Der Kaffeehaendler - Roman
wollen Sie damit sagen – dass Sie nicht beschaffen können, was Sie versprochen haben? Bei
Gott, wenn das der Fall ist, dann sagen Sie mir lieber, wer es kann.«
»Selbstverständlich kann ich beschaffen, was ich versprochen habe«, erwiderte Nunes hastig. »Ich verspreche nichts, was ich nicht halten kann. Sogar die Ostindische Kompanie würde sich mir nicht in den Weg stellen.« Leere Prahlerei natürlich.
»Ich bin mir völlig sicher, dass die Ostindische Kompanie nicht zögern würde, sich mir in den Weg zu stellen«, sagte Miguel, »aber Sie hoffentlich.«
Nunes stieß einen nervösen Seufzer aus. »Ich frage mich nur, ob es vielleicht jetzt, da Sie ein bisschen Geld mit Walfischtran verdient haben und zuversichtlich sind, nicht ein schlechter Zeitpunkt ist, in etwas so Riskantes zu investieren. Warum nicht auf Nummer sicher gehen?«
»Mein Bruder hat auch versucht, mich vor Geschäften mit Kaffee zu warnen«, sagte Miguel.
»Ich will Sie ja gar nicht warnen«, beruhigte Nunes ihn. »Wenn Sie andeuten wollen, dass Ihr Bruder mich dazu angestiftet hat, so irren Sie sich. Sie wissen, wie wenig ich ihn schätze. Wenn Parido nicht sein Freund wäre, hätte er keine zwei Stuiver, um Brot zu kaufen. Ich will bloß nicht, dass Sie sich mit einem riskanten Unternehmen ruinieren.«
»Tun Sie einfach das, wofür ich Sie bezahle«, sagte Miguel so laut, dass sein Freund zusammenzuckte.
Auf dem Heimweg hatte er angefangen, seine Worte zu bedauern. Miguel hatte sehr viel Geld verloren, und der Verlust hatte ihn schwer getroffen. Seine Freunde hatten Recht, wenn sie sich um ihn sorgten, und er hatte Nunes auch nicht die Wahrheit über sein Kaffeevorhaben erzählt. Morgen würde er Nunes aufsuchen, sich bei ihm entschuldigen, indem er ihm ein paar Humpen spendierte, und die Sache wäre vergessen.
Als er das Haus seines Bruders betrat, fand Miguel seine Pläne für einen Rückzug in aller Stille rasch durchkreuzt. Daniel saß mit Hannah, die in Gedanken verloren schien und ihren Mann nicht beachtete, im Vorderzimmer und rauchte seine Pfeife.
»Ich muss mit dir sprechen«, sagte Daniel mit ein wenig mehr Dringlichkeit, als es seinem Bruder gefiel. »Verlass den Raum, Frau.«
Hannah nahm ihr Glas mit Glühwein und verschwand in der Küche, nachdem sie einen verstohlenen Blick auf Miguel geworfen hatte. Sie sahen sich einen Moment lang an, aber sie wandte sich als Erste ab. Das tat sie immer.
Daniel erhob sich, um seinen Bruder zu begrüßen, und hielt ihm einen Packen Briefe entgegen. »Die hast du heute bekommen.«
Miguel nahm sie entgegen. Von außen ließen die Briefe auf nichts Besonderes deuten, doch Miguel hatte auf einem bereits die Handschrift erkannt: Joachim.
»Das ist der, den ich meine«, sagte Daniel, als er Miguels Stirnrunzeln bemerkte. »Ich sehe schon an der Handschrift, dass der Brief von einem Holländer verfasst worden ist. Ich wundere mich, dass du solche Briefe erhältst, und noch dazu in meinem Haus. Ist dies ein Mann, für den du makelst? Du weißt, dass derartige Transaktionen mit Nichtjuden verboten sind.«
Miguel prüfte, ob der Brief ungeöffnet war, aber das Siegel bestand aus einfachem Wachs. Es hätte leicht erbrochen und wieder verschlossen worden sein können.
»Ich sehe nichts Falsches daran, solche Briefe an meine Adresse zu bekommen.« Bald würde er die Kontrolle über sämtlichen Kaffeevorrat in Europa haben; schon dieses Gespräch war unter seiner Würde. »Willst du behaupten, dass du nie mit Holländern korrespondieren musst? Dass all deine
Angelegenheiten, von Bankgeschäften bis zum Erwerb von Gemälden, ausschließlich von Juden erledigt werden?«
»Natürlich nicht. Bitte lenke nicht vom Problem ab. Ich glaube, dieser Brief ist anderer Natur, und ich möchte wissen, was er enthält.«
»Ich auch, aber dazu muss ich ihn erst einmal lesen.« Er beugte sich vor. »Kannst du von dir dasselbe sagen? Vielleicht sollte ich dich daran erinnern, dass wir nicht mehr in Lissabon sind«, sagte Miguel nach einer Weile. »Hier braucht man kein argwöhnisches Auge auf seinen Bruder zu haben.«
»Darum geht es nicht. Ich fordere dich auf, diesen Brief in meiner Gegenwart zu öffnen, damit sein Inhalt der Gemeinde bekannt gegeben werden kann.«
Der Gemeinde bekannt gegeben? War Daniel verrückt geworden und wiegte sich in dem Glauben, Parido habe ihm einen Sitz im Ma’amad verschafft?
»Soll ich ihn auch für dich übersetzen?«, fragte Miguel. »Was darf’s denn sein,
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