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Der Kalligraph Des Bischofs.

Der Kalligraph Des Bischofs.

Titel: Der Kalligraph Des Bischofs. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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jeder rechtschaffene Mensch tut. Es geht ihm gut. Zu gut vielleicht. Mach dir keine Gedanken. Wenn eines von uns Kleinen
     krank war, hat meine Mutter stets gesagt: Je mehr man sich wie ein Gesunder verhält, desto weniger Macht hat die Krankheit
     über einen. Gut, die kleine Wilhelmina hat es trotzdem hinweggerafft, aber …«
    Stilla stöhnte entrüstet auf.
    »Es bleibt dabei. Und anstatt ihn zu verhätscheln, solltest du ihm lieber Anstand beibringen. Er kann ja nicht weiter so durchs
     Leben gehen und alles berühren, wonach ihm ist.«
    |290| Germunt sah, wie Stilla errötete, und spürte auch sein eigenes Gesicht heiß werden. Die Magd indes schien wenig gerührt. Sie
     hatte sich während des ganzen Gespräches nicht von ihren Karotten abgewendet, als wäre die Erziehung junger Männer schon zeitlebens
     ihr Geschäft gewesen.
    Ein Geräusch wie das Zuschlagen einer Tür war vom Empfangsraum her zu hören. Dann Schritte. Stillas Kinnlade klappte herunter.
     »Wo ist Odo?« flüsterte sie.
    »Oben«, flüsterte die Magd zurück. Ihre Augen quollen aus den Höhlen hervor. »Er wollte erst runterkommen, wenn das Essen
     bereitet ist.«
    Wieder ein Geräusch. Dann eine Stimme, Latein mit fränkischem Zungenschlag: »Ist hier jemand?« Schritte zur Küche hin.
    »Schnell! In den Keller!« Die Magd hatte die Bodenklappe schon geöffnet, aber Germunt stürmte an ihr vorbei zum Trog, der
     an der Wand lehnte.
Wie habe ich mich so sicher fühlen können?
Er konnte sich gerade noch dahinter niederkauern, da hatten die Schritte die Küche erreicht.
    »Wer seid Ihr? Was wollt Ihr?« Stillas Stimme bebte.
    Die Magd ließ die Klappe zuknallen und schlug einen energischen Tonfall an. »Ihr könnt hier nicht einfach reinspazieren!«
    »Ich suche Germunt.«
    Es ist nicht Hengist, der klingt anders.
Vorsichtig schob Germunt den Kopf ein wenig vor, die Wange auf den Boden gepreßt, und spähte seitwärts über den Trogrand hinweg.
     Dunkle Stiefel, abgewetzte Lederkleidung, ein Langdolch in verzierter Scheide an der Seite. Sein Blick wanderte hinauf. Der
     Mann trug fingerlange, schwarze Haare, hatte ein breites, knochiges Gesicht. Das war der Jäger! »Ich bin hier«, sagte Germunt
     und erhob sich langsam.
    »Ihr seid am Leben, das ist gut. Ich habe das Haus des Schurken niedergebrannt vorgefunden. Was ist geschehen?«
    »Die Büttel hatten ihn in ihrer Gewalt, und da hat er sie zu mir geführt.«
    |291| »Donner! Ich glaubte, ihm genug Furcht eingeflößt zu haben.«
    »Das habt Ihr auch, er hat lange geschwiegen. Wer weiß, womit sie ihm gedroht haben. Aber warum habt Ihr all das getan?«
    Otmars Augen entwichen Germunts Blick. »Ich war unterwegs nach Turin, so oder so, und die Rothaarigen haben mich überholt.
     Gott hat es gegeben, daß kurz darauf ein kaiserlicher Bote heranritt, so daß ich Euch eine Warnung überbringen lassen konnte.«
    »Ich meinte eher, warum habt Ihr mich vor Hengist bewahrt, dort in der Gasse bei der Alten Hufschmiede?«
    »Germunt, wir haben keine Zeit für Fragen. Ich bin hier mit guter Nachricht und schlechter Nachricht. Euer Bischof hat die
     Sarazenen in die Flucht geschlagen und ist auf dem Weg hierher. Er wird noch heute abend Turin erreichen. Auch der Graf hat
     davon erfahren, und seine fränkischen Besucher. Die Franken warten vor dem Bischofspalast auf Euren Herrn, der Graf hat alle
     Augen und Ohren der Stadt geweckt, um Euch auf dem Weg zum Bischofshof abzufangen.«
    »Dann bleib hier«, entfuhr es Stilla. »Der Bischof wird sicher in den nächsten Tagen nach dir fragen, und dann kann er vielleicht
     hierherkommen.«
    »Unmöglich.« Germunt kniff die Augen zusammen. »Die Brüder der Irene sind mit der Zunge so gewandt wie mit den Klingen. Sie
     würden Claudius davon überzeugen, daß sie mich rechtmäßig töten wollen, und sie müßten nicht einmal lügen. Ich will dasein,
     wenn sie mit ihm sprechen.«
    Otmar schüttelte langsam den Kopf. »Ich weiß keinen Weg, Euch sicher durch diese Stadt zu bringen. Die Büttel mag man erkennen,
     wenn es auch schwer ist, sie zu umgehen. Aber was ist mit all den falschen Bettlern, den geldgierigen Händlern, die sich bei
     ihrer Kundschaft für den Grafen umhören, was ist mit den Handwerkern, die sich mit dem Grafen gut stellen wollen?«
    |292| »Habt Ihr Euren Bogen dabei?«
    »Ich habe ihn außerhalb der Stadt im Wald verborgen, um nicht so leicht erkannt zu werden. Die Rothaarigen würden inzwischen
     auch mich gern tot sehen.«
    »Was

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