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Der Kalligraph Des Bischofs.

Der Kalligraph Des Bischofs.

Titel: Der Kalligraph Des Bischofs. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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ein Beil und am
     Sattel das gewaltige Schwert und eine metallbeschlagene Keule. Seine Rechte hielt eine Lanze, ähnlich denen der anderen Reiter.
    Riculf ließ die Reihe langsam vorwärts gehen, den Hügel hinauf. Die Fußkrieger folgten ihnen. Hinter den Fußkriegern lief
     Biterolf. Sosehr er sich auch gesträubt hatte, ihm war der Auftrag erteilt worden, Verletzte vom Schlachtfeld zu ziehen. Als
     sie auf der Hügelkuppe angelangt waren, sah er es zum ersten Mal: das Schreckgespenst der christlichen Welt, die Geißel der
     Gläubigen, den reitenden Tod. Es war furchtbar.
    |280| Die Ebene quoll über von berittenen dunkelhäutigen Dämonen. Als sie die Christen erblickten, reckten sie Wurfspieße in die
     Höhe, seltsam geschwungene Bögen und wie Sicheln gekrümmte Säbel. Ein gellendes Johlen und Kreischen peitschte durch die Luft.
     Riculf gab mit lautem Ruf den Befehl zum Angriff, und die Sarazenen wurden still, als lauschten sie. Dann donnerte die Antwort
     aus ihren Mündern:
»Allahu Akbar! Allahu Akbar!«
    Die lange Doppelreihe aus bischöflichen Reitern gewann immer mehr an Geschwindigkeit. Bald jagten sie in gestrecktem Galopp
     über das Feld, die gesenkten Lanzen vor sich. Biterolf spürte das Donnern der Hufe bis in die Knie hinauf. Bevor die Reiter
     jedoch auf das Sarazenenheer prallen konnten, teilte sich dieses wie ein Vorhang. Manchem Reiter landete ein Wurfspieß im
     Rücken, andere waren plötzlich von vier Krummsäbeln umgeben. Die Sarazenen schossen aus kurzer Entfernung Pfeile von ihren
     Bögen den schwer Gepanzerten in den Hals oder in die Leiber ihrer Pferde. Überall gingen Christen zu Boden.
    »Zurück!« schrie Claudius. »Zurück!«
    Biterolf konnte ihn sehen, wie er das Pferd wendete. Der Bischof schwang das große Schwert über dem Kopf. Die Sarazenen wichen
     ihm aus. Auch Riculf hatte das Pferd gedreht. Ohne überhaupt eine Klinge gekreuzt zu haben, kehrten die Fußkrieger zum Hügel
     um.
    Die Sarazenen verfolgten die fliehenden Reiter, bis sie in die Nähe der Fußkrieger kamen.
     
    Es blieb bei diesem einen Zusammenstoß. Die Bischöflichen verschanzten sich auf dem Hügel, und die Sarazenen schlugen wenige
     hundert Schritt entfernt ihr Lager auf. In der Dämmerung hörte Biterolf Lieder mit fremdartigen Tonfolgen aus den feindlichen
     Zelten herüberwehen.
    »Sie haben Barden, die ihnen aus dem Koran singen. Manchmal singen sie Heldenlieder, um die Krieger mutig zu stimmen«, erklärte
     Claudius.
    |281| Dreißig verlorene Reiter wurden gezählt. Unter den Toten waren zwei Grafen und ein Abt. Biterolf erschauderte, wenn er über
     das Feld blickte, das mit Verletzten, Leichen und verendenden Pferden übersät war. Die Verwundeten schrien, bis die Sarazenen
     sie mit ihren Spießen töteten.
    Vielleicht war all dies ein Fluch Gottes. Wie konnte er es hinnehmen, daß sein Bote, sein Vertreter das Schwert führte? Die
     bischöfliche Klinge war blutig gewesen, als Claudius vom Feld zurückgekehrt war. Der Kirchenfürst hatte getötet.
    Biterolf mußte gegen ein Schwindelgefühl ankämpfen, aber es brannte ihm eine Frage auf der Zunge: »Hat nicht Kaiser Ludwig
     erst letztes Jahr bekräftigt, daß Geistliche keine Waffe tragen dürfen?« fragte er seinen erschöpften Herrn.
    »Ich hätte Riculf zurückweisen müssen. Es war die falsche Art, Sarazenen anzugreifen«, murmelte Claudius.
    Er hat mir befohlen, nicht immer ›jaja‹ zu sagen. Ich muß ihn auf den großen Fluch hinweisen, der seinetwegen auf der Schlacht
     liegt.
»Ehrwürden, Ihr seid Kämpfer eines höheren Königs, Ihr leistet Kriegsdienst im Heerlager Gottes! Sollte Eure Waffe nicht das
     Gebet sein? Ihr vertraut auf irdische Waffen, dabei solltet Ihr das geistliche Schwert führen und nicht das irdische.«
    Biterolf fröstelte, als der Bischof ein bitteres Lachen hören ließ. »Natürlich, auf zahllosen Synoden hat man das so gesagt,
     nicht zuletzt, weil der mächtige Bonifatius es gefordert hat.«
    »Ja, und er ist zum Märtyrer geworden! Hätte er seinen Männern am Doorn nicht den Kampf mit der Waffe gegen die herandringenden
     Friesen verboten, hätte er vielleicht gerettet werden können.«
    »Hätte. Bonifaz war damals achtzig Jahre alt. Das war die beste Möglichkeit, den sowieso schon ungeheuer großen Ruhm, der
     ihm anhaftete, noch stärker zu machen.«
    Biterolf fühlte sich, als hätte man ihn geschlagen. »Wie könnt Ihr so etwas sagen?«
    |282| »Ich sage nur, daß die Bischöfe seit eh und je

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