Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11
»Ziemlich unseriös. Hmm.« Er dachte wieder nach. »Keine Ahnung, worüber die beiden gesprochen haben.«
»Wer?«
»Rebus und Lorna Grieve.«
»Rock-Musik«, sagte Siobhan und lehnte sich zurück, damit die Bedienung ihr etwas Wein nachschenken konnte.
»Stimmt – jedenfalls zwischendurch.« Linford inspizierte sie. »Woher wissen Sie das?«
»Sie ist mit einem Plattenproduzenten verheiratet, und John liebt diese Welt. Natürlich hatten die beiden sofort ein gemeinsames Thema.«
»Ich glaube, allmählich verstehe ich, wieso Sie bei der Kripo sind.«
Sie zuckte mit den Achseln. »John ist schließlich nicht der einzige Polizist, der Wishbone Ash hört, wenn er Bereitschaft hat.«
»Wer oder was – um Himmels willen – ist Wishbone Ash?«
»Genau das.«
Als sie mit der Vorspeise fertig waren, kam Siobhan wieder auf Roddy Grieve zu sprechen. »Es ist doch Mord, oder etwa nicht?«
»Wir warten zwar noch auf den Obduktionsbefund, aber es spricht alles dafür. Jedenfalls hat er sich nicht selbst umgebracht, und nach einem Unfall sieht es auch nicht aus.«
»Ein politischer Mord?« Siobhan sah ihn zweifelnd an.
»Der Mann war doch noch gar kein Politiker, sondern ein Anlageberater, der zufällig für das Parlament kandidiert hat.«
»Was die Frage des Motivs nur weiter kompliziert.«
Linford nickte. »Vielleicht ein wütender Klient. Vielleicht hat Grieve irgendwen in den Ruin getrieben.«
»Und was ist mit den Labour-Leuten, die er aus dem Rennen geworfen hat?«
»Richtig: Die gibt's natürlich auch noch.«
»Und dann ist da noch seine Familie.«
»Ja, auch möglich.« Linford nickte immer noch.
»Oder er war nur zufällig am falschen Ort und so weiter.«
»Vielleicht wollte er sich nur mal die Parlamentsbaustelle anschauen und wird zufällig Opfer eines Raubüberfalls.« Linford blies die Backen auf. »Jede Menge denkbare Motive.«
»Die alle überprüft werden müssen.«
»Ja.« Linford schien über diese Aussicht gar nicht glücklich. »Verdammt viel Arbeit jedenfalls – und keine leichten Antworten.«
Er klang, als ob er sich selbst Mut zusprechen wollte. »Auf John kann man sich doch verlassen – nicht wahr? Ich meine: ganz unter uns.«
Sie überlegte und nickte dann langsam. »Wenn der sich mal in was verbissen hat, lässt er nicht mehr los.«
»Ja, hab ich auch gehört. Allerdings weiß er offensichtlich nicht, wann es genug ist.« Nicht sehr schmeichelhaft, diese Einschätzung. »Der SPP möchte jedenfalls, dass ich die Ermittlungen leite. Meinen Sie, dass John das akzeptiert?«
»Keine Ahnung.«
Er lachte etwas verkrampft. »Alles klar. Ich sag ihm auch nichts von unserem Gespräch.«
»Das ist nicht der Grund«, sagte sie, auch wenn das nicht ganz stimmte. »Ich weiß es wirklich nicht.«
Linford sah sie enttäuscht an. »Ist ja auch egal«, sagte er.
Aber Siobhan wusste, dass es nicht egal war.
Nic Hughes chauffierte seinen Freund Jerry durch die Straßen der Stadt. Jerry fragte immer wieder nach dem Fahrtziel.
»Mein Gott, Jerry, du redest ja wie 'ne kaputte Platte.«
»Ich frag ja nur.«
»Und was ist, wenn wir überhaupt kein Ziel haben?«
»Hast du schon mal gesagt.«
»Ja und – stimmt ja auch.« Jerry kapierte überhaupt nichts mehr. »Ja, stimmt.« Was Nic zu der Auskunft animierte: »Weil
wir einfach nur so herumfahren, ist doch super.«
»Was?«
»Ach, am besten, du hältst den Mund.«
Jerry Lister starrte aus dem Beifahrerfenster. Sie waren zunächst stadtauswärts und dann wieder Richtung Queensferry Road gefahren. Doch dann bog Nic plötzlich Richtung Muirhouse und Pilton ab. Unterwegs sahen sie einen Typen, der gegen einen Laternenmast pinkelte, und Jerry sagte: »Jetzt pass mal auf.« Er ließ sein Fenster herunter, und als sie an dem Mann vorbeirollten, stieß er einen markerschütternden Schrei aus. Dann lachte er und beobachtete im Rückspiegel die Wirkung seiner Attacke. Der Kerl tobte wie ein Wahnsinniger und schrie so laut, dass man es noch im Wagen hören konnte.
»'ne gefährliche Gegend hier, Jerry«, sagte Nic, als ob Jerry das nicht selbst gewusst hätte.
Jerry mochte Nics Auto. Ein glänzender schwarzer Sierra Cosworth. Als sie an einer Gruppe Halbwüchsiger vorüberkamen, hupte Nic und winkte ihnen wie ein alter Bekannter zu. Sie glotzten nur blöde und fixierten das Auto und den Fahrer, der wiederum sie fixierte.
»So'n Wagen, Jerry«, sagte Nic, »die Kids würden uns glatt umlegen, um die Kiste zu klauen. Echt, Mann. Die würden
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