Der Kaffeehaendler - Roman
erzählen. Das musst du mir versprechen.«
Das Mädchen lachte ungezwungen. »Das werde ich nicht tun«, sagte sie. »Ich kann Sie leichter ruinieren als die Witwe, und ich schwöre keinen Eid, nur weil Sie es mir befehlen.«
Hannah wandte sich nicht ab. Sie würde sich nicht einschüchtern lassen, diesmal nicht. »Du wirst es mir versprechen und mir dein Ehrenwort geben.«
Annetje hörte auf zu lachen, und ihr Grinsen zog sich in ihr Gesicht zurück wie Krallen in eine Katzenpfote. »Sie wollen mein Versprechen? Ich verspreche, dass ich alles, was ich über Ihre Geheimnisse weiß, Ihrem Mann erzähle, wenn Sie sie vor mir verbergen. Da haben Sie mein Versprechen. Behalten Sie Ihre Angelegenheiten für sich. Sie werden es noch bedauern«, sagte sie. »Jetzt hören Sie auf, mich wie ein Hündchen anzuglotzen, und lassen Sie uns gehen.«
Hannah nickte hilflos. Dennoch, sie hatte gewonnen, oder? Annetje bestand nur darauf, dass sie keine weiteren Geheimnisse vor ihr hatte, sie hatte nichts davon gesagt, dass sie dieses verriet. Das Mädchen hatte einen Rückzieher gemacht.
Vielleicht war ihr Wille ja doch etwas wert. Aber was sollte sie hinsichtlich der Witwe tun? Es war ihr gar nicht recht, vor Miguel etwas zu verbergen, doch welche Wahl hatte sie? Jedenfalls war die Witwe seine Freundin. Vielleicht plante sie eine Überraschung für ihn. Vielleicht half sie ihm insgeheim bei einer geschäftlichen Angelegenheit. Ja, das erschien ihr einleuchtend. Sie half Miguel hinter seinem Rücken und wollte es ihn nicht wissen lassen, damit sein Stolz nicht verletzt wurde. Alles würde gut werden, sagte sie sich wieder und wieder und wollte jedes Mal fest daran glauben.
13
Nach einem enttäuschenden Nachmittag würde ihm nichts willkommener sein als die kühle Abgeschiedenheit seines Kellers. War es auch ein klägliches Heim, so bot es doch Zuflucht vor der Welt.
Es war mehr als zwei Wochen her, und immer noch kein Wort von irgendeinem seiner voraussichtlichen Mittelsmänner. Nun ja, es war noch Zeit, aber nach zwei Wochen lag es jetzt im Bereich des Möglichen, dass er etwas hörte. Das hatte er sich selbst gesagt, obwohl er insgeheim gehofft hatte, früher Bescheid zu bekommen.
Nun blieben ihm nur ein paar brennende Kerzen, ein Glas Wein und etwas Kaffee. Miguel hatte am Nachmittag beim Buchhändler vorbeigeschaut und eine neue Erzählung über Pieter und seine Frau Mary entdeckt. Sie war bloß achtzehn Seiten lang, deshalb warf er im Laden nur einen kurzen Blick darauf, um sich das Vergnügen an seinem Fund nicht zu verderben.
Von seinem russischen Mittelsmann hatte Miguel heute wieder einen Brief erhalten. Der Bursche hatte zu viele Schulden und zu viele Gläubiger, die ihm zusetzten. Er musste das von ihm selbst verliehene Geld eintreiben, und wenn Miguel seiner Forderung nicht nachkam, hatte er mit Konsequenzen zu rechnen.
Konsequenzen gab es immer, sagte er sich, und er hatte schon andere Nachrichten ähnlicher Art ignoriert, allerdings nicht bei Holländern, die ihn vor ein Gericht zerren konnten – etwas, das er sich jetzt, da er dabei war, seine Angelegenheiten zu ordnen, schlecht leisten konnte. Also verbrachte er den Tag auf der Suche nach Ricardo, aber ohne Erfolg. Stattdessen landete er im Schnellboot , wo er mit Isaiah Nunes trank.
»Was wissen Sie über Ricardo?«, fragte Miguel seinen Freund.
»Nicht mehr als Sie auch. Er ist einfach ein Makler mit mittelmäßigen Fähigkeiten.«
»Haben Sie eine Ahnung, wer seine Klienten sind?«
»Das ist etwas, was Ricardo gut kann: den Mund halten. Er ist sehr beliebt bei Männern, die keinen Augenblick früher zahlen wollen, als es ihnen gefällt. Ich glaube nicht, dass Ricardo es riskieren würde, Sie offen zu betrügen, doch es könnte einen Monat oder länger dauern, bis er Sie bezahlt. Ich habe gehört, dass er einen Klienten einmal über ein Jahr lang abgeschirmt hat.«
Miguel hatte nicht die Absicht, ein Jahr zu warten. »Ich würde ihm ein blaues Auge verpassen, wenn ich nicht damit rechnen müsste, dass er zum Ma’amad rennt. Ärger mit dem Ältestenrat ist das Letzte, was ich gebrauchen kann, während ich die Sache mit dem Kaffee vorbereite.«
»Sind Sie immer noch mit dem Projekt befasst?« Nunes ließ seinen Blick im Raum umherschweifen.
Miguel spürte, wie seine Nackenhaare kribbelten. »Natürlich.«
»Vielleicht ist jetzt nicht der beste Zeitpunkt dafür«, deutete Nunes an, seine Worte halb verschluckend.
Miguel beugte sich vor. »Was
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