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Der Kalligraph Des Bischofs.

Der Kalligraph Des Bischofs.

Titel: Der Kalligraph Des Bischofs. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Titus Müller
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einfach einen geben.
     Ein befreundeter Fiedler behauptet, er hieß Klemens. In Holzhausen will man sich an Gerbert erinnern, und der Jäger schwört,
     er habe sich Germunt genannt.«
    Ein Mörder,
fauchte es ihr durch den Kopf. Als hätte ich es geahnt.
Ein Mörder.
Sie haßte sich für die Wut, die sie verspürte .
Hätte er es mir offen gesagt, dann hätte ich ihn verstanden – seine Geschichte ist bewegend. Aber wenn er lügt … Er ist ein
     tückischer Dieb und Mörder.
»Wir müssen zu Biterolf.«
    »Wer ist das? Jetzt? Er wird schlafen!«
    »Das ist mir gleich. Es geht um das Leben des Bischofs. Wer einmal tötet, der kann es wieder tun.«
    »Was wollt Ihr damit sagen?«
    Stilla fühlte auf dem Tisch nach ihrem Mantel. »Daß dieser Germunt oder Gerbert oder Klemens nicht erfroren ist. Er hat bis
     vor einigen Monaten hier in Turin gelebt. Am Hof des Bischofs.«
     
    Draußen auf der Straße hatte der Spielmann Mühe, ihr zu folgen. »So wartet doch! Es ist dunkel.«
    »Ich sehe genausowenig wie sonst auch«, zischte Stilla.
    |223| »Warum seid Ihr so aufgebracht? Und meint Ihr wirklich, es ist eine gute Idee, diesen Biterolf zu wecken? Wollen wir nicht
     damit bis morgen warten?«
    Stilla schritt kräftig aus.
    »Wartet, ich bitte Euch!«
    Anstelle einer Antwort dachte sie laut nach: »Er wird im Schlafsaal sein …«
    »Hört, ich habe keine Lust, den Zorn des Bischofs auf mich zu ziehen. Es ist Nacht! Was, wenn ich nicht mitmache?«
    »Der Bischof wird Euch schon holen lassen, wenn Biterolf ihm erst einmal die Geschichte erzählt hat.«
    Stilla hörte den Spielmann mißmutig den Atem ausstoßen. »Wenn die Bluträcher erfahren, daß ich das gesungen habe, dann kann
     ich gar nicht so schnell meine Sünden bereuen, wie ich in der Hölle lande«, murmelte er.
    Irgendwann erfüllte der strenge und zugleich angenehme Geruch von Pferden die Luft; sie mußten vor dem Stall stehen. Vorsichtig
     tastete Stilla nach der Treppe.
    »Da hoch müssen wir?«
    »Seid leise, oben schlafen die Dienstleute!« Sie stieg Stufe um Stufe hinauf. Einige ächzten, andere knarrten, und wenn sie
     es bei ihr leise getan hatten, so taten sie es beim Spielmann um so lauter. Schließlich schob sie die Tür auf. Der Spielmann
     stand dicht hinter ihr, sie konnte ihn atmen hören.
    »Wir suchen einen dickleibigen Mann«, flüsterte sie ihm zu, »könnt Ihr ihn sehen?«
    »Es ist finster hier, ich sehe gar nichts.«
    Aus der Türöffnung wogte schwere Luft. Es roch nach Schweiß, Haaren und ungewaschener Kleidung. Atemzüge prasselten. Weit
     zur Rechten ächzte jemand im Schlaf. Der Saal verband die Dienstleute wie ein Schiff, verwob sie zu einem einzigen großen
     Lebewesen, das im Schlaf stöhnte und rauschte. »Biterolf«, rief Stilla flüsternd, »seid Ihr wach? Biterolf, Vater!«
    |224| »Er ist Euer Vater?«
    Stilla reagierte nicht auf die Frage des Spielmanns. Sie ließ sich auf die Knie herab und faßte den erstbesten Schläfer an
     der Schulter. »Wacht auf!« sagte sie ihm halblaut ins Ohr.
    Eine Männerstimme antwortete mit schlaftrunkener Freude: »Kommt, legt Euch an meine Seite.«
    Sie schüttelte ihn noch einmal an der Schulter. »Ato, seid Ihr es? Wir suchen Biterolf. Wo schläft er?«
    Nun fuhr der Schläfer auf. »Was ist los? Biterolf?« Ato sprang mit erstaunlicher Behendigkeit auf die Beine. Dann hörte Stilla
     ihn eine Weile nicht, bis schließlich ein leises Flüstern vom anderen Ende des Saales herüberflog. Sie hörte ein Rascheln,
     Schritte, und dann Biterolfs verhaltene Stimme: »Was ist geschehen, mein Kind?«
    »Verzeiht, daß ich Euch wecke. Ich habe etwas Furchtbares erfahren.«
    Biterolf schwieg einen Moment. »Laßt uns erst einmal hinabgehen.«
    Sie liefen die Treppe hinunter. Ato schien mit ihnen zu kommen, und noch jemand, es waren die Schritte von fünf Menschen.
    »Nur ein Lied«, raunte der Spielmann. »Es ist doch nur eine Geschichte, die ich gehört habe.«
    »Stilla, was ist passiert?«
    Stilla nahm kaum noch wahr, daß der Spielmann begonnen hatte, Biterolf alles zu erklären.
Warum bin ich so daran interessiert, Germunt ans Messer zu liefern?
Wut war es in erster Linie nicht, nein, sie fürchtete sich davor, von ihm geliebt zu werden.
Er hat etwas von mir gewollt, was ich ihm nicht geben will – habe ich nicht allen Grund, vor einem Dieb und Mörder Angst zu
     haben?
Warum aber fühlte sie sich schuldig für ihr Verhalten? War es nicht völlig rechtens , einen solchen Mann seiner

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