Der Kaffeehaendler - Roman
Portugiesisch oder Spanisch?«
»Muss ich mir Vorwürfe machen lassen, weil ich nicht die Sprache von Nichtjuden spreche?«
»Natürlich nicht. Lass uns unsere Unterhaltung auf Hebräisch fortsetzen. Das beherrschst du sicher viel besser als ich.«
Daniel errötete. »Ich glaube, du vergisst dich. Jetzt öffne den Brief, bitte, es sei denn, du hast etwas zu verbergen.«
»Ich habe nicht mehr zu verbergen als jeder Geschäftsmann«, entgegnete Miguel, unfähig, die Worte zurückzuhalten, die er, wie er wusste, sich nicht leisten konnte zu äußern. »Meine Briefe gehen nur mich etwas an.«
»Meine Frau ist in anderen Umständen. Ich will nicht, dass seltsame holländische Briefe ihre Ruhe stören.«
»Natürlich.« Miguel senkte den Kopf, um seine Erheiterung zu verbergen. Das Wohlbefinden von Daniels Ehefrau hing gewiss nicht von irgendwelchen holländischen Briefen ab, die
ins Haus kamen. »Wenn du willst«, schlug er vor, »lasse ich alle meine Briefe in eine Schenke schicken, wo es dann Aufgabe des Wirtes sein soll, die Ruhe seiner Ehefrau zu schützen.«
»Nein«, antwortete Daniel allzu rasch. »Nein, vielleicht sollte ich mich nicht in dein Tun und Treiben einmischen. Ein Mann hat das Recht, seine Angelegenheiten selbst zu ordnen.«
»Du bist sehr gütig.« Miguel hatte nicht beabsichtigt, seine Worte so verbittert klingen zu lassen.
»Ich habe mich nur aus Neugier erkundigt. Brüderliche Neugier, weißt du? Zum Beispiel würde ich gern mehr von diesem Kaffeegeschäft wissen, das du erwähnt hast.«
Miguel verspürte einen Anflug von Panik. »Ich habe dir doch gesagt, dass ich an keinem solchen Geschäft beteiligt bin.«
»Lass uns offen miteinander sein. In diesem Haus hört keiner mit.«
»Ich habe keinerlei Pläne«, sagte Miguel, während er sich abwandte, »doch wenn du den Kaffeehandel für so vielversprechend hältst, werde ich gewiss Nachforschungen anstellen.«
Miguel ging durch die Küche, wo Hannah und Annetje geschäftig Möhren und Lauch von hier nach da schoben, ein Versuch, den Anschein zu erwecken, als hätten sie sich ums Essen gekümmert und nicht an der Tür gelauscht.
Unten in seinem Keller zündete er ein paar Kerzen an und mahlte dann mit dem Mörser und dem Stößel, die er noch nicht in die Küche zurückgebracht hatte und die bisher nicht vermisst wurden, einige Bohnen und erhitzte etwas Wein. Er schüttete die Mixtur in eine Schale und wartete bis sich das Pulver setzte, erst dann erbrach er den Brief von Joachim.
Senhor Lienzo,
Als wir neulich miteinander sprachen, bin ich vielleicht unnötig hitzig geworden. Nichtsdestotrotz werden Sie mir wohl darin zustimmen, dass mein Ärger gerechtfertigt ist und Sie mir tatsächlich mehr schulden, als Sie einräumen wollen. Bitte akzeptieren Sie mein Bedauern. Ich möchte Sie wissen lassen, dass ich mich freue, mit Ihnen ein Geschäft abzuschließen, das unseren beiderseitigen Interessen zuträglich sein wird. Ich verbleibe als Ihr Diener
Joachim Waagenaar
Er nahm einen Schluck von seinem Getränk; er hätte genauso gut Bier trinken können, denn es schmeckte nur bitter. Dieser Mann musste verrückter sein, als Miguel gedacht hatte. Hatte Joachim von ihrem Gespräch nichts begriffen, nicht einmal seine eigene Rolle dabei?
Nachdem er den Brief zusammengefaltet und ins Feuer geworfen hatte, blätterte Miguel seine restliche Korrespondenz durch; weitere beunruhigende Zeilen von dem russischen Mittelsmann waren dabei, der sich jetzt anscheinend angewöhnt hatte, zweimal am Tag zu schreiben. Miguel hatte keine Lust, darauf zu antworten, und holte stattdessen sein neues Heftchen hervor, doch die Tricks des verwegenen Pieter vermochten ihn nicht zu fesseln.
Als er Schritte auf der Treppe hörte, legte er seine Pfeife beiseite und stellte die Schale ab. Er rechnete damit, dass es Annetje war, aber statt ihrer erblickte er Hannah, die schon halb in den Keller hinabgestiegen war. Sie hielt eine brennende Kerze in der Hand und hatte offensichtlich große Schwierigkeiten, sich in dem trübe beleuchteten Raum zurechtzufinden.
»Sind Sie da, Senhor?«, rief sie leise.
Miguel wusste nicht, was er erwidern sollte. Hannah war noch nie in den Keller gekommen, und dass sie es tat, ohne anzuklopfen, erschien ihm unvorstellbar. Schließlich hätte er nackt sein können. Dann fiel ihm ein, dass er die Tür nicht zugemacht hatte, was Hannah womöglich als Zeichen dafür sah, dass er bereit war, Gäste zu empfangen. So einen Fehler, beschloss
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