Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11
erfuhr dort, dass es sich bei dem Toten um einen gewissen Nicholas Hughes handelte. Der Mann war mit einer Schere erstochen worden, und Listers Frau hatte ihn in ihrer Wohnung gefunden, als sie nach Hause gekommen war. Die Frau stand unter Schock und wurde gerade behandelt. Siobhan fiel wieder jene Nacht ein, als sie die Abkürzung durch den Waverley-Bahnhof genommen hatte. Der Grund: die beiden aufdringlichen Männer in dem schwarzen Sierra, von denen einer zu dem anderen gesagte hatte: Eine Lesbe, Jerry. Und jetzt war ein Mann namens Jerry in einem schwarzen Sierra auf der Flucht.
Eigentlich hatte sie den beiden damals nur aus dem Weg gehen wollen und war dabei zufällig Zeugin geworden, wie jener Stadtstreicher sich von der Brücke auf den Bahnsteig gestürzt hatte.
Je länger sie darüber nachdachte, um so mehr geriet sie ins Grübeln…
36
Der Farmer war auf hundertachtzig.
»Wer ist überhaupt auf die Idee gekommen, Barry Hutton von Linford beschatten zu lassen?«
»Inspektor Linford hat auf eigene Initiative gehandelt, Sir.«
»Und wie kommt es dann, dass ich in dieser Sache überall auf Ihre schmierigen kleinen Fingerabdrücke stoße?«
Samstagmorgen. Sie saßen in Watsons Büro. Rebus war ziemlich nervös: Er musste jetzt seine Version der Geschichte erzählen und hatte wenig Hoffnung, dass der Boss ihm glauben würde.
»Ich habe doch gesehen, was er aufgeschrieben hat«, fuhr der Farmer fort. »›Rebus wusste Bescheid‹, hieß es dort schwarz auf weiß. Was, zum Teufel, soll man denn daraus schließen?«
Rebus hatte die Kiefer so fest zusammengepresst, dass seine Wangenknochen schmerzten. »Und was sagt der SPP?«
»Er verlangt eine Untersuchung. Und natürlich sind Sie vom Dienst suspendiert.«
»Damit sind die Herren aus der Zentrale mich wahrscheinlich bis zur Pensionierung los.«
Der Hauptkommissar knallte beide Hände auf den Schreibtisch und fand vor Wut keine Worte. Rebus nutzte die Gelegenheit.
»Wir haben da eine Personenbeschreibung. Jemand hat am Abend von Grieves Ermordung auf der Straße vor Queensberry House einen Mann gesehen. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass dieser Mann im Bellman's verkehrt, dürfte es nicht sehr schwierig sein, ihn zu finden. Klar, im Bellman's selbst erfahren wir überhaupt nichts. Die Stammkunden dort halten natürlich dicht. Doch ich habe zufällig ein paar Spitzel in Leith. Wir suchen nach einem knallharten Burschen, der dieses Lokal fast wie sein Büro benutzt. Ich brauch nur ein paar Beamte, dann…«
»Aber Linford sagt doch, dass Sie es waren.«
»Weiß ich, Sir. Aber mit Verlaub…«
»Wie sieht es denn aus, wenn ich jetzt ausgerechnet Sie mit den Nachforschungen betraue?«
Der Farmer sah plötzlich sehr müde aus, völlig geschafft von den Strapazen seines Jobs.
»Ich will die Ermittlungen ja gar nicht leiten«, sagte Rebus. »Ich möchte doch nur die Genehmigung, mich in Leith ein bisschen umzuhören, sonst nichts. Sie müssen doch verstehen, dass ich diese idiotische Anschuldigung gegen mich aus der Welt schaffen möchte.«
Watson lehnte sich in seinem Stuhl zurück. »Die Kollegen in der Fettes Avenue sind völlig außer sich. Schließlich ist Linford einer von ihnen. Und dann noch die nicht genehmigte Beschattung von Barry Hutton. Wissen Sie, was das im Fall eines Verfahrens gegen ihn bedeutet? Der Generalstaatsanwalt wird völlig ausrasten.«
»Wir brauchen Beweise. Helfen kann uns dabei nur jemand, der in Leith Kontakte hat.«
»Wie war's mit Bobby Hogan? Das ist doch ohnehin sein Revier.«
Rebus nickte. »Ja, den hätte ich auch gerne dabei.«
»Aber Sie selbst müssen natürlich auch unbedingt mitmischen?« Rebus schwieg. »Und wir wissen beide, dass Sie dort sowieso herumschnüffeln werden, egal, was ich sage.«
»Lieber wäre mir, ich hätte Ihren Segen.«
Der Farmer strich sich mit der Hand über den Kopf.
»Je eher, desto besser, Sir«, drängte ihn Rebus.
Der Hauptkommissar schüttelte den Kopf und sah Rebus an. »Nein«, sagte er, »ich möchte nicht, dass Sie dort ermitteln, Inspektor. Ich kann das gegenüber der Fettes Avenue einfach nicht vertreten.«
Rebus stand auf. »Verstanden, Sir. Sie möchten also nicht, dass ich wegen des Angriffs auf Inspektor Linford meine Informanten in Leith kontaktiere?«
»Ganz recht, Inspektor, das kann ich Ihnen nicht gestatten. Ist ohnehin nur eine Frage von Stunden, bis Sie vom Dienst suspendiert werden. Und ich möchte, dass Sie sich hier auf dem Revier verfügbar
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