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Der Kalligraph Des Bischofs.

Der Kalligraph Des Bischofs.

Titel: Der Kalligraph Des Bischofs. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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eingeladen hatte, auf
     einem Schemel Platz zu nehmen. Er hatte ihn ins Vertrauen gezogen, ihm erklärt, wie er, Godeoch, die Langobarden all die Jahre
     in ihrer Armut belassen hatte, um sie abhängig zu halten, und wie Claudius sie nun durch Geschenke kaufte. Der Graf wollte
     seinen Rat! Er machte sich Sorgen wegen Suppo, dieses Riesenkraken, der seine Arme nach Turin ausstreckte, der sich in Turin
     ein Haus gekauft hatte und nicht beim Grafen einkehren wollte. Nicht einmal einen Krug Wein hatte Suppo mit Godeoch geleert.
     »Verstehst du nicht? Godeoch vertraut mir! Er hat mir gebeichtet, daß er sich wünscht, sein Vater wäre noch am Leben, weil
     der sicher einen Ausweg wüßte. Zu niemandem sagt der Graf so etwas, nur zu mir. Schau dir das an!« Ademar streckte seinen
     Arm vor. »Hier.«
    Das Licht der Feuerstelle tanzte im goldenen Schlangenkörper. Während das dunkelgrüne Auge alle Helligkeit zu schlucken schien,
     strahlten die spitzen Zähne wie winzige Sterne.
    »Eine schöne Arbeit.«
    Ademar fühlte Jubelschreie in seiner Brust einander nachjagen.
    »Ich bewundere den Mann, der diesen Ring hergestellt hat.« Damit wandte sich der Vater ab und bereitete den Amboß für ein
     neues Werkstück vor.
    |308| Ademar fühlte sich taub. Er schleppte sich durch den Vorraum und hinaus auf die Straße, aber sein Herz schien nicht zu schlagen,
     sein Mund nicht zu atmen.
Was muß ich tun, Vater, damit du mich ernst nimmst?
Der Graf würde an seiner Stelle sicher lachen. Den alten Vater einfach auslachen.
Kann ich das?
»Du Dummkopf«, murmelte Ademar. »Du alter Esel, du Gänseschnabel, du Nuß, du kranke Laus, du Ungeziefer, du unnütze Krähe!
     Ja, du bist unnütz. Nicht ich. Du, du, du. Niemand braucht deinen Rat. Deine Bewunderung kannst du für dich behalten.«
    Claudius mußte gestürzt werden, dann konnte Godeoch in einer brüderlichen Geste den Langobarden Versöhnung anbieten. War die
     Macht des Herrn nicht zugleich auch die Macht seines Beraters? Er würde tun, wie der Graf ihm befohlen hatte, und unter den
     Aufzeichnungen des Bischofs solche finden, die den Heiligen Vater in Rom angriffen. Am besten noch die Reliquienverehrung
     und die Pilgerfahrten dazu. Ärgerlich, daß er nicht lesen konnte.
Aber ich finde sie, und dann reise ich damit nach Rom.
     
    Dieses Stechen in den Seiten, wie von Speerspitzen! Germunt stützte sich an einem abgestellten Ochsenkarren ab. Süßer Geschmack
     hatte sich in seinem Mund gesammelt, und er fühlte die Brust mit jedem der keuchenden Atemzüge, als brenne sie von innen.
     »Ich kann nicht mehr, Biterolf.«
    Eine Hand griff unter seinen Arm. »Weiter, Germunt. Komm, wir sind fast da.« Auf dem Hemd des Notars zeichneten sich Schweißflecken
     unter den Achseln ab, und auch er atmete schwer.
    Stilla wartete vor dem Bischofshof. Als Germunt sie erblickte, richtete er sich auf und bemühte sich, die schlingernden Schritte
     fest zu machen, gleichgültig, ob ihm die Beine dabei schmerzten.
Sie hört, ob ich aufrecht laufe,
dachte er.
    »Wir sind es, Kind.« Biterolf wollte an ihr vorbeigehen, aber sie hielt ihn fest.
    |309| »Germunt?« Es war leise gesprochen.
    »Ja, ich bin auch da.«
    »Sie sind auf dem Hof. Geh besser nicht hinein.«
    Germunt blickte durch das Tor zum Bischofspalast.
    Er sah sie genau, ihre roten, langen Haare, ihre Schwerter, ihre verzierten Stiefel. Auch Claudius war gerüstet. Sein Gesicht
     war noch sonnengegerbter als sonst, und er trug ein seltsam geformtes Beil im Gürtel, ein Schwert, eine eiserne Keule. Odo
     trat zu ihm, einen prall gefüllten Ledersack mit sich wuchtend, und flüsterte ihm etwas zu. Der Bischof nahm den Sack mit
     beiden Händen und gab ihn Hengist, aber der ließ ihn zu Boden krachen und trat danach.
    Von den Ställen kamen Bewaffnete in hellen, feinen Leinenkleidern. Sie strichen sich besorgt durch ihre Bärte, lockerten die
     Schwerter in ihren Gürteln. Deutlich stellten sie sich zu Claudius.
    »Ich gehe zu ihnen«, murmelte Germunt. Er löste sich aus dem Torschatten und hinkte über den Hof. Claudius hatte das Gesicht
     zu ihm gedreht, auch die Bluträcher sahen nun in seine Richtung. Mit zusammengebissenen Lippen erreichte er den Bischof, stand
     einfach da, unbeholfen, wortlos.
Nun geschehe es. Ich werde sterben oder leben.
Er hörte, wie zuerst die Franken ihre Schwerter zogen und dann die Bärtigen.
    »Dort ist der Mörder«, stieß Hengist hervor. »Gebt ihm den verdienten Tod!« Als er sah, daß die

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