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Der Kaffeehaendler - Roman

Der Kaffeehaendler - Roman

Titel: Der Kaffeehaendler - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Liss Almuth Carstens
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Miguel.«
    Miguel zwang sich zu einem Lächeln. »Natürlich.«
    Nunes zuckte die Achseln. »Ich hatte sowieso vorgehabt, Ihnen morgen ein Briefchen zu schicken. Ich habe alle Vorkehrungen getroffen und benötige jetzt einen Teil des Geldes.«
    »Ich hatte gedacht, ich würde bei Lieferung zahlen«, sagte Miguel, der nichts dergleichen gedacht hatte.
    »Das wissen Sie doch besser«, sagte Nunes, in offensichtlichem Missfallen die Stirn runzelnd.
    »Sagen wir, ein Viertel der Summe im Voraus?«
    Nunes lachte und legte Miguel eine Hand auf die Schulter. »Jetzt bringen Sie mich aber zum Lachen. Sie kennen das übliche Verfahren. Wenn Sie bis Ende nächster Woche die Hälfte des Betrags auf mein Konto überweisen, würde ich das sehr zu schätzen wissen.«
    Miguel räusperte sich. »Leider hat einer meiner Partner einen kleinen – und vorübergehenden, das versichere ich Ihnen – Rückschlag erlitten. Wir können die gesamte Summe nicht bis nächste Woche aufbringen.«
    Das Lächeln schwand aus Nunes Gesicht.
    »Ich kann Ihnen bis zur nächsten Woche tausend Gulden zahlen«, schlug Miguel vor. »Kein geringer Betrag und gewiss ein Zeichen für unsere Ernsthaftigkeit.«
    Nunes Hand war auf Miguels Schulter liegen geblieben, drückte sie jetzt aber so heftig, dass er Miguel an eine Ecke der Schenke drängte. »Haben Sie den Verstand verloren?«, fragte er mit heiserem Flüstern. »Mit der Kompanie kann man nicht herumlavieren. Wenn ich sage, ich brauche fünfzehnhundert, dann brauche ich diese Summe und nicht irgendein Zeichen. Ich habe einen Vertrag mit Ihnen, Sie haben einen Vertrag mit mir, und der Handel wird durchgeführt. Wenn Sie mir das
Geld nicht geben, werde ich es von meinem eigenen Konto zahlen müssen. Sie sind mein Freund, Miguel, aber Sie bringen mich in eine schreckliche Situation.«
    »Ich weiß, ich weiß.« Miguel hielt seine Hände hoch wie ein Bittsteller. »Es liegt an diesen Partnern von mir – zuverlässig in Gelddingen, aber langsam bei der Bezahlung. Ich werde die Mittel haben – bis Ende nächster Woche.« Miguel hätte Nunes alles Mögliche erzählt, um das Gerede über Verträge zu beenden. »Vielleicht«, schlug er vor, »könnten Sie bei Ricardo ein gutes Wort für mich einlegen.«
    »Ich werde Ihre Schlacht nicht für Sie ausfechten, Miguel, und mich auch nicht zwischen Sie und Parido stellen.«
    Eigentlich hatte er für einen Tag schon genug Ärger gehabt, doch als er ins Haus seines Bruders trat, merkte er sofort, dass etwas Furchtbares geschehen war. Daniel saß mit einem seltsamen Gesichtsausdruck, Enttäuschung und Befriedigung zugleich, im Vorzimmer.
    »Was ist los?«, wollte Miguel wissen. »Hast du mein Zimmer -«, er hielt inne. Diese Frage hätte zu nichts Gutem geführt.
    Daniel streckte den Arm aus und reichte ihm einen versiegelten Brief. Ein versiegelter Brief. Wie oft würde Daniel ihm noch nachspionieren? Aber schon, als er diese Worte dachte, wusste Miguel, dass dies eine andere Art von Brief war – und dass Daniel seinen Inhalt bereits kannte.
    Wie betäubt erbrach Miguel das Siegel und entfaltete das dreifach geknickte Blatt Papier. Er brauchte die verschnörkelte Handschrift oder die in formellem Spanisch sorgfältig gewählten Worte gar nicht mehr zu lesen. Er wusste, was da stand. Miguel wurde aufgefordert, am nächsten Morgen vor dem Ma’amad zu erscheinen.

19
    Miguel blieben nur noch wenige Stunden Tageslicht, die er zu seinem Vorteil nutzen wollte. Er spürte den heißen Atem des Ruins im Nacken, doch vielleicht konnte er sich noch für den Kampf wappnen und sich behaupten. Bei all seinen Schwierigkeiten mit dem Ma’amad glaubte er doch, dass dieser einsichtig und gerecht handeln würde. Der Ältestenrat verurteilte nicht aus bloßem Prinzip. Mochte Parido auch gegen ihn auftreten, mochte er versuchen, den Rat zum Handeln zu bewegen, die Parnassim würden trotzdem vernünftige Gründe gelten lassen. Sie wollten, dass die Gemeinde blühte und gedieh, deshalb waren sie geneigt, Entschuldigungen zu akzeptieren und besondere Umstände zu berücksichtigen. So manch einer hatte sich schon mit einem wohl durchdachten Argument beim Ma’amad herausgeredet.
    Um ein solches Argument parat zu haben, musste Miguel genau in Erfahrung bringen, warum der Ma’amad ihn zu sehen wünschte. Miguel war sich fast sicher, dass er den Grund kannte. Bestimmt hatte Joachim sich beim Ältestenrat über ihn beschwert. Nun musste er wissen, was er gesagt hatte, und welche

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