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Der Kalligraph Des Bischofs.

Der Kalligraph Des Bischofs.

Titel: Der Kalligraph Des Bischofs. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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betrunken zu sein.«
    »Betrunken? Der ist völlig dicht! Wir müssen ihn wieder in seine Räume bringen. Wenn der Bischof ihn so sieht, gibt es das
     nächste halbe Jahr keinen Wein mehr.«
    Als sie ihm unter die Arme griffen, um ihn hochzuheben, sackte der Körper des Kellermeisters völlig in sich zusammen, und
     Thomas begann zu schnarchen. Die schleimige Mischung aus Schweiß und Regenwasser auf seiner Haut machte es schier unmöglich,
     ihn mit den Händen zu packen.
     
    Er war sich sicher, daß sie ihn nicht gesehen hatten. Biterolf und dieser Streuner Germunt waren viel zu sehr mit dem Betrunkenen
     beschäftigt, um zu bemerken, wie er aus dem Tor schlüpfte.
    Ademar lachte heiser in den Sturmwind hinein. Wie leicht es doch gewesen war, Thomas zu überreden, mit ihm ein Weinfaß anzugehen!
     Und dann kam das Gespräch fast wie von selbst auf die jüngsten Pläne des Bischofs. Bevor der Kellermeister wieder klar denken
     konnte, würde die Weinpfütze unter dem Tisch versickert sein. Thomas hatte sich mit so viel Vergnügen immer wieder über das
     Faß gebeugt, um mit der Schöpfkelle die Becher zu füllen, daß ihm gar nicht aufgefallen war, wie Ademar jedesmal mit dem kleinen
     Finger ein Loch im Boden seines Bechers verschloß, solange er ihn in der Luft hielt.
    Endlich konnte er handeln.
    Er fühlte, wie ihm das Regenwasser in feinen Strömen den Rücken hinunterlief. Der Sturm zwang ihn, vornübergebeugt zu laufen,
     und riß seine gestutzten, schwarzen Haare in wirre Büschel. Nach wenigen Schritten hatte er aufgegeben, den Wasserlachen auszuweichen.
     Ademar watete durch die Pfützen, schob mit seinen Stiefeln die Schmutzschicht darauf beiseite und nahm es leise fluchend hin,
     daß das Wasser, trotz des gut gefetteten Schuhwerks, einen Weg zu seinen Füßen fand.
    |109| Das Holz der ärmlichen Hütten hatte sich am Regen schwarz getrunken, und in kleinen Wellen trieben Abfälle mit dem Regenwasser
     die abschüssigen Gassen hinunter. Irgendwo schrie eine Ziege.
    Nachdem er die Stadt durchquert hatte, stand Ademar vor dem Tor des mächtigen Palastes. Das Gebäude thronte über den schwachen
     Hütten. So wie über Ademars Kleidung flossen auch über dessen steinerne Fassade kleine, graue Rinnsale. Fackelschein glomm
     zwischen geschlossenen Fensterläden hervor.
Ich werde gleich richtig klopfen,
sagte sich Ademar,
nicht so zaghaft, als hätte ich nichts zu sagen.
Er schlug die Faust gegen die Tür. Das Sturmrauschen schluckte jedes Geräusch. Ärgerlich preßte er die Lippen aufeinander
     und warf noch einmal mit aller Kraft seinen Arm gegen das Holz. Jemand rief von innen.
    Dann wurde schneidig ein Riegel beiseite gezogen, und die Tür öffnete sich. »Ihr wünscht?«
    Ademar schlüpfte ins Haus. Wassertriefend stand er da, wischte sich die Bäche aus dem Nacken und bemerkte bestürzt, daß sich
     um seine Stiefel ein kleiner See bildete. »Ich möchte zum Grafen.«
    Sein Gegenüber war einen Kopf größer, das Gesicht mit Sommersprossen übersät. »Der Graf hat Besseres zu tun. Warum seid Ihr
     nicht zu Hause, Mensch?«
    »Ich muß dringend den Grafen sprechen. Es wird ihn interessieren.«
    »Habt Ihr mich nicht verstanden?«
    Ademar hatte oft beobachtet, wie Godeoch mit Bediensteten umsprang. Vermutlich waren sie einen solchen Ton gewohnt. Er schrie:
     »Verdammt, steht hier nicht so herum! Ich verlange, daß Ihr mich zum Grafen bringt, und zwar hurtig!« Kaum hatte er das gesagt,
     überfiel ihn Angst, daß der Rotgesichtige ihm mit einem Fausthieb antworten könnte.
    Er kehrte ihm aber den Rücken zu, murmelte etwas von »nicht gleich Gift und Galle spucken« und »folgt mir«. Der |110| Mann lief eine Treppe hinauf, einen kleinen Gang entlang und blieb vor einer Tür stehen. »Hört Ihr das?« Hinter der Tür schlug
     Metall auf Metall, ertönten Schnaufen und Verzweiflungsrufe. »Wollt Ihr dort hinein?«
    Ademar bemerkte, daß seine Hände zitterten, und verbarg sie eilig hinter dem Rücken. »Ja.« Sehr überzeugt klang er nicht.
    Der Sommersprossige stieß die Tür auf. Wilder Fackelschein tanzte an den Wänden eines Saales, in dessen Mitte ein riesiger
     Tisch stand. Um ihn herum trieb der Graf einen kleinen Mann. Der Kleine kämpfte sichtlich um sein Leben. Schwerthieb um Schwerthieb
     teilte Godeoch aus, grinste. Ab und an stieß er einen Schrei aus, um den kleinen Mann noch mehr zu erschrecken. Der Graf lief
     vorwärts, und sein Gegner rückwärts, mit einem verzweifelten

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