentlich hätten schlafen sollen. Sie tanzten und blökten, statt zu fressen.
    Kaldi war sicher, dass ein Dämon von den Ziegen Besitz ergriffen hatte, doch er nahm seinen ganzen Mut zusammen und folgte den Tieren in der Hoffnung, einen Blick auf seinen Widersacher zu erhaschen. Am

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