Der kalte Hauch der Nacht - Inpektor Rebus 11
nach Roddys brutaler Ermordung schon wieder mit Peter arbeitest, als ob nichts gewesen wäre.«
»Das musst gerade du sagen«, entgegnete Cordover giftig. »Sollen wir uns vielleicht an dir ein Vorbild nehmen und uns ständig volllaufen lassen?«
»Wann hätte ich dazu je als Vorwand eines Todesfalles in der Familie bedurft?« Sie lächelte Cordover mit schweren Augenlidern an. Dann sah sie Rebus an. »Sie müssen noch viel über den Clan lernen, Affen-Mann.«
»Wieso nennst du ihn ständig so?« Cordover klang irritiert.
»Ein Rolling-Stones-Song«, sagte Rebus, und Lorna hob anerkennend das Glas. Er strahlte sie an. Offenbar Brandy, was sie da trank. Selbst aus einigen Metern Entfernung konnte er den Stoff noch fast schmecken.
»Ich hab Stew sogar persönlich gekannt«, sagte Cordover.
»Stew?« Lorna kniff die Augen zusammen.
»Ian Stewart«, erklärte Rebus. »Das war der sechste Rolling Stone.«
Cordover nickte. »Angeblich passte sein Gesicht nicht zum Image der Gruppe, deshalb durfte er nicht mit den anderen auftreten. Aber im Studio haben sie ihn mitspielen lassen.« Er sah Rebus an. »Wissen Sie eigentlich, dass er aus Fife stammt? Und Stu Sutcliffe aus Edinburgh.«
»Und Jack Bruce aus Glasgow.«
Cordover lächelte. »Scheint so, als ob Sie was von der Sache verstehen.«
»Na ja, ganz blöde bin ich auch nicht. Ich weiß zum Beispiel, dass Peters Mutter Billie Collins heißt. Haben Sie zufällig mit ihr gesprochen?«
»Was geht uns Billie an?«, sagte Lorna. »Soll sich doch 'ne Zeitung kaufen.«
»Ich glaube, Peter hat mit ihr gesprochen«, sagte Cordover knapp.
»Wo wohnt sie?«
»St. Andrews, glaube ich.« Cordover sah seine Frau fragend an. »Unterrichtet dort an einer Schule.«
»Haugh Academy«, sagte Lorna. »Ist sie verdächtig?«
Rebus machte sich ein paar Notizen. »Käme Ihnen das gelegen?« Er fragte ganz beiläufig, ohne aufzublicken.
»Ja, wär echt super.«
Cordover hievte sich von dem Billardtisch. »Mein Gott, Lorna!«
»Ach ja«, fauchte seine Frau ihn an, »du hast ja schon immer eine Schwäche für sie gehabt. Deutlicher gesagt: Du warst ja schon immer scharf auf sie.« Sie sah Rebus an. »Wissen Sie, Hugh hat nämlich schon immer in der Gegend rumgehurt, weil Künstler das angeblich so machen.«
»Ach, das sind doch bloß irgendwelche Gerüchte.« Cordover ging jetzt in dem Raum auf und ab.
»Da wir gerade von Gerüchten sprechen«, sagte Rebus. »Haben Sie schon mal was von Josephine Banks gehört?«
Lorna Grieve kicherte und hob die Hände wie im Gebet. »Oh bitte, lass sie es sein. Das wäre zu schön.«
»Roddy stand in der Öffentlichkeit, Inspektor«, sagte Cordover und sah seine Frau an. »Da wird alles Mögliche erzählt.«
»Tatsächlich?«, sagte Lorna. »Wie faszinierend. Dann sag mir doch bitte mal, welche Gerüchte über mich im Umlauf sind.«
Cordover schwieg. Rebus wusste, der Mann hatte eine überaus verletztende Antwort parat – nach dem Motto: Kein einzi
ges, was allerdings nur beweist, wie tief du inzwischen gesunken bist.
Etwas in der Art. Doch er schwieg.
Rebus fand es an der Zeit, eine kleine Bombe zu zünden. »Wer ist Alasdair?«
Zunächst herrschte Schweigen. Lorna nahm einen Schluck von ihrem Drink. Cordover lehnte sich gegen den Billardtisch. Rebus überließ es der Stille, für ihn die Arbeit zu verrichten.
»Lornas Bruder«, sagte Cordover schließlich. »Hab ihn allerdings nie kennen gelernt.«
»Alasdair war der Beste von uns allen«, sagte Lorna leise. »Deshalb hat er es hier auch nicht mehr ausgehalten.«
»Und was ist aus ihm geworden?«, fragte Rebus.
»Er hat sich einfach in die große weite Welt abgesetzt.« Sie machte eine weit ausholende Geste mit ihrem Glas, in dem nur mehr das Eis klimperte.
»Und wann?«
»Schon vor Ewigkeiten, Affen-Mann. Wahrscheinlich ist er jetzt irgendwo in tropischen Gefilden, und meine besten Wünsche begleiten ihn.« Sie sah Rebus an und wies auf seine linke Hand. »Kein Ehering. Was sagt mir da mein detektivisches Gespür? Und Trinker sind Sie auch? Sie haben nämlich vorhin mein Glas so verdächtig angestarrt.« Sie schmollte. »Oder interessieren Sie sich vielleicht auch noch für was anderes?«
»Am besten, Sie ignorieren sie, Inspektor.«
Sie warf ihr Glas nach ihrem Ehemann. »Hier ignoriert mich niemand. Schließlich bin ich hier nicht der abgetakelte Star.«
»Na klar, die Agenturen rennen dir ja buchstäblich die Tür ein. Und das Telefon hört gar nicht mehr auf zu
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