Der Kalligraph Des Bischofs.
des Jünglings blähten, als ergriffen sie in der Luft Besitz von allem, was sie umgab. Der Jüngling
trug einen Umhang von edlem, hellem Grau, Suppos Umhang war von leuchtendem |302| Gelb. Als sie den Kreis erreichten, sprang Godeoch vom Pferd, die Augen finster, aber ein grimmiges Lächeln auf den Zähnen.
»Die Ratte ist uns in die Falle gegangen, wie ich sehe.«
»Herr, er trug die Kleider eines alten Weibes«, klagte der kleinwüchsige Büttel. »Damit wollte er uns in die Irre führen.«
»Ich bin nicht blind, du Hornochse!«
Als sich Godeoch wieder Germunt zuwandte, wog dieser das erbeutete Schwert in den Händen.
»Oh, wie ich sehe, möchte die Ratte noch ein wenig beißen! Nur dumm, daß ein Straßenjunge den Umgang mit der Waffe nicht beherrscht.«
Germunt antwortete leise: »Ich bin in meiner Kindheit zum Kämpfen erzogen worden, genau wie Ihr.«
Die gräflichen Augenbrauen hoben sich verblüfft an. Nach einem Moment des Schweigens zog Godeoch die Klinge aus der Scheide,
ein schneidendes Geräusch erzeugend, und schob sich zwischen seinen Bütteln hindurch in den Kreis hinein. »Über kindliche
Holzschwerter wirst du wohl kaum hinausgekommen sein.«
Die beiden Männer neigten sich lauernd nach vorn und begannen, kleine Schritte umeinander herum zu machen, der Graf geschmeidig,
Germunt hinkend.
Wieder ergriff der Graf das Wort: »Wenn du aufgibst, kannst du deinen Rächern aufrecht entgegentreten. Hier zu kämpfen wird
dich blutig und schwach machen!«
Biterolf stiegen Tränen in die Augen. Er hatte Godeoch mit dem Bischof kämpfen sehen. Es gab keine Möglichkeit für den schmalen
Germunt, den Hieben des Grafen etwas entgegenzusetzen. »Germunt«, rief er, »ergib dich!«
»Biterolf? Du?« Verwirrt drehte Germunt den Kopf.
»Der Graf kämpft wie der Leibhaftige. Bitte, ich will nicht sehen, wie er dich zerstückelt.«
»Oh, danke für die Ehre!« Nun sah auch Godeoch zu Biterolf hinüber.
|303| Germunt nutzte diesen Moment der Unaufmerksamkeit. Er machte einen Ausfallschritt nach vorn und schlug sein Schwert gegen
den Oberkörper des Grafen.
Ein rasselndes Geräusch war zu hören. Godeoch wich zurück, fühlte kurz seine Seite und stieß dann ein meckerndes Lachen aus.
»Was für ein Schlag, Junge! Meine Rüstung hat geklappert, ich erschaudere! Willst du nicht noch einmal zuschlagen?«
Germunt holte aus. Sein Schwert prallte auf die Klinge des Grafen, rutschte an ihr hinab bis zur Parierstange und wurde von
Godeoch mit einer Bewegung aus dem Handgelenk fortgestoßen.
Der Graf zog die Mundwinkel nach unten. »Ist das alles, was du kannst?« Er lief auf Germunt zu, seine Klinge knapp vor Germunts
Gesicht durch die Luft schneidend. Es folgte Hieb auf Hieb, ohne daß sich die Schwerter trafen. Germunt wich aus, duckte sich,
sprang oder stellte sich längs zu den Schlägen des Grafen, um seiner Klinge zu entgehen.
»Er hält das nicht lange durch«, murmelte Biterolf. »Der Graf spielt nur mit ihm.« Er schaute sich nach Suppo und dem Jüngling
um. Beide sahen von ihren Rossen wie geistesabwesend auf die Kämpfenden herab.
Die hagere Frau neben Biterolf schrie auf, als hätte sie etwas gezwickt. An einer Seite hatte sich die Klinge des Grafen rot
verfärbt, und Germunts Hemd zeigte einen blutgeränderten Riß am Bauch. Der Graf lächelte, warf sein Schwert lässig nach hier
und nach dort herum, hielt den Gegner auf der Flucht. Wenn Germunt nicht ausweichen konnte, stemmte er der Klinge des Schwarzgekleideten
sein Schwert entgegen, aber stets war es die Waffe Germunts, die vom Aufprall zurückgeworfen wurde.
Daß der Graf überlegen war, konnte jeder deutlich sehen. Auf den Gesichtern vieler Männer und Frauen zeigte sich Sorge. Biterolf
begann leise zu beten.
»Ihr wollt mich töten?« keuchte Germunt. »Die Franken sollen Ihre weite Reise umsonst gemacht haben?«
|304| »Die Franken sind mir egal!«
Vergeblich versuchte Germunt, aus der Reichweite Godeochs zu hinken. Als die Büttel für ihn den Kreis erweitern wollten, fuhr
der Graf sie an: »Ihr bleibt, wo ihr seid!« Immer wieder richtete er jetzt die Spitze seines Schwertes auf Germunt, ließ sie
von dessen Klinge fortschlagen, nur um damit wieder auf Germunts Hals zu zielen. »Waffe nieder, Dummkopf!«
Germunt verzog das Gesicht.
»Flehe um Gnade, Bastard!«
Da rammten sich Germunts Füße fest auf den Boden. Seine Züge verloren jeden jammervollen Anschein. Statt dessen war eine Flamme
in
Weitere Kostenlose Bücher