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Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11

Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11

Titel: Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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auch sein mochte, seine Haut war trotzdem schlaff, und seine Schultern hingen herunter. Der obligatorische weiße Schutzhelm war ihm unangenehm. Immer wieder versuchte er, das Ding richtig aufzusetzen. Rebus hatte den Eindruck, dass der Mann mit seinem Leben nicht zurecht kam.
    Sie waren die Stufen zur Galerie hinaufgestiegen. Grieve putzte den Staub von einer Bank, setzte sich und drapierte den Mantel um sich. Unter ihnen in der Mitte des Plenarsaals standen zwei Männer über einen Plan gebeugt und zeigten mit dem Finger in verschiedene Richtungen.
    »Kein gutes Omen«, sagte Grieve.
    Die beiden breiteten den Plan jetzt auf einem Arbeitstisch aus und beschwerten die Ränder mit Kaffeetassen.
    »Riechen Sie was?«, fragte Rebus und setzte sich neben den Abgeordneten.
    Grieve schnüffelte ein bisschen und sagte dann: »Sägemehl.«
    »Was für den einen Sägemehl, ist für den anderen frisches Holz. Das rieche ich nämlich.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass Sie einen Neubeginn sehen, wo mich nur schlimme Vorahnungen befallen?« Grieve sah Rebus taxierend an, doch der zuckte bloß mit den Achseln. »Na gut. Manchmal sollte man nicht so viel in die Dinge hineininterpretieren.« Neben ihnen lagen ein paar Kabelrollen. Grieve stützte seine Füße auf eine davon. Er nahm den Schutzhelm ab, legte ihn neben sich und strich sich mit der Hand über das Haar.
    »Wir können anfangen, wann immer Sie möchten«, sagte Rebus.
    »Womit anfangen?«
    »Sie wollten mir doch was erzählen.«
    »Tatsächlich? Wieso sind Sie da eigentlich so sicher?«
    »Wenn Sie mich nur hierher gebeten hätten, damit wir uns die Baustelle gemeinsam ansehen, wäre ich ziemlich enttäuscht.«
    »Na ja, es gibt da tatsächlich etwas, allerdings bin ich im Augenblick nicht mehr so sicher, ob es wichtig ist.« Grieve starrte zu dem Glasfenster in der Decke hinauf. »Ich habe da ein paar Briefe bekommen. Klar, Abgeordnete erhalten ständig Briefe von irgendwelchen Geisteskranken. Deshalb habe ich mir zunächst auch nicht viel dabei gedacht. Aber ich habe Roddy davon erzählt. Ich glaube, eigentlich wollte ich ihn nur vorwarnen, damit er weiß, worauf er sich einlässt. Als Mitglied des Schottischen Parlaments wäre ihm wahrscheinlich genau das Gleiche passiert.«
    »Dann hatte er also in der Vergangenheit derartige Schreiben noch nicht erhalten?«
    »Jedenfalls hat er nichts davon gesagt. Aber da war etwas Merkwürdiges… Als ich ihm davon erzählt habe, hatte ich den Eindruck, dass er schon Bescheid weiß.«
    »Und was stand in diesen Briefen?«
    »Sie meinen in denen, die ich bekommen habe? Nur, dass ich bald sterben muss, weil ich ein Tory-Schwein bin. Dann waren noch Rasierklingen beigelegt – wahrscheinlich für den Fall, dass ich mich umbringen möchte.«
    »Anonym natürlich, nicht wahr?«
    »Natürlich. Ganz unterschiedliche Poststempel. Jedenfalls scheint der Absender viel unterwegs zu sein.«
    »Und was hat die Polizei gesagt?«
    »Ich habe es nicht gemeldet.«
    »Und wer außer Ihrem Bruder hat sonst noch davon gewusst?«
    »Meine Sekretärin. Die öffnet meine ganze Post.«
    »Haben Sie die Briefe noch?«
    »Nein, die habe ich sofort vernichtet. Ich habe übrigens in meinem Büro nachgefragt. Seit Roddys Tod ist kein weiteres Schreiben dieser Art mehr eingegangen.«
    »Aus Respekt vor den Hinterbliebenen?«
    Cammo Grieve machte ein skeptisches Gesicht. »Ich hätte eher erwartet, dass das Schwein sich darüber noch freut.«
    »Ich weiß, was Sie denken«, sagte Rebus. »Sie fragen sich, ob der Verfasser der Briefe die ganze Familie auf dem Kieker hat und Roddy vielleicht nur deshalb getötet hat, weil er – oder vielleicht auch sie – an Sie nicht herangekommen ist.«
    »Es muss sich um einen er handeln.«
    »Nicht unbedingt.« Rebus saß nachdenklich da. »Sollten Sie noch weitere Briefe erhalten, geben Sie mir bitte Bescheid. Und bitte werfen Sie sie diesmal nicht weg.«
    »Verstanden.« Er stand auf. »Ich fahre heute Nachmittag zurück nach London. Wenn ich was für Sie tun kann, Sie haben ja meine Büronummer.«
    »Ja, danke.« Rebus blieb reglos sitzen.
    »Also dann, Wiedersehen, Inspektor, und viel Glück.«
    »Wiedersehen, Mr. Grieve. Passen Sie auf, dass Sie nicht stolpern.«
    Cammo Grieve blieb kurz stehen, ging dann jedoch weiter die Treppe hinunter. Rebus saß da und starrte ins Leere und ließ das Hämmern und Sägen reglos über sich ergehen.
    Wieder in der St. Leonard's Street, führte er zunächst ein paar Telefonate. Er

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