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Der Kaiser des Abendlandes

Der Kaiser des Abendlandes

Titel: Der Kaiser des Abendlandes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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führte Sean in einen alten Teil der Stadt, der in der Nähe der einstigen Stadtmauer lag.
    »Es geht um Mariam, nicht wahr?«, fragte Sean.
    Suleiman nickte und antwortete: »So ist es. Mein Vater will mit allen Mitteln verhindern, dass ich sie zur Gattin nehme.«
    »Du häufst wirklich eine große Last auf meine Schultern«, sagte Sean. »Ich werde darüber nachdenken. Es sollte doch eine Möglichkeit geben, die Pläne deines Vaters zu durchkreuzen.«
    »Ich vertraue darauf, dass du, mit meiner Hilfe, diese Möglichkeit findest.«
    »Lass mir Zeit.«
    Während Sean seinem Freund folgte, der es nicht eilig hatte, und sich beide durch das Menschengewimmel schoben, dachte Sean, dass diese Stadt noch immer ein Irrgarten für ihn war. Er würde sie niemals so gut kennen wie Suleiman. Wie viele Menschen lebten hier wohl? Zwanzigtausend oder mehr? Er wusste es nicht, und es änderte nichts an seinem Unvermögen, sich an jedes Haus in jeder Gasse zu erinnern. Suleiman jedoch strebte unbeirrt und mit der Sicherheit des Eingeweihten jenem Haus mit der schwarzen Tür zu.
    Lange Zeit, mit der rechten Hand, bis der Arm schmerzte, dann mit der anderen, hatte Elazar versucht, die Ecken der unterarmdicken Balken so auszusägen und auszuhöhlen, dass er einige der schweren Eisennägel freilegen und lockern konnte. Die bröseligen Reste hatte er auf dem Boden seines Kerkers verstreut. Jetzt war er müde und lag zusammengekrümmt auf seinem Mantel. Der Wasserkrug und der Essenskorb waren leer. Seine Erschöpfung und die verzweifelten Gedanken verhinderten, dass er einschlief.
    Er hatte nichts anderes als seinen Dolch, dessen Schneide von seinen unausgesetzten Bemühungen wie Silber glänzte. Trotz seiner schier aussichtslosen Lage würde er bei der ersten Gelegenheit zu fliehen versuchen. In dem Gewölbe herrschte fast völlige Finsternis. Nur die Löcher in der südlichen Wand, die unerreichbar hoch waren, ließen ein paar Sterne erkennen. Es war so still, dass Elazar seinen Herzschlag zu hören glaubte. Es war der Takt dieses Herzens, der ihn schließlich in einen unruhigen Schlaf hinüberleitete.
    Als er aufwachte, bemerkte er, dass seine Wächter ihm wieder frisches Wasser und Essen gebracht hatten, ohne dass er aufgeschreckt worden war. Er beruhigte seinen knurrenden Magen, sandte Jahwe ein kurzes, drängendes Gebet und begann wieder mit seinem Befreiungswerk.
    Die Zeit ging langsam dahin, die wandernden Lichtflecken waren wie eine Sonnenuhr. Wieder gelang es Elazar, einige Nägel aus dem morschen Holz zu hebeln und die halb durchgerosteten Eisenwinkel zunächst wegzukippen und dann wieder mit einem Nagel lose zu befestigen. Aber wenn er an den Balken rüttelte, bewegten sie sich noch viel zu wenig. Um ein ganzes Viereck herauswuchten oder heraustreten zu können, würde er noch Tage brauchen.
    Mit der gleichen Ausdauer und Beharrlichkeit, mit der er den langen Weg von Überlingen bis Jerusalem zurückgelegt hatte, Schritt um Schritt, fuhr er fort, seine Freiheit zurückzuerobern.
     
     
    »Wir sind da. Das ist das Haus mit der schwarzen Tür«, sagte Suleiman am Ende einer Gasse, die nur aus wenigen Häusern bestand, die zudem in scharfen Winkeln aneinander stießen. Zwei Mauern, an die sich die Häuser lehnten, schienen zur alten Stadtmauer zu gehören. Sie waren an den Stellen, wo man Quadern und Steinblöcke herausgebrochen hatte, voller Moos und Flechten. Fast mannsgroße, dürre Sträucher gruben ihre Wurzeln in Risse und aufgebrochene Fugen.
    Das Haus war zwei Stockwerke hoch und hatte eine helle, glatte Fassade, in deren Mitte eine kantige Türumfassung aus Blöcken und Platten, die aus schwarzem Granit gemauert waren. Auch die eisenbeschlagene Tür glänzte in schwarzer Farbe. Das Fenster war nicht größer als eine Handfläche.
    »Nun wird es sich zeigen, ob mein Name und mein Einfallsreichtum etwas wert sind«, sagte Suleiman, zog seinen Dolch und hämmerte gegen das Holz, in dem sich schwach die Umrisse der beiden spiegelten. Die Geräusche hallten hinter den Bohlen durch einen großen Raum und klangen seltsam hohl. »Lass mich reden. Im richtigen Augenblick weißt du, was zu tun ist.«
    Sean nickte schweigend und wartete.
    Das eiserne Fensterchen öffnete sich. Ein Auge starrte blinzelnd hindurch.
    Suleiman hob die Hand und sagte laut, mit einer Stimme, die für Sean fremd klang: »Saalam. Du kennst mich, Bruder? Ich bin Abu Lahabs Sohn Suleiman, der Sohn eures Herrn.«
    Hinter der Tür ertönte undeutliches

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